Zulassungsprozess in Großbritannien soll diese Woche starten.
Washington/London. In den USA und Großbritannien kann bald ein weiterer Corona-Impfstoff eingesetzt werden. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat am Samstag dem Vakzin des US-Konzerns Johnson & Johnson die Notfallzulassung erteilt. US-Präsident Joe Biden zeigte sich "begeistert" und sprach von einer wichtigen Etappe bei der Bewältigung der Pandemie. In Großbritannien soll einem Bericht des "Telegraph" (Sonntagsausgabe) "sehr wahrscheinlich" diese Woche der Zulassungsprozess starten.
Für eine Notfallzulassung der FDA gelten vergleichsweise niedrige Hürden. Vereinfacht gesagt muss dafür sichergestellt sein, dass ein Medikament oder Impfstoff nachweisbar mehr hilft als schadet. Eine reguläre Zulassung ist ein wesentlich langwierigerer Prozess.
Die vorliegenden Daten zum Johnson & Johnson-Impfstoff zeigten, "dass die bekannten und potenziellen Vorteile des Vakzins seine bekannten und potenziellen Risiken überwiegen", hieß es in der FDA-Mitteilung. Basis dafür seien Tests mit Zehntausenden Probanden in mehreren Ländern. Die Notfallzulassung gilt für den Einsatz des Wirkstoffs bei Menschen ab 18 Jahren. Daten zur Dauer des Impfschutzes lägen noch nicht vor, erklärte die FDA. Auch gebe es keine belastbaren Erkenntnisse dazu, ob Geimpfte das Virus SARS-CoV-2 übertragen.
Anders als die Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna sowie Astrazeneca braucht das J&J-Vakzin keine zweite Teilimpfung, um wirksam zu sein. US-Präsident Biden wertete die Notfallzulassung am Samstagabend (Ortszeit) als "ermutigende Entwicklung in unserem Bemühen, die Krise zu beenden". Die zuvor von der US-Arzneimittelbehörde FDA erteilte Notfallzulassung sei aber kein Grund zur Entwarnung, auch wenn es "Licht am Ende des Tunnels" gebe. Entscheidend sei, schnellstmöglich so viele Menschen wie möglich zu impfen und Abstands- und Hygieneregeln weiterhin einzuhalten.
Notfallzulassung Anfang Februar beantragt
Anfang Februar hatte Johnson & Johnson die Notfallzulassung für den von seiner Pharmasparte entwickelten Corona-Impfstoff bei der FDA beantragt. Mitte Februar folgte der Antrag bei der EU-Arzneimittelbehörde EMA. Die EMA erklärte, man werde das Vakzin der Johnson & Johnson-Tochter Janssen-Cilag International N.V. in einem beschleunigten Verfahren prüfen. Der zuständige Ausschuss könnte seine Bewertung Mitte März abgeben.
In Großbritannien könnte es nach dem Start des Zulassungsprozesses nur noch Wochen dauern, bis erstmals ein Vakzin zur Verfügung stehe, das nur ein einziges Mal verabreicht werden müsse. In Österreich haben in den vergangenen Tagen mehrere ÖVP-Regierungsmitglieder öffentlich eine schnellere Zulassung des J&J-Vakzins durch die europäische Arzneimittelbehörde EMA gefordert.
Johnson & Johnson hatte erst Ende Jänner ein Zwischenergebnis seiner Phase-III-Studie mit rund 44.000 Probanden bekanntgegeben, demzufolge der Impfstoff vier Wochen nach Verabreichung einen 66-prozentigen Schutz vor mittleren oder schweren Covid-19-Krankheitsverläufen biete. Die Wirksamkeit gegen schwere Erkrankungen wurde mit 85 Prozent angegeben. Die Prozentzahlen bedeuten, dass es in der geimpften Probandengruppe entsprechend weniger Fälle gab als in der Placebo-Probandengruppe. Bei einigen Konkurrenzprodukten ist die Wirksamkeit nach Studienergebnissen allerdings höher. Bei diesen sind aber zwei Impfungen erforderlich.
Bisher 28 Millionen US-Bürger mit Corona infiziert
In den USA, wo rund 330 Millionen Menschen leben, haben sich bisher mehr als 28 Millionen Menschen mit dem Erreger Sars-CoV-2 infiziert, mehr als 510.000 Menschen starben. In absoluten Zahlen gemessen sind das mehr als in jedem anderen Land der Welt. Mehr als 70 Millionen Impfstoff-Dosen sind bereits gespritzt worden.
Großbritannien ist mit 122.000 Coronatoten das in Europa am stärksten von der Pandemie getroffene Land. 4,16 Millionen Fälle wurden in dem früheren EU-Mitgliedsstaat gezählt. Das Vereinigte Königreich ist wegen eines beschleunigten Einsatzes des einheimischen Vakzins von Astrazeneca auch europaweit führend bei den Impfungen. Knapp 20 Millionen Impfungen wurden durchgeführt, wobei aber nicht einmal 800.000 Menschen auch schon die zweite Dosis erhielten.