BA.2
Omikron-Subtyp in Österreich noch nicht breit nachweisbar
28.01.2022Der Omikron-Subtyp BA.2 ist hierzulande zwar in einer zunehmenden Anzahl an Kläranlagenproben festzustellen, scheint sich aber noch nicht großflächig auszubreiten.
Das sagt der Virologe Andreas Bergthaler im Gespräch mit der APA. Welche Rolle die Untervariante im Rahmen der Omikron-Welle spielen kann, sei aktuell schwer zu beurteilen. Beim Blick auf die hohen Infektionszahlen und glücklicherweise noch niedrigen Spitalszahlen gelte es aber "weiter vorsichtig" zu bleiben.
Omikron: Anteil von 97 Prozent
Der Anteil der neuen dominanten Variante Omikron befindet sich in Österreich seit einigen Wochen dramatisch im Steigen - im Gleichschritt mit den Infektionszahlen. Aktuelle Daten der Abteilung für Infektionsepidemiologie der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) weisen auf einen Anteil von 97 Prozent in der dritten Kalenderwoche hin, so der an der Medizinischen Universität und am Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) tätige Wissenschafter.
Der Großteil der Ganzgenomsequenzierungen wird vom Team um Bergthaler, Christoph Bock und der AGES durchgeführt. Weiter gelte, dass in Österreich zwar sehr viele SARS-CoV-2-Tests durchgeführt werden, das gesamte Erbgut des Erregers aber im Vergleich zu Vorreiterländern wie Dänemark oder Großbritannien seltener analysiert wird.
Trotzdem lässt das in Österreich sehr gut ausgebaute Abwasserüberwachungssystem sogar Rückschlüsse auf die Untervariantenzusammensetzung zu. Seit April 2020 sucht ein weitreichender Forschungsverbund nach SARS-CoV-2-Erbgutrückständen im Abwasser. So fand sich auch der Nachweis der vor allem in Nordeuropa im Aufwind befindlichen Untervariante BA.2 von Omikron. Während sie in Dänemark bereits um die 70 Prozent der Infektionen ausmacht, setzt sie sich in anderen Ländern mit gutem Varianten-Überblick nicht so deutlich durch bzw. stagniert sogar teilweise.
Omikron-Variante BA.2
"In Österreich finden wir BA.2 von einer Woche auf die andere jetzt in mehr Kläranlagen", wie etwa im Raum Wien, Wiener Neustadt, Salzburg sowie in Teilen Kärntens, der Steiermark und Tirols. Die Prozentsätze in den drei Kläranalagen, wo die ersten Nachweise gelangen, seien jedoch in den jüngsten verfügbaren Proben nicht angestiegen und lagen weiter im Schnitt bei rund acht Prozent. "Es ist dennoch nicht auszuschließen, dass BA.2 sich mit der Zeit durchsetzt", so der Wissenschafter. Von einer BA.2-Welle in der Omikron-Welle sei momentan aber nichts zu sehen.
Entscheidend bleibt, ob mit BA.2 ein anderes, womöglich schwerwiegendes Krankheitsbild einher geht. Das dürfte laut dänischen Daten nicht der Fall sein. Die Erkrankungen scheinen also ähnlich selten schwer zu verlaufen wie bei Omikron BA.1.
Dass Omikron in Österreichs Spitälern bisher nicht zu einer verstärkten Auslastung führt, sei ein Glück. Bei Neuinfektionszahlen jenseits der 40.000 könne das in den kommenden Wochen aber auch noch anders werden. "Anzunehmen ist, dass die Anzahl von Spitalseinweisungen steigen wird", vermutet der Virologe: "Ich wäre nach wie vor vorsichtig, Omikron als milden Infekt abzutun." Bis dato sprechen die Zahlen aber dafür, dass die Welle mit den Kapazitäten zu bewältigen sein könnte. Was die hohen Zahlen mit Blick auf "Long Covid" bedeuten, sei wissenschaftlich noch unklar.
"Delta nicht verschwunden ist"
Die Erbgut-Analysen zeigen jedenfalls auch, dass "Delta nicht verschwunden ist". Die Frage sei, ob nach der durchgelaufenen Omikron-Welle vielleicht wieder Delta, eine bestimmte Subvariante von Omikron "oder eine noch völlig unbekannte Variante" das weitere Infektionsgeschehen dominiert. Es sei auch eine gewisse Koexistenz denkbar, denn auch die Delta-Variante hat sich in dem rund halben Jahr seiner Präsenz in unseren Breiten als durchaus wandelbar erwiesen: "Das Delta, das wir jetzt haben, ist nicht das Delta von vor einem halben Jahr."
Beim Blick in die Zukunft ortet der Experte nun "starke Bestrebungen", das Krisenmanagement auf eine bessere Basis zu stellen: "Mir scheint, dass wir uns in einigen Bereichen auf dem richtigen Weg befinden, aber angekommen sind wir dort noch nicht." In der Kommunikation mit der Bevölkerung - etwa zum Impfen, in der Geschwindigkeit der Informationsbeschaffung und Entscheidungsfindung sowie im Umgang mit Daten, ihrem Austausch, ihrer Aufbereitung und Verknüpfung warten immer noch viele Herausforderungen, die hoffentlich bis zum Herbst bewältigt werden.
Um weiter ein Auge auf die Entwicklung zu haben, sieht Bergthaler gerade in Analysen von Kläranlagenproben großes Potenzial - auch für Fragestellungen nach der Pandemie. So bietet das Abwasser die Chance, eine Vielzahl an möglicherweise zirkulierenden Infektionserregern frühzeitig zu entdecken und damit einen wichtigen zukünftigen Beitrag für das öffentliche Gesundheitssystem zu leisten.