Corona: Tiroler Forscherin mit "guten Neuigkeiten für Impfstoffentwickler"
10.07.2020
Laut Studie von in den USA tätigen österreichischen Wissenschaftlerin in Fachmagazin 'Science Immunology'.
Wien/La Jolla. Körpereigene Immunabwehrzellen - sogenannte T-Zellen - können erstaunlich weite Teile des neuen SARS-CoV-2-Virus erkennen. Das fand ein internationales Wissenschafterteam um die Tiroler Forscherin Daniela Weiskopf vom La Jolla Institute for Immunology (LJI) in Kalifornien heraus. Das eröffne auch zusätzliche Optionen bei der Impfstoffentwicklung, so die Forscher im Fachblatt "Science Immunology".
Die gebürtige Innsbruckerin, die in ihrer Heimatstadt an der Leopold Franzens und der Medizinischen Universität studiert und sich im Bereich der Immunologie spezialisiert hat, zog es als Postdoc nach Südkalifornien an das La Jolla Institute for Immunology (LJI). Dort begann Weiskopf 2009 am Dengue-Virus zu arbeiten. "Ich war immer schon davon fasziniert, wie das Immunsystem Viren erkennt", erklärte Weiskopf im Gespräch mit der APA.
Ihr Krankheitserreger-Portfolio hat die Wissenschafterin dann in den vergangen Jahren um weitere von Stechmücken übertragene Viren wie Zika, Gelbfieber oder Chikungunya erweitert. Mit dem Aufkommen von SARS-CoV-2 begann sie, sich intensiv mit dem neuen Virus, und vor allem der Reaktion der körpereigenen Abwehr darauf, zu beschäftigen.
Hauptaugenmerk galt den T-Zellen
Zusammen mit u.a. dem niederländischen Forscher Rory de Vries vom Erasmus Medical Center in Rotterdam beschäftigte sich das Team mit Blutproben von erkrankten Personen in San Diego und später in Rotterdam. Das Hauptaugenmerk galt den T-Zellen, einer Gruppe der weißen Blutkörperchen, deren Aufgabe es ist, neue Bedrohungen zu erkennen und die erworbene Immunantwort voranzutreiben.
Mit Hilfe der Methode der "Megapools", bei der das Virus in einer speziellen Reagenz sozusagen in seine einzelnen Proteinbestandteile zerlegt wird, gingen sie an die Analyse der Immunantwort von Patienten mit schweren und milderen Covid-19-Verläufen. Sowohl T-Helfer- als auch T-Killerzellen erkennen in der Regel nämlich "nur ganz kleine Virus-Teile - also acht oder neun Aminosäuren große Stücke", erklärte Weiskopf. Im Gegensatz zu den B-Lymphozyten produzieren sie jedoch keine spezifischen Antikörper, die sich dann auf das Virus stürzen, sondern müssen ihre Zielstrukturen direkt auf der Oberfläche der Eindringlinge erkennen.
Die Reaktion der Immunzellen auf jedes einzelne dieser Virus-Stücke - im Fall von SARS-CoV-2 wären das Tausende - hintereinander zu testen, ist nahezu unmöglich. Mit der "Megapool"-Methode lässt sich aber gesammelt und anhand kleiner Mengen an Blut festmachen, welche Teile eines Virus vom Immunsystem erkannt werden. Das ist auch wichtig, weil man bereits stark angeschlagene Intensivpatienten nicht unbedingt mit der Abnahme von relativ viel Blut schwächen möchte.
Im Fall von SARS-CoV-2 erhielten die Wissenschafter erstaunlich einheitliche Resultate: So fanden sie bei allen zehn näher untersuchten Patienten T-Helferzellen, die auf des neuartige Coronavirus reagierten, acht von zehn hatten auch T-Killerzellen, die sich gegen den Erreger in Stellung brachten. Deren Menge nahm mit der Zeit auch zu. "Es hat ja Spekulationen gegeben, dass sich das Virus vielleicht vor dem Immunsystem verstecken kann. Wir haben aber gezeigt, dass es gut erkannt wird", sagte Weiskopf.
"Das sind gute Neuigkeiten für Impfstoffentwickler"
Auch das bei nahezu allen in Entwicklung befindlichen Impfstoffen als Ziel fungierende, charakteristische Spike-Protein wurde von diesem Teil des Immunsystems bei allen untersuchten Infizierten erkannt. "Das sind gute Neuigkeiten für Impfstoffentwickler", so die Immunologin. Tatsächlich zeigte die Studie, dass darüber hinaus "23 von 25 Proteinen aus dem Virus von T-Zellen erkannt werden - das ist gut". Für etwaige nächste Generationen an Impfstoffen bringe dies mehr Optionen mit sich, weil auch andere Proteine als Zielstrukturen verwenden könnten.
Als die Wissenschafter darüber hinaus auch ältere Blutproben aus den Jahren 2015 bis 2018 mit dem neuen Virus konfrontierten, bemerkten sie überdies, dass T-Zellen bei fast der Hälfte eine Reaktion auf Virus-Teile zeigten. "Die Hypothese dazu ist, dass das Kreuzimmunitäten sind, die von normalen in der Bevölkerung zirkulierenden Schnupfenviren verursacht wird", sagte Weiskopf, die u.a. an dieser Frage weiter arbeitet.
Die sehr ähnlichen Befunde in den USA und den Niederlanden deuten darauf hin, dass das Immunsystem in vielen Regionen SARS-CoV-2 relativ gut erkennen kann. Ob dem tatsächlich so ist, gelte es noch herauszufinden: "Uns ist es wichtig, dass wir die Reagenzien frei teilen. Ich habe sie mittlerweile auch weltweit in 60 verschiedene Laboratorien verteilt", so die Forscherin.