So geht’s weiter

Coronakrise: Unsere Woche der Entscheidung

04.05.2020

Am Ende der Woche wird man sehen, ob die Zahl der Neuinfektionen durch die Lockerungen steigt.

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© APA/HELMUT FOHRINGER
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Seit Samstag sind in Österreich alle Geschäfte, Einkaufszentren und auch die Friseure wieder offen. Und der erste Tag hat gezeigt: Die Menschen hierzulande haben kräftigen Aufholbedarf hinsichtlich Shopping-Normalität. Die Bilder der langen Schlange, in der die Leute dicht an dicht, die meisten ohne Maske, vor dem Ikea Wien-Nord auf Einlass warteten - keine Rede von 1 Meter Sicherheitsabstand -, gingen am Sonntag durch die internationale Presse. Wurde hier auf einen Schlag die gute Bilanz im Kampf gegen Corona zunichtegemacht, lautet die Frage.
 

In Wien steigen die Zahlen weiter

Noch geht die Zahl der Neuinfektionen beständig ab – derzeit sind nur noch 1.761 Österreicher krank. Aber: In Wien und auch in Salzburg gab es zunächst Zuwächse. Besonders in Wien ist die Situation alarmierend: Insgesamt 567 Personen laborieren in der Bundeshauptstadt aktuell an einer Corona-Erkrankung, vor einer Woche waren es noch 100 weniger. Allerdings ist die Zahl der Erkrankten für eine Millionenstadt wie Wien noch überschaubar.
 
Aber Gesundheitsminister Rudi Anschober warnte die Österreicher vor einem laxeren Umgang mit den Bestimmungen. Wir stehen nun am Beginn der entscheidenden, zweiten Phase und haben in den vergangenen Tagen den zweiten Öffnungsschritt in dieser zweiten Phase gestartet. Dieser ist mit einigen Ausnahmen, mit denen wir in den kommenden Tagen das Gespräch suchen werden, vielfach gut gelungen", sagte Anschober in einer Pressemitteilung. Auflagen müssten genau eingehalten werden. Tagtäglich sollen die Zahlen nun evaluiert und die Entwicklung ganz genau beobachtet werden. "Nur so können Öffnungen, etwa im Gastgewerbe, im Tourismus oder von Freizeiteinrichtungen, wie derzeit geplant, dann auch entsprechend der derzeitigen zeitlichen Planung umgesetzt werden", so Anschober.
 
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Rückkehr zur Normalität

Da die durchschnittliche Inkubationszeit 5,5 Tage beträgt, wird man bereits gegen Ende der Woche sehen, ob durch die Lockerungen die Zahlen in Österreich wieder steigen. Sind die Entwicklung derart alarmierend, dann sind auch die weiteren Öffnungsschritte in Gefahr.
 

Bereits heute fällt der Startschuss für den Stufenplan zur Öffnung der Schulen. Als Erstes nehmen heute die rund 100.000 Maturanten und Schüler von Abschlussjahrgängen an den Berufsschulen wieder in ihren Klassen Platz. Die Volksschulen, Neuen Mittelschulen und AHS-Unterstufen folgen am 18. Mai, und am 3. Juni kehren dann die übrigen 300.000 Schüler in die Schulen zurück. Von ganz normalem Schulalltag kann aber wohl kaum die Rede sein.

 

Ebenfalls am Montag beginnt die erste Teilmobilmachung der Bundesheer-Miliz in der Geschichte des Landes. Einberufen wurden wegen der Coronakrise 13 Jägerkompanien aus allen neun Bundesländern. Die rund 2.300 Männer und Frauen lösen ab Mitte Mai die verlängerten Grundwehrdiener und Berufssoldaten ab, die bis jetzt im Covid-Einsatz standen. Aktuell sind 2.000 Soldaten im Einsatz gegen die Pandemie, weitere 1.000 sind im Assistenzeinsatz an den Grenzen. Sie alle werden ab Mitte Mai von der Miliz abgelöst, die voraussichtlich bis Ende Juli im Einsatz stehen wird. Die Aufgaben der Miliz sind vielfältig und richten sich nach den Anforderungen der Behörden. So unterstützt die Miliz die Polizei beim Assistenzeinsatz bei Grenzkontrollen sowie bei der Grenzraumüberwachung. Zusätzlich werden sie bei den gesundheitsbehördlichen Aufgaben bei den Grenzübergängen eingesetzt. Weiters führen sie im Auftrag der Polizei den Schutz kritischer Infrastruktur durch und lösen unter anderem auch jene Soldaten ab, die derzeit im Rahmen des Assistenzeinsatzes die Botschaften wie beispielsweise in Wien überwachen.

 

Stufenplan zur Öffnung

Laut Stufenplan darf die  Gastronomie darf ab 15. Mai wieder Gäste empfangen - allerdings unter strengen Auflagen: Alle Gäste brauchen einen Sitzplatz, pro Tisch dürfen maximal vier Erwachsene plus Kinder sitzen. Für diese gilt der Mindestabstand zwar nicht, das Personal muss aber Mund-Nasenschutz tragen. Auch Tierparks dürfen ihren Freiluftbereich ab Mitte Mai wieder öffnen. Gotttesdienste können wieder abgehalten werden, allerdings darf pro 10 Quadratmeter Fläche nur ein Gläubiger kommen. Für Kindergärten gilt bis 15. Mai, dass zwar die "Kinderdichte" reduziert, trotzdem aber für alle Eltern ein Betreuungsangebot gesichert werden soll.
 
Ab 18. Mai soll dann wieder Unterricht an Volksschulen, NMS und AHS-Unterstufen starten. Hotels dürfen schließlich ab 29. Mai wieder aufsperren. 
 

Ärzte-Präsident warnt: ''Etappenerfolg nicht wieder zunichtemachen''

Ärztekammer-Chef Thomas Szekeres kritisiert Unvorsichtigkeit beim Shoppen. 

© TZOE/Artner

ÖSTERREICH: Was haben Sie sich gedacht, als Sie gestern die Bilder von vollen Einkaufszentren und langen Warteschlangen vor Geschäften gesehen haben?

Thomas Szekeres: Solche Bilder hätte ich tatsächlich nicht erwartet. Man muss schon sagen, dass die Menschen beim Shoppen teilweise sehr unvorsichtig agiert haben. Da fehlt es mitunter an Verantwortung.

ÖSTERREICH: Was genau kritisieren Sie?

Szekeres: Die Abstände im Freien wurden oftmals nicht eingehalten, und auch in geschlossenen Räumen ließ die Maskenmoral teilweise zu wünschen übrig.

ÖSTERREICH: Denken Sie, dass die Lockerungen zu früh stattgefunden haben?

Szekeres: Nein, die Lockerungen sind wichtig und notwendig. Mit ist klar, dass es die Menschen wieder ins Freie zieht. Aber es muss klar­gemacht werden, dass die Abstände eingehalten werden müssen, Atemschutzmasken zu tragen sind und weiterhin auf spezielle Hygienemaßnahmen, wie häufiges Händewaschen, geachtet werden muss.

ÖSTERREICH: Befürchten Sie eine zweite Coronawelle wegen der Unachtsamkeit beim Shoppen?

Szekeres: Das gilt es eben, durch Disziplin zu verhindern. Ein zweiter Lockdown wäre natürlich eine Kata­stro­phe und für viele nur sehr schwer erträglich. Wir alle haben in den letzten Wochen viel erreicht. Wir dürfen uns durch Unachtsamkeit und mangelnde Disziplin diesen Etappenerfolg jedoch nicht wieder zunichtemachen.

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