Coronavirus

Verwirrung um Pendlerverkehr zwischen Tirol und Bayern

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Bayerische Einreiseverordnung offenbar wegen strengerer Bundesbestimmungen wirkungslos.

München/Innsbruck. Tiroler Pendler nach Deutschland müssen weiter zittern. Obwohl eine bayerische Landesverordnung dringend benötigtem Personal die Einreise gestatten würde, dürften ab Sonntag die strengeren Bestimmungen der deutschen Bundesverordnung gelten. Ein Sprecher der Bundespolizeidirektion München sagte der APA nämlich am Samstagabend auf Anfrage, dass Pendler bei den Ausnahmen nicht angeführt seien. Da die Abklärungen der Behörden noch liefen, werde man am Sonntag mehr sagen können.

Laut dem Sprecher der Bundespolizei dürfen ab Sonntag deutsche Staatsbürger, ansässige Unionsbürger, Beschäftigte im Gütertransport, Gesundheitspersonal, Diplomaten sowie Personen aus humanitären Gründen aus Tirol nach Deutschland einreisen. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtete indes, dass die Pendlerfrage zwischen München und Berlin "umstritten" sei. Es könnte zu einer bundesgesetzlichen Einreiseregelung kommen, die die bayerische Verordnung nur eingeschränkt zur Wirkung kommen lasse, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums auf dpa-Anfrage.

Bayerische Landesverordnung

In der ab Sonntag geltenden bayerischen Landesverordnung heißt es, es dürften Personen einreisen, "deren Tätigkeit für die Aufrechterhaltung betrieblicher Abläufe dringend erforderlich und unabdingbar ist". Die bayerischen Behörden verlangen jedoch eine entsprechende Bescheinigung des Dienstherrn, Arbeitgebers und Auftraggebers, die ab Mittwoch "bei jeder Einreise mitzuführen" sei. Am Montag und Dienstag würde sich für Tiroler Pendler nach Bayern somit noch nichts ändern.
 
Einen Hinweis auf die bayerische Verordnung enthielten am Samstag auch die offiziellen Reisehinweise des Wiener Außenamts für Deutschland. Darin heißt es wörtlich, die "ab 14.02.2021 gültige novellierte bayerische Einreise-Quarantäneverordnung beinhaltet die Möglichkeit zum Pendeln aus Virusvariantengebieten".
 
Ab Sonntag gelten Tirol, Tschechien und die Slowakei für Deutschland als "Virusmutationsgebiete", aus denen nur noch Deutsche, Ausländer mit Wohnsitz in Deutschland sowie deren Angehörige einreisen dürfen. Weitere Ausnahmen gibt es für Erntehelfer, Gesundheitspersonal und Personen im Transportgewerbe sowie dringende humanitäre Fälle, etwa bei einem Todesfall. Für alle anderen Personen, auch Pendler, geht der deutsche Grenzbalken nicht einmal bei Vorlage eines negativen Coronatests in die Höhe. Dieser ist für alle Einreisenden Pflicht, ebenso wie eine vorherige digitale Anmeldung.

Neue deutsche Einreisebestimmungen

Die neuen deutschen Einreisebestimmungen sorgten für großen Unmut in Tirol gesorgt. Nachdem Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und seine Vize Ingrid Felipe (Grüne) bereits am Freitagabend eine Ausnahme für Berufspendler gefordert hatten, schlossen sich am Samstag auch ÖGB-Chef Philip Wohlgemuth (SPÖ), Arbeiterkammer-Präsident Erwin Zangerl (ÖVP) und FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger (FPÖ) der Kritik an. Die De-facto-Grenzschließung sei ein "Affront gegenüber Pendlern", sagte Wohlgemuth, Abwerzger bezeichnete das Vorgehen Deutschlands als "untragbar". Zangerl kündigte an, dass die AK auch rechtliche Schritte gegenüber Bayern prüfe, wenn Pendlern "aus dem Vorgehen finanzieller Schaden erwachsen" sollte.
 
Platter forderte noch am Samstag eine Lösung für alle Pendler. "Ein Verhindern der grenzüberschreitenden Erwerbstätigkeit kann und darf nicht das Ziel eines gemeinsamen Europas sein", sagte der Landeshauptmann. Das Verhältnis zwischen Bayern und Tirol scheint außerdem angespannt zu sein. Platter bezeichnete gegenüber der ORF-Sendung "Tirol heute" die jüngsten Äußerungen von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) als "letztklassig". Söder meinte etwa bei der Einstufung Tirols als Mutationsgebiet, dass er "kein zweites Ischgl" erleben wolle. "Die Äußerungen von Söder waren in letzter Zeit dermaßen abschätzig gegenüber Tirol und auch Ischgl". Er habe sich lange zurückgehalten, "aber so geht's nicht", stellte Platter fest. Man müsse nun zur Sachebene zurückkehren, forderte er.
 
Tirol kündigte nun seinerseits Schritte an und will Transit-Lkw am Brenner kontrollieren und vorsorglich dosieren. Lkw-Lenker müssen sich nämlich vor der Einreise nach Deutschland online registrieren und einen negativen Covid-Test mitführen. Es sei davon auszugehen, dass diese Bestimmungen nicht allen Lenkern bekannt sei. "Dadurch ist ein extremer Rückstau auf die A12 Inntalautobahn zu befürchten. Wir lassen es nicht zu, dass Tirol der Parkplatz Europas wird", sagten Platter und Felipe. Dadurch wäre die Verkehrs- und Versorgungssicherheit gefährdet.

Verordnung in Abstimmung mit dem Bund

Daher werde nun in Abstimmung mit dem Bund eine Verordnung erlassen, "die uns Kontrollen bereits am Brenner ermöglicht". Ab Sonntag werde am Brenner der nach Deutschland reisende Transitverkehr "vorsorglich dosiert und in der Folge auch kontrolliert", hieß es. Bei jenen Fahrzeuglenkern, bei denen die "Durchreise nicht garantiert werden kann, wird die Weiterfahrt untersagt", hielt Platter fest.
 
Die EU-Kommission hatte Freitagabend noch mit Deutschland verhandelt, um eine Ausnahme für Pendler zu erreichen und erinnerte daran, dass die EU-Staaten sich erst kürzlich auf gemeinsame Empfehlungen für das Reisen in Corona-Zeiten geeinigt hätten. Man erwarte, dass alle Länder danach handelten. Grenzschließungen und pauschale Reiseverbote sollten vermieden werden. Man fordere Deutschland deshalb dazu auf, zumindest für unverzichtbare Reisen sowie für Grenzpendler Ausnahmen zuzulassen.
 
Deutschlands Innenminister Horst Seehofer (CSU) reagierte auf die EU-Kritik mit "Jetzt reichts! Die EU-Kommission hat bei der Impfstoffbeschaffung in den letzten Monaten genug Fehler gemacht", sagte der frühere bayerische Ministerpräsident der "Bild"-Zeitung (Samstag). "Die EU-Kommission sollte uns unterstützen und nicht durch wohlfeile Hinweise Knüppel zwischen die Beine werfen."
 
Die deutsche Polizei baute indes bereits stationäre Kontrollpunkte an den Grenzübergängen auf. Am Samstag war dort bereits weniger los als üblicherweise, meldete die dpa. Laut der Bundespolizei-Inspektion Rosenheim wird ab Sonntag bei jedem Fahrzeug geprüft, ob für die Insassen ein negatives Testergebnis vorliege.
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