Nächster Ski-Hotspot isoliert: Jetzt auch Sölden unter Quarantäne
17.03.2020
In Tirol wird die Lage immer ernster. Mittlerweile sind bereits 390 Personen positiv auf das Coronavirus getestet worden.
Nachdem vergangene Woche in Tirol St. Anton am Arlberg und die Paznauner Gemeinden Galtür, Ischgl, Kappl und See unter Quarantäne gestellt worden sind, haben die Behörden nun zwei weitere Skiorte in Tirol isoliert. Bis inklusive 2. April werden der bekannte Tourismusort Sölden im Ötztal sowie St. Christoph am Arlberg gesperrt. Die polizeilichen Checkpoints wurden Dienstagabend errichtet.
"Uns liegen drei positive Testungen von Personen aus Sölden vor, wo wir wiederum nicht ausschließen können, dass ein Bezug zu einer Schirmbar hergestellt werden kann", sagte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) in einer Aussendung. Daher sei eine Isolierung Söldens "unabdingbar". Später wurden drei weitere bekannt. Zudem sind 47 Verdachtsfälle bekannt.
St. Christoph - Teil der bereits gesperrten Gemeinde St. Anton am Arlberg - wurde auch von den Maßnahmen erfasst. Nach einem Ärztekongress waren mehrere Personen am Virus erkrankt. In der angrenzenden Vorarlberger Nachbargemeinde Lech am Arlberg wurden an einem Tag fünf Personen positiv getestet. Das Land Vorarlberg stellte am Dienstag die Gemeinden Lech, Zürs, Stuben, Warth und Schröcken unter Quarantäne.
Das nur rund 40 Einwohner zählende St. Christoph gilt als Nobelskiort am Arlberg. Sölden dagegen ist mit den Ortschaften Gurgl, Zwieselstein, Heiligkreuz und Vent die flächenmäßig größte Gemeinde Österreichs. Platter rief jene Menschen, die in den vergangenen zwei Wochen in den betroffenen Gebieten waren, dazu auf, sich freiwillig daheim zu isolieren.
Dass am Dienstag erneut Orte gesperrt werden, galt am Nachmittag noch als unwahrscheinlich. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sagte bei einer Pressekonferenz, dass weitere Quarantäne-Maßnahmen derzeit nicht in Vorbereitung seien. Er könne derartiges für die Zukunft aber nicht ausschließen. Es werde täglich evaluiert und immer am selben Tag entschieden.
Köstinger: ''Haben eine stabile regionale Versorgung''
Immer wieder rufen im oe24-Newsroom viele besorgte Leser an: "Werden die Supermärkte weiter offen halten? Wird es weiterhin alle Produkte geben? Können wir uns darauf verlassen, das es trotz Coronavirus-Krise weiterhin Lebensmittel zu kaufen gibt?"
Landwirtschafts- und Regionen-Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) antwortete jetzt auf diese Fragen: "Österreich hat einen sehr hohen Selbstversorgungsgrad, was Lebensmittel betrifft." Deshalb sei ein Versorgungsengpass nicht zu befürchten. Köstinger wörtlich: Unsere Bauern halten die Lieferkette zu den Verarbeitern und dem Handel aufrecht. Gerade jetzt zeigt sich der Wert einer guten und stabilen regionalen Versorgung."
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dankte am Dienstag den Österreicherinnen und Österreichern für ihre Unterstützung bei der Bewältigung der Coroanavirus-Krise. Zugleich zog der Kanzler in einer Stellungnahme gegenüber der APA eine erste Bilanz der Maßnahmen und rief seine Landsleute zum Durchhalten auf. Indirekte Kritik gab es am Widerstand bei einigen "Entscheidungsträgern".
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"Wir haben letzte Woche die Entscheidung getroffen, massive eingreifende Maßnahmen zu setzen, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Die Entscheidungen sind anfangs auf viel Widerstand bei Entscheidungsträgern gestoßen, waren nicht leicht, aber sie waren notwendig. Heute bin ich froh, dass wir als eines der ersten Länder in Europa diese Entscheidungen getroffen haben, und ich bin der Bevölkerung unendlich dankbar, dass sie die Maßnahmen so konsequent und verantwortungsvoll mitträgt. Sie als Österreicherinnen und Österreicher leisten einen beeindruckenden Beitrag und retten damit viele Leben."
Der Schulbetrieb konnte laut Kurz um 95 Prozent heruntergefahren werden, der Bahnbetrieb ging um 70 Prozent, zurück und die Sicherheitsbehörden vermeldeten ebenfalls ein Minimum an notwendigem Personenverkehr auf den Straßen. "Gleichzeitig möchte ich jenen Menschen im Land meinen Dank aussprechen, die in diesen schweren Tagen unser System aufrechterhalten. Aber bitte halten Sie auch bei der Arbeit zu anderen Menschen Abstand", erklärte der Bundeskanzler.
