Datenschutzbedenken

Diese Stadt kontrolliert richtige Mülltrennung mittels KI-Überwachung

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Städte weltweit setzen verstärkt auf Künstliche Intelligenz (KI), um ihre Mülltrennung und Recyclingprozesse zu optimieren. Diese Technologie bietet viel Potenzial, birgt aber auch Datenschutzrisiken. 

Besonders in Städten wie East Lansing (Michigan, USA) und Leduc (Alberta, Kanada) wird deutlich, wie KI helfen kann, die Mülltrennung zu verbessern – und welche Herausforderungen dabei entstehen.

KI im Einsatz zur Optimierung der Mülltrennung

Immer mehr Städte versuchen, mit Hilfe von KI die Abfalltrennung zu verbessern und Fehler bei der Müllentsorgung zu minimieren. Das Ziel ist klar: Verunreinigungen im Recyclingstrom zu reduzieren und so die Effizienz des Abfallmanagements zu steigern. Ein besonders interessanter Fall ist East Lansing, eine Stadt in Michigan (USA), die sich durch ihre hohe Zahl an Studierenden auszeichnet. Von den 50.000 Einwohnern der Stadt sind mehr als die Hälfte Studenten, was die Herausforderung der richtigen Mülltrennung verschärft. In East Lansing landen häufig Gegenstände wie Plastiktüten, Styropor und Plastikfolien im Recycling. Dies ist ein typisches Beispiel für „Wish-Cycling“, den gut gemeinten, aber falschen Versuch, etwas in die Recyclingtonne zu werfen, in der Hoffnung, dass es recycelbar ist.

Personalisierte Hinweise dank KI-Überwachung

Um dieses Problem zu bekämpfen, startete East Lansing 2022 ein Pilotprojekt: Recyclingfahrzeuge wurden mit Kameras und KI-gestützten Computern ausgestattet, die nicht recycelbare Materialien erkennen und fotografieren können. Wenn ein Fehler entdeckt wird, erhält der Eigentümer der Tonne eine Postkarte mit einem geokodierten Foto, auf dem nur der problematische Gegenstand sichtbar ist. Auf diese Weise werden die Bewohner direkt darauf hingewiesen, was sie falsch gemacht haben, und erhalten gleichzeitig Tipps für die korrekte Mülltrennung. Das Programm war erfolgreich: Laut einer Studie sank die Verunreinigung im Recyclingstrom um mehr als 20 % innerhalb von 24 Wochen. Über 5.000 Postkarten wurden verschickt, und es stellte sich heraus, dass besonders emotionale Botschaften die größten Erfolge erzielten. So verschmutzten Haushalte, die eine Postkarte mit einem Bild einer Familie vor einem Müllberg erhielten, ihren Müll um 23 % weniger als die Kontrollgruppe.

Kanadisches Modell: Mülltrennung auch im Kompost

Auch die Stadt Leduc in Alberta (Kanada) nutzt seit 2023 KI, um nicht-organische Materialien aus dem Kompost zu halten. Die Verunreinigung des Kompoststroms sank von anfänglich 68 % auf nur noch 9 %, wie der Umweltmanager der Stadt, Michael Hancharyk, mitteilte.

Datenschutzbedenken: Persönliche Daten im Müll?

Während die technologischen Fortschritte beeindruckend sind, gibt es jedoch auch kritische Stimmen. Insbesondere Datenschutzexperten wie Sarah Powazek von der University of California, Berkeley (USA), warnen vor den Risiken, die durch den Einsatz von KI entstehen könnten. Laut Powazek könnten sensible Daten, die im Müll enthalten sind – etwa Finanzunterlagen oder medizinische Informationen – potenziell missbraucht werden, wenn sie in falsche Hände geraten. Dies wäre möglich, wenn die Systeme gehackt würden oder die von den Städten beauftragten Unternehmen die Daten an Dritte weiterverkaufen.

Ein besonders drastisches Szenario wäre, wenn beispielsweise Informationen aus dem Müll zur Strafverfolgung genutzt würden. So könnte etwa das Foto eines weggeworfenen Schwangerschaftstests an die Polizei weitergeleitet werden, um gegen eine Frau vorzugehen, die in einem Bundesstaat lebt, in dem Abtreibung verboten ist. Dies zeigt, wie sensibel die gesammelten Daten sein können und welche Risiken durch den Einsatz von KI entstehen.

Maßnahmen zur Sicherung der Daten

Städte wie East Lansing und Leduc sind sich dieser Bedenken bewusst und haben Maßnahmen ergriffen, um die Privatsphäre der Bürger zu schützen. In East Lansing wird etwa darauf geachtet, dass die Unternehmen, die die KI betreiben, die gesammelten Daten nicht an Dritte verkaufen. In Leduc musste das Programm vorab den Regulierungsbehörden von Alberta vorgelegt werden, um sicherzustellen, dass es den Anforderungen des „Freedom of Information and Protection of Privacy Act“ (Kanada) entspricht.

Der Balanceakt zwischen Fortschritt und Datenschutz

Obwohl die Vorteile der KI für die Abfallwirtschaft klar sind, betonen Experten wie Powazek, dass Städte ihre Sorgfaltspflicht wahrnehmen müssen. Sie sollten genau abwägen, ob die Verbesserungen bei der Mülltrennung die potenziellen Risiken für den Datenschutz rechtfertigen. Besonders sensible Bevölkerungsgruppen könnten durch den Einsatz dieser Technologien benachteiligt werden. Powazek fordert nicht, dass Städte auf den Einsatz von KI verzichten, sondern dass sie die neuen Risiken besser verstehen und sicherstellen, dass der Schutz der persönlichen Daten gewährleistet ist.

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