Engster Mitarbeiter von Gesundheitsminister Anschober im Visier. EU räumt Transparenz-Fehler ein.
„Die Impfdosen in der EU werden unterschiedlich verteilt“, klagte Kurz Freitagvormittag in einer Pressekonferenz an. Grund: Es gab unerlaubte Geheimabsprachen zwischen Pharmafirmen und Mitgliedsstaaten.
Keine ausgewogene Verteilung
Ursprünglich sollten alle verfügbaren Impfdosen nach Bevölkerungsstärke der EU-Staaten gerecht aufgeteilt werden. So beschlossen es die EU-Chefs am 21. Jänner. Doch davon ist längst keine Rede mehr.
Es gab im sogenannten Steering Board der EU Geheimverträge mit einzelnen Mitgliedsstaaten. Dort habe eine Art „Basar“ geherrscht, wo zusätzliche Abmachungen getroffen worden sein sollen, so Kurz. Österreichs Vertreter im Steering Board ist Clemens Martin Auer, Sonderbeauftragter von Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne). Auer ist auch Anschobers „rechte Hand“ und stellvertretender Vorsitzender der EU-Steuerungsgruppe bei der Impfstoffverteilung.
Unter seiner (Mit-)Führung wurden diese Subverträge ausgehandelt. Unterschrieben wurden sie von Ines Stilling, Generalsekretärin im österreichischen Gesundheitsministerium. Alle Board-Mitarbeiter mussten Geheimhaltungsklauseln unterzeichnen. Österreich liegt bei der Verteilung der Dosen nur im Mittelfeld. Malta erhalte drei Mal so viele Dosen, Dänemark ebenso. Die Niederlande bekommen das Doppelte von Kroatien. Bulgarien und Rumänien liegen hinten.
Noch keine Stellungnahme von Anschober
Minister Rudolf Anschober, der aufklären könnte, war vor der Kanzler-Pressekonferenz am Freitag nicht zu erreichen. Mit Chef-Impfstoffbeschaffer Clemens Auer nahm Vizekanzler Werner Kogler Kontakt auf. Auer selbst wollte vorerst keine Stellungnahme abgegeben.
„Es muss in der EU endlich Transparenz geben“, forderte Kurz Details: „Es muss aufgeklärt werden, wie die Verträge im Steering Board tatsächlich aussehen“, so der Kanzler.
Auch müsse geregelt werden, wie es weitergehen wird: „Wenn sich der Trend so fortsetzt, kommt es zu einer massiven Ungleichheit“, warnte er. Die tatsächlichen Lieferungen „widersprechen dem Geist der EU und der Vereinbarung“. Vermutet wird auch, dass Lieferprobleme zum Nachteil Österreichs entstanden sein könnten. Der Kanzler verneinte das aber.
EU räumt Abweichungen ein
Bereits eine Stunde nach der Kanzler-Pressekonferenz räumte die EU-Kommission „Abweichungen vom ursprünglich vereinbarten Bevölkerungsschlüssel ein“. Sie bestätigte somit die Vorwürfe des Kanzlers. In der EU-Erklärung hieß es: „Die EU-Staaten könnten sich im Steering Board für mehr oder weniger Impfstoffe entscheiden.“ Und: „In diesem Kontext ist ein neuer Verteilungsschlüssel möglich“, so die Kommission.