Karin Engl, Stationsleitung auf einer Covid-Intensivstation in Linz, erzählt vom Spitalsalltag
Das Spitalspersonal auf den Intensivstationen in Österreich Spitälern ist nach mehr als eineinhalb Jahren Corona-Pandemie an der Belastungsgrenze angelangt - und mittlerweile gibt es auch kein Verständnis für Ungeimpfte mehr, wie Gesundheits-und Krankenschwester Karin Engl, Stationsleitung auf einer Covid-Intensivstation im Kepler Universitätsklinikum Linz, am Samstag in der Ö1-Reihe "Journal zu Gast" erzählte.
"Wenn ein Ungeimpfter kommt, wir haben kein Verständnis mehr. Wir wissen nicht, warum man sich nicht impfen lässt und dann trotz allem - wenn es ja Corona nicht gibt - warum gehe ich dann ins Krankenhaus und hole mir Hilfe? Das ist was, was wir manchmal dann schon nicht verstehen, mit welcher Selbstverständlichkeit dann trotzdem die Hilfe und die Betreuung eingefordert wird", kritisierte Engl. Für sie gibt es mittlerweile keine Erklärung mehr dafür, warum sich Menschen weigern, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen.
Intensivstation ist voll
Jene Covid-Intensivstation im Kepler Universitätsklinikum Linz, wo sie arbeitet, ist momentan voll - mit ungeimpften Schwerstkranken. Das Gerücht, dass vor allem Geimpfte auf den Intensivstationen liegen würden, wies sie vehement zurück: "Ja, es gibt geimpfte Patienten, die trotzdem intensivpflichtig werden. Die haben alle Grunderkrankungen oder andere Erkrankungen dazu. Das ist die Minderheit. Das was erzählt wird, die Intensivstationen sind voll mit Geimpften, ist ganz einfach eine Lüge. Wir haben Wochen gehabt, da sind ausschließlich Ungeimpfte gelegen." Dann habe es eine kurze Zeit gegeben, wo auch ältere geimpfte Patienten dabei waren. "Und jetzt sind es ausschließlich wieder Ungeimpfte."
Im Zuge des Interviews unterstrich Engl, dass es zu Impfdurchbrüchen kommen könne - aber: "Fakt ist, dass die seltensten Menschen schwer erkranken, wenn sie geimpft sind und dann trotzdem positiv werden."
Personal erschöpft
Nach 20 Monaten Pandemie ist das Spitalspersonal mittlerweile ausgelaugt und erschöpft, erzählte Engl von ihrem Alltag. Während der ersten Welle sei noch jeder gewillt gewesen, Überstunden zu machen und auf den Urlaub zu verzichten. Mittlerweile würde die Zahl der Krankenstände wegen Erschöpfung steigen. Ob es zu der befürchteten Kündigungswelle beim Gesundheitspersonal nach der vierten Corona-Welle kommen wird, weiß sie nicht - wie wohl Bedenken und Ängste in die Richtung gehend da sind. Sie unterstrich: "Es ist fünf nach zwölf." Kritik übte sie dabei an der Gesellschaft und an der Politik und deren Kommunikation bzw. deren Versäumnisse in der Impfpolitik.
"Woher die Motivation jetzt noch bei allen unseren Kollegen kommt, weiß ich nicht", so Engl. Sie erzählte weiter: "Es gibt Tage, da weinen nicht nur die jungen Schwestern, sondern auch die alten Schwestern und auch ich - aber eher aus Verzweiflung. Wenn wir nicht wissen, wie wird es morgen sein." Im Intratnet des Krankenhauses könnten sie mitverfolgen, wie viele Patienten aufgrund von Covid-19 aufgenommen würden. "Die steigen ganz steil an und dann wissen wir: Die, die heute kommen sind in einer Woche zu einem gewissen Prozentsatz bei uns. Und wenn jetzt die Station voll ist, frage ich mich, wo legen wir die, die heute kommen nächste Woche hin, wenn nicht wieder wer stirbt, der ein Bett freimacht?"
Wenig hoffnungsfroh ist Engls Blick in die Zukunft: "Die vierte Welle jetzt, befürchte ich, wird nicht unsere letzte sein. Die Pandemie ist nicht vorbei. Sie war nicht vorbei und sie wird meines Erachtens auch nicht so schnell vorbei gehen."