Wahlkampf zu Parlamentswahl in Tschechien gestartet

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Mitten in den Sommerferien hat in Tschechien der Wahlkampf zur vorgezogenen Parlamentswahl am 9. und. 10. Oktober begonnen. Die Abstimmung soll die Antwort auf die Frage geben, welchem der Chefs der beiden großen Parteien das erste Comeback an die Regierungsspitze in der Geschichte des Landes gelingt: dem Vorsitzenden der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) Mirek Topolanek, der erst Ende März aufgrund einer verlorenen Misstrauensabstimmung im Parlament den Premiers-Posten räumen musste, oder dem Chef der Sozialdemokraten (CSSD) Jiri Paroubek, der das Kabinett vor Topolanek, in den Jahren 2005 und 2006, geleitet hatte.

Den medial lautesten Startschuss zum Wahlkampf gab Topolanek ab. Unter anderem eine Fahrrad-Rundfahrt soll ihm dazu verhelfen, die er aktuell in Südmähren, wo er die ODS-Liste anführt, gestartet hat. "Ich komme, damit ich mich Ihnen vorstelle. Persönlich", laden die Plakate zu den Treffen des ODS-Chefs mit den Wählern ein. Südmähren, das er den ganzen August mit dem Fahrrad durchqueren will, liege ihm am Herzen, weil er dort - in Brno (Brünn) - studiert und viele Freunde habe, erklärte Topolanek. Besonders die Mährische Walachei, aus der er stammt und wo er auf einer Geburtstag-Party des in Tschechien populären Komikers Boleslav Polivka sogar die walachische Tracht anzog.

Auch eine katholische Messe besuchte er schon, obwohl er nicht religiös ist. "Es gefällt mir. Ab und zu besuche ich die Messen", meinte Topolanek, darauf bedacht, dass Südmähren die "frömmste Region" Tschechiens ist. Schlagzeilen machte der ODS-Chef aber auch mit der "Toskana-Affäre", bei der sein dreiwöchiger Juli-Urlaub in einer Luxus-Vila im toskanischen Argentario im Mittelpunkt steht. Immer neue Informationen tauchen dazu auf, zuletzt jene, dass die Villa nicht regulär zur Vermietung steht und dass sie kürzlich von "irgendwelchen reichen Tschechen" gekauft worden sei. Kritiker stellen infrage, ob Topolanek den Aufenthalt in der Toskana und seine Jacht-Ausflüge selbst bezahlt hat.

Eine Affäre, die der CSSD zugutekommt. "Völlig unerträglich", sagte Paroubek am Montag (3. August) auf einer Pressekonferenz. Gerade der Kampf gegen die Korruption und den Protektionismus soll einer der Schwerpunkte der bevorstehenden Kampagne der Sozialdemokraten sein. Deswegen verspricht die CSSD, ausländische Regierungen, vor allem die liechtensteinische, um Informationen über Konten jener Personen und Firmen zu ersuchen, die der Steuerhinterziehung und Geldwäsche verdächtigt sind. Außerdem will Paroubek eine "schwarze Liste" von Firmen mit undurchsichtiger Eigentümer-Struktur anlegen, die künftig von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen wären.

Verstärkt will die CSSD im Internet um Wählerstimmen werben, was die Partei - wie sie selbst gestand - bei den für sie verlorenen Europawahlen unterschätzt hat. Am Montag stellte deswegen Paroubek die neuen Web-Seiten der Partei vor und erstmals richtete er sich auch einen persönlichen Internet-Auftritt ein. Im Unterschied zu Topolanek führt Paroubek die Wahlliste seiner Partei in Nordböhmen, einer stark linksgerichteten Region Tschechiens, an.

Unterdessen hat auch die neue rechtsliberale Partei TOP 09 ihren Wahlkampf eröffnet. Das Land wird mit Plakaten überflutet, auf denen der Chef von TOP 09 und ehemalige Außenminister Karel Schwarzenberg, laut Umfragen einer der populärsten Politiker im Lande, mit der Parole "Tradition, Verantwortung, Prosperität" für die Partei wirbt. Gleichzeitig will sich TOP 09 als eine den Menschen nahe Partei präsentieren. "Lächeln gibt es nie genug. Es ist ein Verbrechen, im Laufe des Tages niemanden anzulächeln", wirbt Schwarzenbergs Partei um die Gunst der Wähler.

Zwei Monate vor der Abstimmung favorisieren die Wählerumfragen leicht die ODS. Allerdings wird nicht ausgeschlossen, dass die ODS trotz ihres möglichen Wahlsieges nicht imstande sein wird, ein Mehrheitskabinett zu bilden. Die CSSD, die laut Umfragen um ein paar Prozent hinter der ODS zurückliegt, könnte nämlich gemeinsam mit den Kommunisten (KSCM) die Mehrheit im Abgeordnetenhaus erobern. Dies würde Paroubek erlauben, eine von der KSCM geduldete Minderheitsregierung zu bilden. Ein Muster für eine derartige Konstellation gibt es bereits in drei Kreisen seit den Regionalwahlen im Herbst 2008. Aber: Dies ist Munition für die ODS. Paroubek wolle nun ausgerechnet 20 Jahre nach der "samtenen Revolution 1989" die Kommunisten zurück an die Macht bringen, heißt es.

Von Petr Senk, APA

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