Prognose gesenkt

Wirtschaft wächst heuer schwächer

26.06.2014

Wifo und IHS gehen von nur noch 1,4 bzw. 1,5 Prozent realem BIP-Plus aus.

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Nach einem gedämpften Jahresauftakt dürfte Österreichs Wirtschaft heuer schwächer wachsen als bisher angenommen. In ihrer neuen Prognose gehen Wifo und IHS von nur noch 1,4 bzw. 1,5 Prozent realem BIP-Plus aus, im März hatten sie noch 1,7 Prozent Zuwachs erwartet. "Die Konjunktur kommt nicht wirklich in Fahrt. Es gibt zu viele Bremsklötze und Unsicherheiten", sagte Wifo-Chef Karl Aiginger.

Kaum kräftiger als die, so Aiginger, "mageren 1,4 Prozent" 2014 dürfte das Wachstum 2015 ausfallen: Da sieht das Wifo wie zuletzt 1,7 Prozent BIP-Anstieg, das IHS hat seine Erwartung geringfügig von 2,0 auf 1,9 Prozent reduziert. Die Rezession sei im Großen und Ganzen überwunden, doch kämen frühere Wachstumsraten wie zwei bis drei Prozent nicht mehr zurück, meinte Aiginger. Der Aufschwung in unserm Land sei insgesamt verhalten und mit Unsicherheiten behaftet, so IHS-Leiter Christian Keuschnigg. Die moderate internationale Erholung werde im 2. Halbjahr stärker sein als im 1. und 2015 stärker als 2014.

In Österreich, aber auch in Europa, stehe die Wirtschaftspolitik vor der entscheidenden Frage "Können wir reformieren? Oder weiter durchlavieren?", meinte der Wifo-Chef und verwies dazu national auf Verwaltungs- und Steuerreform, Bürokratieabbau und Wohnbauoffensive. Man solle "große Reformen" angehen und sich ansehen, "was wir für das Jahr 2025 brauchen".

Keuschnigg bereitet vor allem der mittlerweile wieder recht hohe Wachstumsrückstand Österreichs etwa gegenüber Deutschland oder den USA Sorgen. "Wir dürfen nicht zu stark zurückbleiben", postuliert er: Die Wirtschaftspolitik sollte deshalb die Wachstumskräfte stärken.

Schwächer als erwartet entwickeln sich die Investitionen, bei denen es mit 2,5 und 2,1 Prozent Zuwachs nur eine "Mini-Erholung" geben dürfte. Auch das Plus bei Privatkonsum mit maximal einem Prozent und die Inlandsnachfrage (ein Prozent 2014 und eineinhalb 2015) fallen niedriger aus als zuletzt gedacht - und das offenbar auch nur, weil sich die Sparquote weiter nahe dem historischen Tief bewegt.

Der Außenhandel legt zwar an Tempo zu, so richtig aber erst 2015: Die Warenexporte als dynamischste Komponente sollen heuer laut Wifo um 4,8 und 2015 um 6,5 Prozent wachsen. Heuer wird der Außenhandel laut Aiginger zum Wirtschaftswachstum nichts beitragen können, da die Importe gleich hoch ausfallen wie die Exporte.

Trotz eines weiteren Anstiegs der Zahl unselbstständig Tätiger klettert die Arbeitslosigkeit noch einmal weiter, denn das Arbeitskräfteangebot nimmt mit 50.000 Menschen jährlich um zwei Drittel stärker zu als die Beschäftigung. "Der Aufschwung ist nicht stark genug, um die Arbeitslosigkeit zu senken", meinte Aiginger. Und Keuschnigg: "Die Erholung kommt am Arbeitsmarkt nur mit Verzögerung an."

Das Wifo sieht die Arbeitslosenrate nach nationaler Rechnung 2014/15 bei 8,1 bzw. 8,3 Prozent, nach 7,6 Prozent 2013. Das IHS geht für heuer von einem Anstieg auf 8,2 Prozent und für 2015 von einem leichten Rückgang auf 8,1 Prozent aus. Damit habe Österreich weiter die niedrigste Rate EU-weit, sie liege aber über Vorkrisen-Niveau.

