Mit Whisky schmeckt es besser

18.09.2009

Passt Whisky überhaupt zum Essen? Und wenn ja, an welcher Stelle sollte man ihn trinken? Für Graham Harvey ist die Antwort ganz einfach: "Vor dem Essen, beim Essen und hinterher!" Der Koch aus Schottland empfiehlt als Aperitif einen 16 Jahre alten Glen Moray, zum Hauptgang mit Fleisch einen Royal Lochnagar und zum Dessert einen 18 Jahre alten Aberlour - "exquisit!"

Zur Vollversion des Artikels
Zur Vollversion des Artikels

Und das ist erst der Anfang. "Früher wurden nach dem Essen Obstbrände oder Cognac bestellt", sagt Enrico Wilhelm, Barchef im Hotel "Atlantic" in Hamburg. "Heute immer häufiger aber auch Whisky." Welcher hochprozentige Schotte dann bevorzugt wird, ist in erster Linie eine Geschmackssache. "Wir haben Stammgäste, die immer den gleichen Malt-Whisky bestellen." Aber auch die Jahreszeit spielt eine Rolle: "Im Sommer passt eher ein leichter Whisky, wenn es kalt wird, eher ein kräftiger, torfiger."

Dass Whiskys auch zum Essen getrunken werden, wissen Kenner wie Wallace Milroy, Autor des "Malt Whisky Almanach", seit langem: Zu den Klassifizierungen der einzelnen Malts gehören auch Hinweise darauf, ob sich der betreffende gute Tropfen besonders als Aperitif - wie ein Bruichladdich von der Insel Islay - oder als Digestif eignet - wie ein 15 Jahre alter Caol Ila. Als Aperitif empfiehlt Enrico Wilhelm aber auch die "jungen" zehn oder zwölf Jahre alten Malt Whiskys zum Beispiel aus den Highlands oder aus der Region Speyside.

Traditionell gehörte der Whisky stets eher ins Herrenzimmer als in die Küche. "Whisky und Essen ist noch ein neuer Trend, aber einer, der deutlich zunimmt", sagt Kersten Wetenkamp vom Gourmet-Magazin "Feinschmecker". Viele Whisky-Fans treffen sich bei Tastings genannten Whisky-Verkostungen und tauschen ihre Erfahrungen aus. "Dabei gibt es oft auch etwas zu essen", sagt Wetenkamp.

Die Faustregel lautet dabei: "Das intensivste Aroma immer an den Schluss." Zum Auftakt des Menüs sollte eher ein leichter, milder Malt-Whisky gereicht werden. "Ein Oban von der schottischen Westküste zum Beispiel", rät Wetenkamp. "Dann könnte ein Highland-Malt folgen und am Ende ein süßer Bourbon oder ein sehr torfiger Malt wie Lagavulin." Solche Whiskys, für die die kleine Insel Islay berühmt ist, sollten besser nicht am Anfang serviert werden, warnt Wetenkamp. Das sei wegen des ausgeprägten Torf-Salz-Rauch-Aromas eher unpassend und harmoniere da schon viel besser mit Fisch - Lachs zum Beispiel.

"Es gibt da schon tolle Kombinationen", ergänzt Enrico Wilhelm. "Dabei kommt es natürlich auf die Kreativität des Küchenchefs an." Und einige von ihnen lassen es daran in keiner Hinsicht vermissen: Sie experimentieren nicht nur in der Frage, welcher Whisky wohl zur Vorspeise oder zum Dessert passt. Sie geben den Malt auch in Topf oder Pfanne. "Gerade für Soßen zum Beispiel geht das hervorragend", sagt Wilhelm.

Zu den ausgeprägt Experimentierfreudigen gehört auch Graham Harvey. Er ist in Grantown on Spey zu Hause und Chefkoch im "Craggan Mill", einem für seine Whisky-Spezialitäten bekannten Restaurant. Mit seiner Partnerin Sheila McConachie entwickelt er die Rezepte. Zum Kochen verwendet er überwiegend Malt-Whiskys. "Sie haben einfach eine größere Bandbreite an Aromen. Für einen Koch ist das wie ein riesiges Regal mit Zutaten."

Für Soßen könne aber auch ein Blended Scotch hervorragend sein. Für Schweinefleisch dagegen sei Royal Lochnagar ideal - ein Highland-Malt, den auch der britische Thronfolger Prinz Charles zu schätzen weiß. Für Lamm rät Harvey zu einem Schuss Jura - von der gleichnamigen kleinen Hebrideninsel - in etwas Orangenmarmelade. "Am besten schnupperst du, probierst einen Schluck und lässt dann deine Vorstellungskraft herausfinden, was am besten dazu passt."

Bei Harvey funktioniert es. In seinem Restaurant werden jede Menge Gerichte mit einem Hauch von Whisky serviert - vom geräucherten Lachs, angemacht mit einem 16 Jahre alten Aberlour Malt, bis zum schottischen Nationalgericht Haggis mit 15 Jahre altem Glenfarclas. Der Fantasie sind da praktisch keine Grenzen gesetzt. Das sieht auch Kersten Wetenkamp so: "Es gibt für jeden Gang einen Malt, der passt."

Zur Vollversion des Artikels