Die Digital-Währung war jetzt fast so teuer wie eine Feinunze Gold.
Die Digitalwährung Bitcoin befindet sich im Höhenflug. Den Erfolg der umstrittenen Währung beflügelt vielfach die Not der Anleger etwa aus Schwellenländern. Für viele dürfte der Bitcoin mehr Notfalllösung als Wunschkandidat sein.
Am Bitcoin scheiden sich die Geister. Für die einen ist es eine zwielichtige Pseudowährung, die vor allem Geldwäschern und Spekulanten dient. Für die anderen hat die Digitalwährung das Potenzial, zum Zahlungsmittel der Zukunft zu werden. Jetzt schießt der Wert des Bitcoin immer weiter in die Höhe und befindet sich auf Rekordniveau. Setzt sich die gerade einmal acht Jahre alte Digitalwährung nun endgültig durch, oder ist ein rasanter Absturz schon programmiert?
Enorme Wertsteigerung
2016 war ein Jubeljahr der Bitcoin-Freunde. Wer vor einem Jahr Bitcoins für US-Dollar gekauft hat und sein Geld jetzt wieder zurück tauscht, der hat heute weit mehr als doppelt so viel wie damals. Die Wertsteigerung des Bitcoin lässt die aller wichtigen Währungen und Aktienindizes hinter sich. Allein seit Anfang Dezember schoss die Digitalwährung um fast 50 Prozent in die Höhe.
Am Donnerstag (5. Jänner) war ein Bitcoin erstmals über 1.161 Dollar wert. Das ist fast so viel wie eine Feinunze Gold (circa 31,1 Gramm) kostet. Und die Bitcoin-Freunde sehen kein Ende. "Ich erwarte, dass der Bitcoin noch einmal mindestens um weitere 100 Prozent zulegen wird", sagt Marco Krohn, Finanzchef des Bitcoin-Dienstleisters Genesis Mining.
Die wahren Gründe des Höhenflugs
Viele Bitcoin-Fans argumentieren zwar, dass immer mehr Verbraucher und Firmen auf den Bitcoin setzten. Sprich: Die Digitalwährung setze sich allmählich als Zahlungsmittel durch. Doch selbst die hartgesottenen unter ihnen räumen ein, dass der rasante Höhenflug zurzeit ganz andere Gründe hat. Denn die US-Notenbank Fed hat Ende 2016 zum zweiten Mal seit der Finanzkrise ihren Leitzins angehoben und weitere Erhöhungen in Aussicht gestellt. Das lässt den Wert des Dollar steigen und setzt im Gegenzug insbesondere Währungen von Schwellenländern unter Druck. "Die Fed hat wahrscheinlich eine Menge Anleger in Schwellenländern verschreckt, die nun in Scharen zu Bitcoins kommen", sagt Thomas Glucksmann von der Bitcoin-Handelsplattform Gatecoin.
Insbesondere China kämpft mit Abwertungsdruck auf seine Landeswährung Yuan (Renminbi). Auch Malaysia hat mit einer immensen Kapitalflucht zu kämpfen. In Indien und Venezuela sorgen unterdessen Bargeldreformen für zusätzliche Verunsicherung. Und in der Türkei sind es vor allem politische Turbulenzen und Terror, die Anleger vertreiben.
Bitcoin gewährt Anonymität
Normalerweise würde alles das den Bitcoin nicht unbedingt stützen. Denn als typischer sicherer Hafen gelten eher Weltwährungen wie der Dollar. Aber: Immer mehr Schwellenländer versuchen, den Kapitalverkehr einzuschränken, um zu starke Abwertungen ihrer Währungen zu verhindern. Jüngsten Medienberichten zufolge will beispielsweise Chinas Führung Exporteure dazu verpflichten, ihre in Dollar erhaltenen Einnahmen in Yuan umzutauschen. "Wenn an diesen Meldungen etwas dran sein sollte, wäre das ein Hinweis, dass die Regierung in Peking über die anhaltende Kapitalflucht höchst besorgt ist", sagt Hao Zhou, Devisen-Experte bei der Commerzbank.
An diesem Punkt kommt der Bitcoin ins Spiel, denn er gewährt Anonymität. Durch die sogenannte Blockchain-Technologie werden alle Transaktionen in Bitcoin auf den Rechnern der Nutzer als neues Stück einer immer länger werdenden Kette von Informationen erfasst. So soll sichergestellt werden, dass ohne eine zentrale Kontrollinstanz - bei offiziellen Währungen die Zentralbanken und das jeweilige Bankensystem - und trotz Anonymität der Nutzer keine falschen Transaktionen durchgeführt werden können. Im Schatten der Anonymität können Anleger etwa Yuan in Bitcoins umtauschen. Je mehr Versuche es gibt, den Kapitalverkehr einzuschränken, umso mehr profitiert daher die Digitalwährung.
Notlösung mit fragwürdiger Sicherheit
Doch dies zeigt auch: Der Bitcoin ist als Ziel der Kapitalflucht weniger Wunschkandidat als Notfalllösung. Es ist also fraglich, ob der Bitcoin-Aufschwung von Dauer sein wird. Denn Wertstabilität als eigentlich wichtigstes Merkmal eines sicheren Hafens kann die Digitalwährung bisher nicht vorweisen. Ende 2013 war der Bitcoin ähnlich wie jetzt rasant gestiegen. Dann folgte der Absturz - von über 1.100 auf unter 200 Dollar. Auslöser war seinerzeit die Insolvenz des wichtigen Bitcoin-Handelsplatzes Mt. Gox. Angeblich durch einen Hackerangriff waren unzählige Bitcoins über Nacht von den Konten der Nutzer verschwunden. Der Betreiber musste dicht machen.
Dass die Digitalwährung beim Thema Sicherheit bisher nicht punkten kann, zeigte sich auch im August 2016. Nach einem Hackerangriff auf die Tauschbörse Bitfinex stürzte der Wert der Währung ab. Eingefleischte Bitcoin-Fans lassen sich davon nicht beirren - kein Wunder, haben doch viele von ihnen zuletzt sehr viel Geld mit den digitalen Münzen verdient. Wer sein Geld aber sicher anlegen will, der dürfte unter Bitcoin-Liebhabern in schlechter Gesellschaft sein.
Allzeithoch knapp verpasst - es geht bereits bergab
Und die Befürchtungen der Skeptiker scheinen sich zu bestätigen. Denn die virtuelle Währung hat am Donnerstag ein neues Allzeithoch knapp verpasst. Nachdem sie zunächst die Schwelle von 1.100 Dollar (1.054 Euro) überschritt und ihrem bisherigen Höchststand nahe kam, verlor die Währung im Tagesverlauf zeitweise 20 Prozent an Wert. Am Abend entsprach sie laut dem Bitcoin-Preisindex "nur" noch gut 950 Dollar.