Das fünfte Jahr in Folge wird es 2014 in Österreich keinen realen Lohnanstieg geben, netto nach Steuern und Inflation stehe voraussichtlich ein Minus von 0,3 Prozent, so Aiginger. In den fünf Jahren zusammen betrage der Verlust schon 5 Prozent, 2015 könnte bei den Reallöhnen pro Kopf ein kleines Plus von 0,1 Prozent stehen.

Seit dem Jahr 2000 seien die Einkommen pro Beschäftigtem in Österreich nominell um 31 Prozent geklettert, real aber um 2 Prozent geschrumpft, rechnete der Wifo-Chef vor. Ohne Steuerprogression und mit einer so niedrigen Inflation wie in Deutschland "hätten wir in den letzten Jahren in Österreich im Schnitt einen realen Lohnanstieg von einem Prozent gehabt", sagte er.

Die Teuerung sehen beide Institute heuer zurückgehen - nach 2,0 Prozent Inflationsrate im Vorjahr sollten es 1,8 Prozent werden bzw. 2015 dann 1,8 (Wifo) oder 1,9 (IHS) Prozent. "Schuld" daran, dass die heimische HVPI-Rate zur Zeit mit 1,5 Prozent um ein Prozent über der deutschen liegt (0,6 Prozent - im Euroraum sind es 0,5 Prozent), ist laut Keuschnigg weniger Österreich: "Ich würde das Problem eher in Deutschland sehen. Denn dort ist die Rate außerordentlich oder sogar problematisch niedrig."

Aiginger und Keuschnigg plädieren für eine möglichst "große" Steuerreform. Der Wifo-Chef veranschlagt dafür mindestens 7 Mrd. Euro, sein IHS-Kollege hält längerfristig sogar 12 Mrd. Euro für erstrebenswert. Bei der Entlastung sollten auch die Sozialbeiträge mit einbezogen werden, "denn sonst bekommt das unterste Einkommensdrittel durch die Reform nichts", so Aiginger. Außer einer ersten kleinen Entlastung heuer um 100 bis 200 Mio. Euro sollte die Regierung auch die "Ansage" machen, dass künftig jedes Jahr der "Steuerkeil" zurückgehen werde.

Das Defizit des heimischen Gesamtstaats erwarten Wifo und IHS heuer ohne Einmaleffekte bei 2,8 bzw. 2,7 Prozent des BIP, für 2015 sehen die Institute hier eine Verbesserung auf 1,7 bzw. 1,4 Prozent. Geprägt sein wird das Budget von Konsolidierungsmaßnahmen, der Konjunkturentwicklung und Sonderaufwendungen zur Abwicklung der Hypo Alpe Adria, erklärten die Institute am Donnerstag.

Uneins sind die Chefs von Wifo und IHS zum Haircut für die Gläubiger nachrangiger Hypo-Alpe-Adria-Anleihen. Keuschnigg hält die Entwertung der Bonds für "schlecht", da damit Zusicherungen im Nachhinein ausgehebelt würden. Aiginger dagegen findet es gut, "alles zu versuchen, um die Gläubiger miteinzubeziehen".

Das strukturelle Defizit, also inklusive Konjunktureffekte, sieht das Wifo heuer bei 1,1 Prozent des BIP und 2015 kaum niedriger bei 1,0 Prozent. Für den Schuldenstand geht das Wifo für 2014/15 von 80,3 bzw. 79,2 Prozent des BIP aus.

Abwärtsrisiken für die Welt-Konjunktur sehen die Experten durch die Ukraine- und die Irak-Krise. Diese erhöhte Unsicherheit komme in den Stimmungsindikatoren zum Ausdruck, so das IHS. "Eine Verschärfung der Ukraine-Russland-Krise (Handelssanktionen) könnte den Welthandel spürbar verlangsamen."

Das Wifo sieht das globale BIP 2014 und 2015 real um 3,3 bzw. 3,8 Prozent steigen, den Welthandel um 5,0 und 6,5 Prozent. Für die EU 28 werden 1,4 und 1,9 Prozent Wirtschaftswachstum erwartet, für den Euro-Raum 1,0 und 1,6 Prozent und für Österreichs Haupthandelspartner Deutschland 1,9 und 2,0 Prozent. Für die USA rechnet das Wifo mit einer Wachstumsbeschleunigung 2014/15 auf 2,2 und 3,1 Prozent, für China mit - für dortige Verhältnisse - gedämpften 7,3 Prozent.
 

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