Am Samstag wurden erste Fälle der Mutation auch in Österreich nachgewiesen.
Die südafrikanische Coronavirus-Variante 501Y.V2 könnte sich womöglich stärker ausbreiten als die in Europa bisher hauptsächlich verbreitete Sars-CoV-2-Variante. Zudem könnten Antikörper-Therapien und Impfstoffe deutlich an Wirksamkeit gegen diesen Erregertyp einbüßen. Von diesen Ergebnissen berichten Wissenschaftler in zwei Fachartikeln, die vor der Veröffentlichung noch nicht durch unabhängige Fachkollegen begutachtet wurden.
Zweite Ansteckung
Die Forscher schreiben weiter, dass die Mutationen auch dazu führen könnten, dass sich Covid-19-Genesene mit der neuen Variante ein zweites Mal anstecken. Die Coronavirus-Variante 501Y.V2 - auch als B.1.351 bekannt - wurde in Südafrika zuerst entdeckt und ist mittlerweile in zahlreichen Ländern, auch in Österreich und Deutschland, nachgewiesen worden. Sie zeichnet sich unter anderem durch mehrere Mutationen aus, die das sogenannte Spike-Protein des Virus verändern. Dieses Eiweiß nutzt das Virus, um sich an die Körperzellen anzuheften und schließlich in sie einzudringen.
Die Gruppe um Gard Nelson von der Firma ImmunityBio in Culver City (Kalifornien, USA) untersuchte die Auswirkungen der genetischen Veränderungen nun mit Hilfe von Computersimulationen. Sie bezogen drei Mutationen in einer zentralen Region des Spike-Proteins in ihre Untersuchung ein. Die Analyse zeigte, dass das Virus dank der drei Mutationen noch besser an die Zellen anheften kann als etwa die mutierte britische Variante, für die ebenfalls eine bessere Übertragbarkeit angenommen wird. Die effektivere Bindung macht das Virus also ansteckender.
Spike-Protein
Das Spike-Protein ist auch der Ort, an dem die Antikörper angreifen, die das Immunsystem nach einer Infektion oder einer Impfung bildet oder die im Rahmen einer Therapie verabreicht werden. Bei den betrachteten Änderungen bestehe die Gefahr, dass die Antikörper das Virus nicht mehr "erkennen", schreiben Nelson und Kollegen weiter.
Das südafrikanische Team um Penny Moore vom nationalen Gesundheitslabordienst NHLS in Johannesburg (Südafrika) untersuchte die Wirkung von neun Mutationen der Variante 501Y.V2, die das Spike-Protein betreffen. Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass drei monoklonale Antikörper, die bei einer Therapie gegen eine Sars-CoV-2-Infektion verabreicht werden, bei der südafrikanischen Variante als Folge der Mutationen nicht mehr wirken.
Bei Laborversuchen mit Blut von genesenen Covid-19-Patienten stellten sie fest, dass die darin enthaltenen Abwehrstoffe eine Infektion von Zellen mit der südafrikanischen Virusvariante in vielen Fällen nicht verhindern konnten. Dieses Ergebnis deute auf eine erhöhte Gefahr einer Reinfektion hin, schreiben die Wissenschaftler.
Muss Impfstoff angepasst werden?
Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, weist darauf hin, dass die südafrikanischen Virologen nicht das Blut von Geimpften untersucht haben: "Nach einer Impfung sind deutlich mehr Antikörper im Blut, als es bei den meisten der ehemaligen Covid-19-Patienten der Fall war." Erst eine Untersuchung an Blut von geimpften Patienten könne Klarheit bringen, ob ein Impfstoff an die neue Variante angepasst werden müsse oder nicht.
Christian Drosten von der Berliner Charité betonte kürzlich zudem die Bedeutung der T-Zellen in der Immunantwort des Körpers. "Wenn ein Virus an irgendeiner Stelle eine Mutation hat, ändert das nichts an der T-Zell-Immunität. Insofern glaube ich nicht, dass wir mit einem Ausfall der Impfstoffe rechnen müssen", sagte er am Freitag in einem Gespräch mit dem Magazin "Der Spiegel". Eine Variante, die genesene Covid-19-Patienten erneut infizieren könne, habe wahrscheinlich keinen Vorteil in einer nicht immunen Bevölkerung wie in Deutschland.
Anders bewertet Impfstoff-Forscher Torben Schiffner von der Universität Leipzig die südafrikanische Studie. "Diese Daten sind deutlich schlechter, als ich erwartet hatte, und deuten darauf hin, dass die Impfstoffe vermutlich früher oder später angepasst werden müssen", sagte er am Mittwoch in einem Gespräch mit dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR).