Sechs Monate bedingt

Trotz positiven Corona-Tests zur Arbeit gegangen: Wiener Bauarbeiter verurteilt

17.08.2020

Sechs Monate bedingt und 1.000 Euro Geldstrafe für 58-Jährigen, der Jobverlust befürchtete.

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Wien. Ein 58-jähriger Bauarbeiter ist am Montag am Wiener Landesgericht verurteilt worden, weil er am 20. April arbeiten ging, obwohl er wenige Tage zuvor positiv auf das Coronavirus getestet worden war. Er habe sich "eigentlich nicht krank" gefühlt und den Verlust seines Jobs befürchtet, wäre er zu Hause geblieben, machte der Mann geltend.
 
"Ich bin nicht mehr jung. Ich habe auch Angst gehabt, dass ich meine Arbeit verliere", gab der Angeklagte zu Protokoll. Überdies sei er weitgehend nur Bagger gefahren und habe eine Maske getragen, weshalb er keine Gefahr für andere dargestellt habe.
 
Dem widersprach ein Vertreter der Firma, bei der der 58-Jährige beschäftigt war und nach wie vor ist. Der Mann habe zunächst an einer Sicherheitsbesprechung am Firmengelände teilgenommen und sei dann mit einer vierköpfigen Partie auf eine Baustelle gefahren. Dort erfuhr der Polier vom 58-Jährigen, dass dessen Ehefrau an Covid-19 erkrankt war, er selbst ebenfalls positiv getestet worden war und sich in behördlich angeordneter Heimquarantäne befinden hätte sollen. Der Polier verständigte die Firmenleitung, der 58-Jährige wurde unverzüglich nach Hause geschickt.
 
Er habe den behördlichen Bescheid, mit der ihm die Einhaltung der Heimquarantäne aufgetragen wurde, "nicht richtig verstanden", erklärte der Angeklagte, ein gebürtiger Türke, der seit 31 Jahren in Österreich lebt. Vor Gericht bedurfte er der Dienste einer Dolmetscherin. "Es war nicht meine Absicht, die Krankheit zu verbreiten und Leute in Gefahr zu bringen", übersetzte diese die Beteuerung des Mannes.
 
Tatsächlich habe der 58-Jährige keinen Kollegen angesteckt, die in weiterer Folge auf SARS-CoV-2 getestet worden waren, teilte der Vertreter der Firma Richter Christian Gneist mit. Der Arbeitsplatzverlust wäre bei einer Covid-19-Erkrankung keinesfalls Thema gewesen: "Es war die Kurzarbeitsperiode. Es hat ganz klare Vorgaben gegeben, wie mit der Quarantäne umzugehen ist."
 
Bei einer Strafdrohung von bis zu drei Jahren fasste der Angeklagte am Ende wegen vorsätzlicher Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten (§ 178 StGB) sechs Monate bedingt plus eine unbedingte Geldstrafe von 1.000 Euro (100 Tagessätze zu je zehn Euro) aus. Sollte er die 1.000 Euro nicht bezahlen können, muss der Mann 50 Tage Ersatzarrest absitzen. Der bisher Unbescholtene erklärte sich mit dem Urteil einverstanden, ersuchte allerdings um eine Ratenzahlung. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
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