London, Paris und Frankfurt sind seit zwanzig Jahren die populärsten Geschäftsstandorte in Europa. Wien rutschte gegenüber dem Vorjahr um zwei Plätze nach hinten und befindet sich heuer nur mehr auf Rang 28, geht aus dem am 6. Oktober veröffentlichten "European Cities Monitor 2009" von Cushman & Wakefield (C&W) hervor.
Insgesamt umfasst das Ranking 34 europäische Standorte. Künftig wollen viele befragte Unternehmen auch bei der Flächennutzung sparen. Zum viertbeliebtesten europäischen Unternehmensstandort ist heuer Barcelona (2008: Platz 5) aufgestiegen. Die spanische Metropole, die 1990 erst den elften Platz einnahm, hat damit Brüssel (4) auf den fünften Platz verdrängt. Den sechsten Listenplatz nimmt heuer Madrid (7) ein, danach folgen München (9), Amsterdam (6), Berlin (8) und Mailand (13).
Unter den Top-15-Standorten befinden sich mit Frankfurt, München, Berlin, Hamburg und Düsseldorf auch heuer wieder fünf deutsche Städte. Hamburg (Rang 12) hat sich gegenüber dem Vorjahr um fünf Plätze verbessert, Berlin und Düsseldorf (15) haben sich hingegen verschlechtert. Schlusslicht (Platz 34) des Städte-Rankings bildet in diesem Jahr erneut Athen.
Zugang zu Märkten und Kunden
Seit der ersten Auflage der Studie im Jahr 1990 befinden sich acht Städte konstant unter den zehn beliebtesten europäischen Firmenstandorten. Die Entscheidungskriterien für einen neuen Firmenstandort hätten sich seit damals kaum verändert. Wichtigster Faktor sei nach wie vor der Zugang zu Märkten und Kunden. Ebenso eine entscheidende Rolle spielten die Qualität der Telekommunikation und nationale wie internationale Verkehrsverbindungen, heißt es.
Finanzielle Aspekte wie Personalkosten und Kosten für Unternehmensflächen hätten in den vergangenen Jahren mehr an Bedeutung gewonnen. 34 Prozent der 500 befragten Firmen hätten das Preis-Leistungs-Verhältnis als wichtigstes Kriterium genannt - Tendenz laut C&W steigend. Derzeit überdächten viele Firmen ihre Expansionspläne und stellten ihre Flächennutzung und -effizienz auf den Prüfstand. Für 30 Prozent der Betriebe gehörten Flächenkonsolidierung durch effizientere Nutzung und neue Arbeitsprozesse maßgeblich zur Unternehmensstrategie.
WKW beklagt Wiens wirtschaftliche Profilierung
Die aktuelle Positionierung Wiens im Städteranking "European Cities Monitor" auf Platz 28 von 34 Wirtschaftsstandorten sorgt für Unfrieden zwischen regierender SPÖ auf der einen und Wirtschaftskammer (WKW) sowie ÖVP auf der anderen Seite. Der Grund für die schlechte Platzierung sieht WKW-Präsidentin Brigitte Jank darin, dass Wiens wirtschaftliche Profilierung nicht stark genug sei.
Dass Wien beim CEE-City-Ranking von Roland Berger vor wenigen Wochen zwar Platz 1 belegt habe, zeige, dass die Bundeshauptstadt regional sehr gut positioniert sei. Im Vergleich zu den west- und mitteleuropäischen Hauptstädten liege man jedoch zurück. Wien werde nach wie vor als Kulturmetropole wahrgenommen, nicht jedoch als Forschungs- und Entwicklungsstandort. Hier müsse ein entsprechendes Städtemarketing und eine Informationsoffensive bei international tätigen Konzernen ansetzen. Um bestehende Kompetenzen in den Zukunftsbranchen Umwelt, Kommunikationstechnologie und Life Sciences zu ergänzen, sollten gezielt Betriebe aus den Bereichen Mobilität, Energie und Sicherheit angesiedelt und entsprechende Kooperationen mit Forschungseinrichtungen initiiert werden.
ÖVP beklagt "desaströse Politik der SPÖ"
Für Wiens nicht amtsführenden ÖVP-Stadtrat Norbert Walter zeigt die "blamable" Positionierung Wiens die "desaströse Politik der SPÖ". Bei den harten Fakten wie Kosten für Unternehmensflächen, dem Preis-Leistungs-Verhältnis oder der tatsächlichen Wirtschaftsförderung sehe es in Wien dank jahrzehntelanger SPÖ-Misswirtschaft düster aus. "Damit hat sich's wohl mit dem Jubel über irgendwelche Mercer-Studien", beschied Walter mit Verweis auf die Lebensqualitätsstudie vom April, bei der Wien Platz 1 belegt hatte.
Die SPÖ verteidigte hingegen Wiens Position im internationalen Wirtschaftsleben. Mehr als die Hälfte aller sich in Österreich ansiedelnden ausländischen Unternehmen wähle Wien als Standort, beschied Gemeinderat Fritz Strobl. Weder Prag noch Budapest hätten Wien als wichtigsten Wirtschaftsstandort in Mittel- und Osteuropa ablösen können. "Eine Mücke macht bekanntlich noch kein Gewitter", so Strobl. Die von Walter zitierte Studie sei eine unter vielen, und bei vielen anderen belege Wien bessere Plätze.