"Viele Menschen haben noch viele Sorgen und Fragen"
"Ich bin mir vollkommen bewusst, dass viele Menschen in unserem Land noch viele Sorgen und Fragen haben, was die Gesundheit, den Beruf oder die finanzielle Situation betrifft. Alle Ministerinnen und Minister arbeiten auf Hochtouren an der Klärung offener Fragen und werden diese Fragen auch heute sowie die nächsten Tage so umfassend wie möglich für Sie beantworten."
"Eine große Herausforderung sind die Kapazitäten sämtlicher Service-Hotlines, da es nicht unbeschränkt Personen gibt, die insbesondere medizinische Fragen beantworten können. Die Ministerien und Bundesländer stocken permanent die Kapazitäten auf soweit das möglich ist. Hier bitte ich alle, solidarisch zu sein und nur anzurufen, wenn man wirklich Hilfe braucht."
"Ich bitte Sie, alle Österreicherinnen und Österreicher, dass sie sich weiter strikt an die Maßnahmen und Empfehlungen halten. Bleiben Sie weiter zu Hause und schützen sie vor allem die ältere Generation. Bitte bedenken Sie stets, egal ob beim Einkaufen im Supermarkt oder in anderen Stresssituationen: wir sind ein Team, das Team Österreich. Stehen wir alle zusammen!"
Regierung plant derzeit keine Verschärfungen
Die Bundesregierung plant derzeit keine Verschärfungen ihrer Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus. Die Ausgangsbeschränkungen seien von den Österreichern gut angenommen und eingehalten worden, sagten Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Dienstag in einer Pressekonferenz. Am Wochenende werde der Krisenstab evaluieren.
"Wir haben derzeit keine Pläne in Vorbereitung, die in Richtung einer umfassenden Verschärfung gehen", sagte Anschober. Auszuschließen sei aber nicht, "ob wir in dem einen oder anderen Bereich nachjustieren müssen". Am Wochenende werde allerdings der Krisenstab der Regierung die Maßnahmen evaluieren. Ob die Verbote Auswirkungen auf den Anstieg der Erkrankungen haben, werde sich in acht bis zehn Tagen zeigen.
Ziel ist es laut Anschober nach wie vor, beim Anstieg der Infektionen "unter die 20 Prozent zu kommen", sagte der Gesundheitsminister. Ein Plus von 31 Prozent, wie am Dienstag, sei noch immer "deutlich zu viel". Auch erste leichte Veränderungen in den letzten Tagen würden noch auf keinen generellen Trend schließen lassen, so Anschober.
48-Jährige in Heimquarantäne gestorben
In Wien ist eine erst 48 Jahre alte Frau in der Nacht auf Sonntag in Covid-19-Heimquarantäne verstorben. Die Tote wurde Sonntagfrüh von Familienangehörigen aufgefunden, sagte Andreas Huber, Sprecher des medizinischen Krisenstabs der Stadt Wien, der APA.
Die Verstorbene wird zunächst nicht offiziell als viertes österreichisches Covid-19-Todesopfer geführt, denn ein Obduktionsergebnis liegt noch nicht vor und die Todesursache steht daher nicht fest, sagte Huber. Vorerst sei auch unklar, ob es bei der Patientin Vorerkrankungen gegeben hatte.
"Wenn sich ein Gesundheitszustand gezeigt hätte, der eine Spitalsversorgung notwendig gemacht hätte, wäre sie in einem Spital gewesen", betonte der Sprecher. Die 48-Jährige hatte sich nach einem positiven Testergebnis auf das neuartige Coronavirus in häuslicher Quarantäne befunden.
Pressekonferenz von Nehammer und Anschober um 15.30 Uhr
Über die neuesten Entwicklungen in Sachen Corona-Virus berichten Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) heute, Dienstag, um 15.30 Uhr in einer gemeinsamen Pressekonferenz im Bundeskanzleramt.
Jetzt bereits 1.132 Fälle
Wie das Gesundheitsministerium auf der Homepage berichtet, gibt es inzwischen 1.132 (Stand, 8 Uhr, 17.3.) bestätigte Coronavirus-Fälle in Österreich. Damit ist die Zahl seit gestern um 15 Uhr um 115 gestiegen. Acht Menschen sind wieder genesen. Insgesamt sind vier Coronavirus-Patienten gestorben. 10.278 Personen wurden bereits getestet.