Vorbild Israel
Kommen Privilegien für Geimpfte jetzt auch bei uns?
24.02.2021In Israel dürfen Geimpfte wieder ins Restaurant oder Stadion. Darüber soll nun auch in Österreich diskutiert werden.
Eine Entscheidung über Privilegien für Geimpfte - wie etwa in Israel - wird in Österreich nicht vor April fallen. Derzeit werde ein "großer Arbeitsprozess" aufgesetzt, um "eine Strategie für das Leben mit dem Virus" zu schaffen, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) im APA-Interview. Die Frage nach Erleichterungen werde Teil davon sein. Bis Sommer soll es für alle ein Impf-Angebot geben, danach gelte es, mit den Nicht-Geimpften "verantwortungsvoll" umzugehen.
Gemeinsame europäische Entscheidung
Bei der zuletzt stark diskutierten Frage von Erleichterungen für Menschen, die bereits die Schutzimpfung erhalten haben, sieht Anschober keine Eile: "Wir haben da ja ein bisschen Zeit, das ist ja sowieso kein Thema, bevor wir nicht in die ganze Breite der Impfumsetzung reinkommen." Man werde "im Laufe des April, dann nach Ostern" Ergebnisse des Arbeitsprozesses am Tisch haben. Der Minister setzt bei der Frage nach Privilegien für Geimpfte allerdings auf ein länderübergreifendes Vorgehen: "Mir persönlich wäre es am liebsten, wenn das eine europäische Entscheidung wäre, in die wir uns mit einbringen."
Die Frage von Erleichterungen hänge natürlich stark von der Impfquote ab, betonte Anschober. Zum Thema "Leben mit dem Virus" sagte er, man werde "große Veränderungen erfreulicherweise dadurch erfahren, dass wir die Impfung haben. Je höher die Impfquote ist, desto mehr wird sich die Situation entspannen."
Durchimpfungsrate
Grundsätzlich zeigte er sich optimistisch, dass man in Österreich eine hohe Durchimpfungsrate erreichen wird können: "Ich glaube, dass meine Zielvorgabe '50 Prozent plus X' eine ist, die wir deutlich übertreffen werden." Nach einem Zeitpunkt gefragt, wann alle, die es wollen, eine Impfung erhalten werde, verwies er auf Deutschland: "Bundeskanzlerin Angela Merkel hat letzte Woche gesagt, der 21. September ist das Ziel, dass in Deutschland jeder und jede ein Impfangebot kriegt. Ich glaube, dass wir durchaus optimistisch sein können, dass wir etwas schneller sein können. Also im Lauf des Sommers." An diesem Plan soll sich auch nichts ändern, sofern der Pharmakonzern Astra Zeneca - wie am Dienstagabend aus EU-Kreisen bekannt wurde - im zweiten Jahresquartel tatsächlich weniger als die Hälfte der vertraglich vereinbarten Impfdosen in die Europäische Union liefern sollte, hieß es auf Nachfrage aus Anschobers Büro.
Äußerst zurückhaltend äußerte sich der Minister zu Stimmen - etwa von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) - wonach man sich nach der Impfung der vulnerablen Gruppen und der älteren Bevölkerung höhere Infektionszahlen leisten werde können. "Wir wissen bis heute nicht gesichert, wie sich die Impfstoffe in Richtung Transmission auswirken." Davon werde natürlich sehr viel abhängen. Die zweite Frage sei die nach der Impfrate: "Auch wenn es 20 Prozent sind, die nicht geimpft sind, werden wir extrem gut beraten sein, verantwortungsvoll mit diesen 20 Prozent umzugehen."
Impfstoffe an Virusstamm anpassen
Anschober rechnet auch damit, dass die Corona-Impfstoffe künftig - ähnlich wie bei den Grippeimpfungen - an den jeweiligen Virusstamm angepasst werden müssen. Das heißt, dass es "eine gewisse Weiterentwicklung geben wird und wir unsere Impfungen in einer zweiten und dritten Generation anpassen müssen".
Gefragt, warum Österreich nicht wie Deutschland auf eine Niedrig-Inzidenz-Strategie setzt, das sich ja eine Sieben-Tages-Inzidenz von 35 zu Ziel gesetzt hat, sagte Anschober, man sei in zwei unterschiedlichen Stoßrichtungen unterwegs, mit demselben Ziel. Deutschland habe "doch sehr intensiv und sehr lange" einen sehr umfassenden Lockdown. "Wir haben uns dafür entschieden, diesen früher zu beenden, zumindest in Teilbereichen" - was ihm insbesondere im Bereich der Schulen ein Anliegen gewesen sei. Auch habe Österreich ja eine umfassende Teststrategie eingeführt. Er wäre jedenfalls "sehr überrascht, wenn Deutschland dieses 35 schaffen würde."
Gleichzeitig steht Anschober einem massiven Drücken der Fallzahlen gegen Null nicht komplett ablehnend gegenüber. Die derzeit vor allem in Deutschland diskutierte Zero-Covid- bzw. No-Covid-Strategie sei "aus meiner Sicht eine sehr beeindruckende", sagte er. Diese bedeute allerdings, "dass man zuerst einen Lockdown macht, der mit unseren bisherigen Lockdowns nicht vergleichbar ist". Dies würde einen "wirklich harten Lockdown, wie wir ihn bisher noch nicht gesehen haben", bedeuten, das habe theoretisch als Ziel "etwas für sich". Er wage es aber zu bezweifeln, "ob die Bevölkerung in Österreich in der jetzigen Situation , nach so vielen Monaten, dazu bereit ist, das dann auch wirklich konsequent umzusetzen".
Allerberger-Nachfolge
Zur Nachfolge des vor der Pensionierung stehenden Leiter des Bereichs "Öffentliche Gesundheit" in der AGES, Franz Allerberger, sagte Anschober, dazu werde "zeitnah" eine Entscheidung getroffen. Dem teils wegen seiner als zu zurückhaltenden Vorgangsweise kritisierten Allerberger (der etwa die Maskenpflicht lange Zeit als nicht wirkungsvoll bezeichnet hatte) streute Anschober Rosen - wenngleich er nicht immer dessen Meinung geteilt habe. "Ich war nicht über jede öffentliche Wortmeldung glücklich, manches war kontraproduktiv und hat einen Teil der Öffentlichkeit verunsichert. Aber er leistet seinen Beitrag und ich bin auch oft froh darüber, dass ich einen kritischen Geist mit dabei habe bei diesen internen Diskussionen, der die Dinge vielleicht ein bisserl anders sieht. Es ist besser, man hat auch einen Diskurs, als man ist immer einig."
Für die viel zitierte "Müdigkeit" der Bevölkerung, die Maßnahmen noch mitzutragen, zeigte Anschober nach einem Jahr Pandemie Verständnis und verwies auf seinen Vergleich mit einem Marathonlauf: "Jetzt haben wir den Marathonlauf, wir sind bei Kilometer 32 und er wird mittlerweile zu lange." Es bestehe eine "extrem große Sehnsucht" der Österreicher nach Lockerungen. Gleichzeitig konstatiert er der Bevölkerung, die aktuellen Maßnehmen gut mitzutragen, der größte Teil sei "verantwortungsbewusst und konsequent".
Auf die Frage, wann er sich selbst impfen lassen werde, sagte Anschober, möglichst früh. Vordrängen werde er sich aber nicht. "In die Breite" gehe man mit den Impfungen "ab April, Mai", dann werde auch er drankommen. "Welcher Impfstoff auch immer es sein wird, ich freu mich auf diesen Impfstoff."
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