Corona-Skandal
Nun auch in zweitem Postverteilzentrum Bundesheer angefordert
17.05.2020Nach dem Corona-Skandal in Hagenbrunn wurde nun auch im Postverteilzentrum in Inzersdorf das Bundesheer angefordert.
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Wien. Bereits vergangene Woche hat die Österreichische Post die Unterstützung des Österreichisches Bundesheeres für das Logistikzentrum Niederösterreich (Hagenbrunn) angefordert, um einen Kompletttausch der Mannschaft zu ermöglichen, wie das Bundesheer in einer Aussendung schreibt. Alle der dort rund 300 tätigen Personen sind als vorbeugende Maßnahme in Heimquarantäne. Das Bundesheer hat auf Ersuchen der Post den kompletten Standort desinfiziert und rund 280 MitarbeiterInnen für die Paketlogistik zur Verfügung gestellt, die unter Leitung der Schlüsselpersonen der Post den Sortierbetrieb aufnehmen. Da die Unterstützung des Bundesheeres sehr gut anläuft, wird nunmehr am Standort Wien-Inzersdorf aus Sicherheitsgründen ein ähnliches Vorgehen durchgeführt.
Mit voraussichtlich 21. Mai werden sich alle im Paket-Logistikzentrum Wien-Inzersdorf beschäftigten Personen in Heimquarantäne begeben. Die ABC-Abwehr des Bundesheeres wird auch dort den kompletten Standort desinfizieren, in Folge übernimmt das Bundesheer den operativen Betrieb. Die Post stellt eine Führungsmannschaft, um das Bundesheer einzuweisen und das Personal anzuleiten. Aufgabe ist die Verteilung und Sortierung von Paketen, die Zustellung erfolgt weiterhin durch MitarbeiterInnen der Post. Der durchgehende Betrieb beider Paket-Logistikzentren im Großraum Wien ist damit sichergestellt, die Kosten für den Einsatz trägt die Österreichische Post.
Der Logistikstandort in Wien-Inzersdorf besteht aus einem Paket-und einem Brief-Logistikzentrum. Hierbei handelt es sich um zwei baulich sowie organisatorisch vollkommen getrennte Betriebe. Der Betrieb des Brief-Zentrums läuft wie gewohnt weiter, kleinformatige Paketsendungen werden seit Ende vergangener Woche zur Entlastung der Paket-Logistikzentren dorthin sowie an andere Paket-Logistikzentren in Österreich umgeleitet.
Infizierte Leiharbeiter
Der Hintergrund: Aus der Leiharbeitsfirma Globe, zu deren Kunden – ausgerechnet – die Pharmakonzerne Boehringer Ingelheim und Gilead, dazu die Voestalpine und eine große Bank gehören, könnten die in der Post infizierten Leiharbeiter aus Erdberg auch zu anderen Arbeitgebern gekarrt worden sein, was für den Aufbau einer gewaltigen Infektionskette gesorgt haben könnte.
Neben Globe sind laut ersten Informationen auch die Arbeitskräftevermittler Büroring, Agentur Arbeit und Sicherheit, Janus und zwei weitere unter Verdacht. Der Chef einer der insgesamt sechs betroffenen Leiharbeitsfirmen erklärt gegenüber ÖSTERREICH: „Die Post hat alle Transporte für interne und externe Arbeiter übernommen und sich um die Schutzmaßnahmen gekümmert. Meine Leiharbeiter sind großteils aus Somalia. Ich weiß nur von drei bestätigten Fällen in meinem Betrieb.“ Nachsatz zum Nachdenken in Sachen Abstand: „Sie wurden in Sammelbussen von Kagran nach Hagenbrunn geführt.“
Fast alle Asyl-Fälle führen zu Globe-Leiharbeitern
1.022 Tests. Jedenfalls fiel bei den Testungen von 1.022 Personen in Asyleinrichtungen der Stadt ein Umstand auf: Es gab 39 positive Fälle, 24 davon in Erdberg, zehn in der Simmeringer Zeillergasse sowie vier Mitarbeiter. Und ein einziger Fall war nicht bei der Firma Globe oder einem von fünf weiteren kleineren Leiharbeitsanbietern beschäftigt. Wie viele Firmen die anderen mit dem Virus überzogen haben, sorgt jetzt für das große Zittern. Ein Insider: „Das können Hunderte sein!“
ÖVP sieht sogar schon ein "Ischgl im roten Wien"
Die Vorwürfe der ÖVP an die roten Wiener Gesundheitsbehörden im Zusammenhang mit dem gewaltigen Corona-Cluster in den Postverteilzentren in Hagenbrunn (NÖ) und Inzersdorf (W), den ÖSTERREICH aufdeckte, werden härter.
Nehammer greift an. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) kritisiert die seiner Meinung nach laxe Handhabung der Infektionen: „Es reicht nicht aus, Migranten einfach nur einen Zettel in die Hand zu drücken, um sie als Verdachtsfall zu informieren. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die Quarantäne dann überhaupt eingehalten wird. Auch hier kann ich der Stadt Wien erneut anbieten, seitens der Polizei zu unterstützen.“ Im Corona-Krisenstab geht man davon aus, dass Corona-infizierte Leiharbeiter aus dem Asylheim in Wien-Erdberg das Virus in die Postverteilzentren „gebracht“ hätten.
"Management der Krise ist Hacker völlig entglitten"
Chaos. Wiens ÖVP-Stadtrat Markus Wölbitsch wirft SP-Gesundheitsstadtrat Peter Hacker sogar vor, dass „ihm das Management der Corona-Krise völlig entglitten ist“, wie er es in einer dringlichen Anfrage im Gemeinderat formuliert.
Jedenfalls geht man in der ÖVP davon aus, dass man hier die Smoking Gun für den Wahlkampf für die Wiener Gemeinderatswahl am 11. Oktober gefunden hat. Ein hochrangiger Schwarzer sieht sogar „ein Ischgl im roten Wien“. Die Sorglosigkeit Wiens bei den Asylwerbern in Erdberg sei schuld an dem Groß-Ausbruch.
Konter. SPÖ-Gesundheitsstadtrat Peter Hacker kontert: Ihn „interessieren solche billigen Wahlkampfgeplänkel nicht“. Er widerspricht den Angaben aus dem Bund: „Es zeigt alles nach Hagenbrunn. Die Leiharbeiter haben sich mit hoher Wahrscheinlichkeit dort angestellt. Mit dem Asylzentrum oder den Asylanten hat das nichts zu tun.“
Im Gegenteil: Die Stadt Wien habe – als einziges Bundesland – via Contact Tracing genau hingeschaut und „Licht in den Schatten gebracht“. Jetzt werde man bei den Leiharbeitsfirmen genau hinschauen – es zeige sich, dass der Großteil der infizierten Post-Leiharbeiter gar keine Flüchtlinge seien, so die Stadt.
155 Fälle. Jedenfalls stieg die Zahl der Infizierten in den Postzentren weiter an: In Hagenbrunn sind es derzeit 85 Fälle, 68 der Betroffenen wohnen in Wien. In Inzersdorf sind 70 Personen mit dem Virus infiziert.