Es gab zahlreiche Anzeigen, elf bestätigte Festnahmen und auch Pfeffersprayeinsatz.
Die Aktivisten gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung haben ihren Zwei-Wochen-Rhythmus eingehalten und sind am Samstag in Wien wieder auf die Straße gegangen. Nach einem gut einstündigen Zug am Gürtel nahe dem Hauptbahnhof wurde die Demonstration aufgelöst. Es kam nach vorläufigen Angaben der Polizei zu elf Festnahmen und einem Pfefferspray-Einsatz. Die Exekutive hatte gut 1.300 Beamte im Einsatz.
Die Vorläufige Bilanz des gesamten Demonstrationsgeschehens laut LPD Wien:
• elf Festnahmen
• rund 1.630 verwaltungsstrafrechtliche Anzeigen
• rund zwanzig strafrechtliche Anzeigen
Kein zentraler Versammlungsort
Da im Vorfeld etliche angemeldete Kundgebungen untersagt worden waren, nachdem ein Verstoß gegen die Corona-Vorgaben zu erwarten war und die FPÖ diesmal auf eine Veranstaltung verzichtete, gab es diesmal zunächst keinen zentralen Versammlungsort und es strömten mehrere kleine Züge in der Nähe des Hauptbahnhofs durch die Straßen. Eine größere Demonstration fand sich dann beim Schweizergarten, wo gut 1.200 Aktivisten, unter ihnen etliche Rechtsextreme, Hooligans und Impfgegner, teils auf, teils neben dem Gürtel auf und abzogen.
Nur rund jeder Zehnte mit Maske, kein Mindestabstand
Masken trug rund jeder zehnte Teilnehmer, der Mindestabstand von zwei Metern wurde konsequent ignoriert. Hauptparole war "Kurz muss weg", auch "Wir sind das Volk" wurde der vom Volk per Wahl ermöglichten Regierung entgegenskandiert. Unter den Fahnen dominierte die österreichische Nationalflagge. Die Anrainer reagierten unterschiedlich. Aus zwei Fenstern wurde "Covidioten" herabgerufen, andere reichten Teilnehmern zur Unterstützung Bierdosen.
Als die Demonstration gegen 14.30 Uhr nahe dem Verkehrsknotenpunkt Matzleinsdorfer Platz aufgelöst wurde, kam der größte Teil der Teilnehmer der Aufforderung, den Ort zu verlassen, nach einigem Zögern auch nach. Freilich marschierten einige hundert der Demonstranten dann weiter unbegleitet Richtung Innenstadt, wobei es allerdings keine Ausschreitungen und auch kaum Verkehrsbehinderungen gab.
Zusammentreffen mit Asyl-Demo von Polizei verhindert
Verhindert wurde von der Polizei das Zusammentreffen mit einer zweiten Demonstration. Die hatte ein anderes Thema, nämlich das Asylrecht, und auch das Publikum war ein anderes, nämlich der linken Szene zuzuordnen. Hier wurde die Maskenpflicht konsequent eingehalten ("Wir können es uns nicht leisten, Antifaschisten an Corona zu verlieren"), beim Zwei-Meter-Abstand war das schon schwieriger.
Was bei der Corona-Demo "Kurz muss weg" war, hieß hier "Wir haben Platz". Untermalt wurde der Protest gegen die Flüchtlingspolitik der Regierung von afrikanischen Rhythmen und einer Lesung vom Balkon des Volkstheaters. Auch bei dieser Kundgebung waren einige hundert Teilnehmer zugegen.
Während von dieser Demo vorerst keine polizeilichen Meldungen bekannt wurden, gab es bei der Corona-Kundgebung bereits am Anfang erste Anhaltungen und Beamtshandlungen wegen Verstößen gegen die Covid-Schutzmaßnahmen, wie ein Polizeisprecher der APA sagte. Als die Demonstranten eine Absperrung durchbrechen wollten, setzte die Polizei Pfefferspray ein. Größere Auseinandersetzungen wurden ansonsten bis dato nicht gemeldet.
Kritik von den Grünen
Die Grünen kritisierten, dass die freie Meinungsäußerung vermehrt von rechtsextremen Gruppen missbraucht wird. "Die freie Meinungsäußerung, die Versammlungsfreiheit und das Äußern des Unmuts über politische Entscheidungen gehören zu den höchsten und grundlegendsten Gütern der Demokratie und sind eines der wichtigsten Mittel der Zivilgesellschaft, um ihre Meinung und auch ihren Unwillen außerhalb von Wahlen zu äußern", erklärten die Rechtsextremismussprecherinnen der Grünen Olga Voglauer und Eva Blimlinger.
Es sei aber bekannt, dass "rechtsextremistische Demonstrationen und Veranstaltungen häufig als Kundgebungen von besorgten Bürgerbewegungen getarnt und auch als diese angemeldet werden".
ÖVP-Mahrer kritisiert Demos ebenfalls
„Während die Infektionszahlen weiter steigen und andere auf der Intensivstation um ihr Leben kämpfen, marschieren Neonazis, Rechtsextreme und Kickl-Sympathisanten heute unbeeindruckt durch Wien. Trotz der hohen Infektionszahlen und der drohenden Überlastung der Intensivkapazitäten haben die Demonstrierenden nach wie vor die Gefährlichkeit des Virus nicht verstanden und missbrauchen das Versammlungsrecht, um das Corona-Virus zu leugnen. Diese Demonstrationen tragen bedauerlicherweise auch dazu bei, dass Wien mittlerweile die zweithöchste Inzidenz österreichweit aufweist“, so der Sicherheitssprecher der neuen Volkspartei, Karl Mahrer via Aussendung.