"Mittleres bis hohes Risiko"
Wegen Corona: EU-Asylbüro rechnet mit stärkeren Fluchtbewegungen
12.05.2020Nationale Asylbehörden sollten sich deshalb schon jetzt auf einen Ausbruch in den einkommensschwachen Ländern, aus denen traditionell auch der größte Teil der Asylsuchenden in der EU kommt, vorbereiten.
Valletta/Brüssel. Zwar sind die Asylantragszahlen in der EU in den kommenden Monaten Corona-bedingt stark gesunken. Sollte sich das neuartige Virus aber in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen weiterhin stark ausbreiten, rechnet das EU-Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) mittelfristig mit einem starken Anstieg von Fluchtbewegungen aus diesen Ländern, wie es am Dienstag mitteilte.
Nationale Asylbehörden sollten sich deshalb schon jetzt auf einen Ausbruch in den einkommensschwachen Ländern, aus denen traditionell auch der größte Teil der Asylsuchenden in der EU kommt, vorbereiten. Das Risiko eines solchen Szenarios schätzt die EU-Asylbehörde auf "mittel bis hoch", wie aus einem EASO-Spezialbericht hervorgeht.
EASO führt einerseits direkte Konsequenzen eines Ausbruchs in ärmeren Ländern - Hunger, Konflikte, Sicherheitsrisiken - an, warnt aber auch vor indirekten Folgen wie etwa das Wiederaufleben der Terrormiliz "Islamischer Staat", die das derzeitige Vakuum zur Vorbereitung ihrer Rückkehr nutze.
Einkommensschwache Staaten sind anfälliger für Gefahren wie etwa Infektionen und haben weniger Kapazitäten als reichere Länder, diese zu bewältigen. So verfügen viele "Entwicklungsländer" oft nur über wenige Hundert Intensivbetten für Millionen von Einwohnern, die hygienische und medizinische Versorgung ist unzureichend. Hinzu kommt die sich aufgrund von Corona-Maßnahmen verschlechternde wirtschaftliche Situation, die die Lage von in Armut lebenden oder armutsgefährdeten Menschen weiter zuspitzt und mögliche Konflikte, die dadurch wieder aufflammen.
Im März wurden in der EU (plus Norwegen, der Schweiz, Liechtenstein und Island) 43 Prozent weniger Asylanträge gestellt als noch im Februar. Die März-Zahlen gäben aber nicht wirklich Hinweise auf längerfristige Migrationstrends, erklärte EASO schon vor wenigen Wochen. Grund für den Rückgang seien "eher die Eindämmungsmaßnahmen zu Covid-19", die auch die Arbeit der Asylbehörden beeinträchtigt hätten, sowie Grenzschließungen.