Gesundheitsminister Anschober im großen ÖSTERREICH-Interview.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober im ÖSTERREICH-Interview über Strafen, Masken und Co.
ÖSTERREICH: Die Zahl der Neuinfektionen liegt wieder im dreistelligen Bereich. Machen Sie sich Sorgen?
Rudolf Anschober: Ja, ich mache mir Sorgen. Die Situation ist sehr ernst, aber keine, wo wir Alarmismus betreiben müssten. Wir waren schon einmal sehr erfolgreich dabei, die Pandemie einzugrenzen. Wir alle können es daher auch in den nächsten Wochen und Monaten schaffen, eine zweite Welle zu verhindern. Dann hat es im Juni
Juli einen Einbruch beim Mitmachen eines Teils der Bevölkerung gegeben, weil viele müde geworden sind und man den Eindruck hatte, die Geschichte ist vorbei. Ist sie aber nicht. Wenn alle wieder so konsequent handeln – und das ist mein Appell –, dann bin ich zuversichtlich, dass wir eine zweite Weile verhindern können.
ÖSTERREICH: Dabei soll ja auch die „Corona-Ampel“ helfen. Wann wird die fertig sein?
Anschober: Wir werden am Mittwoch die vier Indikatoren fixieren, nach denen die Ampel geschaltet wird, sowie die Corona-Kommission, die das dann durchführt. Mitte August soll feststehen, welche Maßnahmen bei welcher Schaltung kommen. Ein wichtiger Prozess, den wir in der Akutphase von Corona immer nur sehr kurzfristig machen konnten. Das soll nun eine planbare, transparente Vorgabe sein. Das wird gerade ausgearbeitet. Der Probebetrieb startet in der zweiten Augusthälfte.
ÖSTERREICH: Diese Maßnahmen sind aber bloß eine Empfehlung?
Anschober: Ja. Aber wenn die Kommission eine dringende Empfehlung gibt, dann wird das für mich zumindest ein sehr wichtiger Auftrag sein.
ÖSTERREICH: Der VfGH hat Ihre Verordnung zu den Ausgangsbeschränkungen teils aufgehoben. Was passiert nun mit jenen, die ihre Strafen, die sie deshalb ausfassten, bereits bezahlt haben?
Anschober: Unsere Juristen sind gerade dabei, das Urteil zu analysieren und zu schauen: Was geht rechtlich überhaupt? Kann man Strafen erlassen in diesem Bereich oder nicht? Mein Ziel ist, dass wir im Rahmen des Rechts ein möglichst bürgerfreundliches Vorgehen schaffen. Eine Entscheidung wird es erst im Laufe der nächsten Woche geben. Klar ist, dass es ein bundeseinheitliches Vorgehen sein muss.
ÖSTERREICH: Wie kann so ein Fehler überhaupt passieren?
Anschober: Dass der VfGH Gesetze aufhebt, ist ja bei Weitem kein Einzelfall. Ich bin aber sehr froh über die Entscheidung, weil wir daraus etwas für die Zukunft lernen können. Zudem wurde uns in den Grundzügen ja recht gegeben: Nämlich, dass es legitim ist, in so einer Sondersituation Freiheitsrechte zu beschränken. Das war ja immer die Diskussion. Hätten wir bei der Formulierung „bestimmte Orte“ auf das Wort „bestimmte“ verzichtet, wäre alles korrekt gewesen. Ein handwerklicher Fehler, der nicht passieren sollte. Der ärgert mich selbst am meisten.
ÖSTERREICH: Nun straft die Polizei in einigen Bundesländern nicht mehr, weil sie keine gesetzliche Grundlage mehr dafür sieht. Muss man nachjustieren?
Anschober: Wir checken alles durch, machen ja sowieso kontinuierlich eine Evaluierung unserer Arbeit. Was vom VfGH-Entscheid nicht betroffen ist, wird weiter vollzogen. Ich werde dazu Anfang der Woche das Gespräch mit dem Innenminister und den Ländern suchen.(fis)