Wer "Rogue One" gemocht hat, weil es kein typischer "Star Wars"-Film war, der wird wahrscheinlich auch "Andor" mögen.
Die Serie ist ein Prequel zum Film und dreht sich um den titelgebenden Rebellen, gespielt von Diego Luna. Showrunner Tony Gilroy, bekannt für die "Bourne"-Thriller, holt das Franchise ins finstere Spionage-Genre - etwas, das vielleicht nicht allen Fans gefallen wird. "Andor" ist ab heute, Mittwoch, bei Disney+ abrufbar.
Nach "Obi-Wan Kenobi" bekommt damit ein weiteres "Star Wars"-Prequel ein zweites Leben auf der Disney-Streamingplattform. All diejenigen, die den Film "Rogue One" aus dem Jahr 2016 unter der Regie von Gareth Edwards gesehen haben, wissen, dass es eigentlich der Abschluss von Cassian Andors Geschichte war, der aufopferungsvoll in den Armen von Jyn Erso (Felicity Jones) starb. Es spielt kurz vor den Ereignissen des "Star Wars"-Films aus dem Jahr 1977 und erzählt die Geschichte der Rebellenspione, die die Todessternpläne stahlen, die es Luke Skywalker ermöglichten, die planetenvernichtende Kampfstation zu zerstören. "Andor" spielt hauptsächlich fünf Jahre vor dieser Mission in "Rogue One", und die Serie ist anders als alles andere, was wir vom modernen Franchise gewohnt sind. Es fühlt sich nicht so an, als wären wir im "Star Wars"-Universum gelandet. Die Welt von "Andor" ist matschbraun und betongrau. Es fühlt sich wie ein Spionagethriller an, der in einer weit entfernten Galaxie spielt.
Die Serie beginnt wie ein grobkörniger Film noir. Der mexikanische Schauspieler Diego Luna, bekannt aus Alfonso Cuaróns "Y tu mamá también" (2001), spielt den titelgebenden Rebellen auf dem Höhepunkt der Macht des Imperiums. In den ersten Momenten der ersten Folge rast er in einem schwarzen Umhang durch den Regen in eine schummrige Bar, auf der Suche nach seiner Schwester. Zwei Angestellte des Galaktischen Imperiums machen ihn blöd an. Er erledigt sie. Wir sehen ihn dann als Buben auf seinem grünen Heimatplaneten, der unter die tyrannische Kontrolle des Imperiums fällt. Wir sehen auch einen Roboter, der auf einer Müllhalde wie Wall-E aus dem gleichnamigen Pixar-Film herumrollt. Planeten werden von der Kolonialmacht für ihre Ressourcen ausgebeutet. Menschen werden zu Migranten. In der Serie geht es darum, wie sich Andor von einem Flüchtlingskind zum eigennützigen Dieb und dann zu einem selbstlosen Märtyrer entwickelt hat.
Diego Luna ist ein charismatischer Spion, aber Andor ist wahrscheinlich die am wenigsten interessante Figur - zumindest am Anfang. Die irische Schauspielerin Fiona Shaw ("Killing Eve") spielt Andors stählerne Adoptivmutter Maarva. Die schwedische Schauspiellegende Stellan Skarsgård ("Dune") spielt eine brandneue Figur: den Rebellenführer Luthen Rael, der Andor rekrutiert. Und dann ist da natürlich Mon Mothma (Genevieve O'Reilly), die eine Parallelhandlung bekommt und in der vierten Folge auftaucht. Am meisten erinnert man sich an die Nebenfigur, weil sie in "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" (1983) die rätselhafte Zeile "Viele Bothaner sind gestorben, um uns diese Informationen zu bringen" geliefert hat.
Die ersten vier von zwölf, im Schnitt etwa 40 Minuten langen Folgen entfalten sich sehr langsam, besonders die ersten zwei. Es geht um die Geburtsstunde der Rebellion und der beteiligten politischen Spieler. Natürlich war "Star Wars" schon immer politisch, aber "Andor" fühlt sich realistischer und gesellschaftlich relevanter als alles andere an - im Guten wie im Schlechten. Das kommt natürlich nicht unerwartet. Der Schöpfer Tony Gilroy hat vier "Bourne"-Filme geschrieben und den für sieben Oscars nominierten Thriller "Michael Clayton" (2007) inszeniert, in dem George Clooney einen moralisch kompromittierten Anwalt spielte. Verschwörungen gehören zu seinem Markenzeichen. Das finstere Produktionsdesign stammt von Luke Hull, der in der HBO-Serie "Chernobyl" eine der schlimmsten von Menschen verursachten Katastrophen nachbildete. Es sieht dementsprechend finster aus. Wer Lichtschwerter, Baby Yoda und Weltraumschlachten mag, der wird wahrscheinlich nicht sehr glücklich werden. Aber wer mal etwas anderes möchte, der ist gut aufgehoben.