Neuer starker Mann

Blackberry: Deutscher Chef soll´s richten

23.01.2012

Thorsten Heins soll "Research in Motion" wieder in Schwung bringen.

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© Reuters
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Der ehemalige Siemens-Manager Thorsten Heins soll den kanadischen Blackberry-Hersteller  Research in Motion (RIM) aus der Krise führen. Heins sei mit sofortiger Wirkung zum neuen Chef berufen worden, teilte RIM in der Nacht zum Montag mit. Der 54-jährige Ingenieur aus Deutschland ist kein Neugang, er kam bereits 2007 in das Unternehmen und war zuletzt einer der beiden Vorstände für das operative Geschäft.

Ende einer Ära
Mit dem Führungswechsel endet eine Ära: Das bisherige Spitzen-Duo Mike Lazaridis und Jim Balsillie hat das 1985 als Start-Up gegründete Unternehmen zu einem globalen Konzern mit einem Jahresumsatz von 20 Mrd. Dollar (15,5 Mrd. Euro) aufgebaut. RIM stellt den Blackberry her, der lange als Statussymbol für Manager galt. Nun droht der Konzern aber zunehmend den Anschluss an die Konkurrenz von Google und Apple zu verlieren. Der Absturz der RIM-Aktie auf den niedrigsten Stand seit acht Jahren hat bereits Spekulationen genährt, der einstige Smartphone-Vorreiter könne gar verkauft oder zerschlagen werden.

Kehren die goldenen Zeiten zurück?
Investoren setzten das Unternehmen zuletzt kräftig unter Druck, mit einem neuen Mann an der Spitze die Produktpalette zu verbessern und an die goldenen Zeiten des Konzerns anzuknüpfen. "Es ist die erste positive Tat seit Monaten", sagte Analyst Ed Snyder von Charter Equity zu dem Führungswechsel. "Aber mein Eindruck ist, dass lediglich ein Kopf ausgetauscht wurde." Auch Michael Urlocker von GMP Securities äußerte sich skeptisch: "Ich bin mir nicht sicher, ob ein Ingenieur als neuer Chef wirklich die zentralen Probleme von RIM angehen kann." Viele Beobachter hatten für einen Neuanfang auf ein frisches Gesicht von außerhalb des Konzerns gehofft.

Lazaridis und Balsillie haben seit rund zwei Jahrzehnten sowohl den Posten des Konzernchefs als auch den des Direktoriumsvorsitzenden gemeinsam ausgeübt. Auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz in Waterloo, dem Hauptsitz des Unternehmens, erklärten sie: "In jeder erfolgreichen Firma müssen die Gründer irgendwann erkennen, dass die Zeit gekommen ist, den Stab an eine neue Führung zu übergeben ... dieser Moment ist nun gekommen." Die beiden bleiben als Großaktionäre Mitglieder im Direktorium des Konzerns. Neue Vorsitzende des Gremiums wird Barbara Stymies, die auch bisher bereits ein Mandat innehatte. Sie hat früher die Toronto Stock Exchange geleitet.

Hatte bei Smartphones viel zu sagen
Heins war während seiner Karriere bei RIM auch für das Smartphone-Geschäft verantwortlich und hat das Produktportfolio maßgeblich mitbestimmt. Im Dezember 2007 wechselte er von Siemens nach Übersee. Beim Münchner Konzern hatte seine Karriere im Jahr 1984 begonnen nach dem Abschluss seines Studiums in Hannover. In München brachte er es bis zum Chef der Technologiesparte des einst riesigen Kommunikationssegments. Den Niedergang dieses Geschäfts konnte er allerdings nicht verhindern: Nach der Pleite des verlustreichen Handybereichs unter der Taiwaner BenQ stieg Siemens nach und nach aus dem Telekommunikationsgeschäft aus. In der Schmiergeldaffäre des Unternehmens entpuppte sich die Kommunikationssparte als besonders korruptionsverseucht.

Heins kündigte an, er werde sich in seiner neuen Aufgabe für eine entschlossenere Produktentwicklung einsetzen. Kritiker bemängeln seit längerem, dass sich RIM zu spät und nicht umfassend genug auf das Privatkundengeschäft gestürzt hat. Apples iPhone oder die zahlreichen Geräte mit Googles Android-Software zogen mühelos am Blackberry vorbei. Auch Apples erfolgreichem iPad setzte RIM erst spät einen eigenen Tablet-PC, das PlayBook , entgegen - bei Markteinführung vergangenes Frühjahr dann auch noch ohne die zentralen Email-Funktionen des Blackberry. Der iPad-Rivale kostete RIM beretis mehrere Millionen Dollar.

Ausfall verärgerte Nutzer
Ein tagelanger Ausfall der Blackberry-Internetdienste hatte im Oktober viele Nutzer verärgert (wir berichteten), die vor allem nicht auf ihre E-Mails zugreifen konnten. Zudem bemängeln Kritiker, dass das Betriebssystem der Blackberrys nicht mehr auf der Höhe der Zeit sei. "In diesem Jahr bringen wir unser erstes Gerät mit dem neuen Betriebssystem Blackberry 10 heraus", sagte Heins. "Das ist ein großer Schritt."

Gerüchte um Software
Einige Beobachter erwarten, dass RIM auf eine Strategie zur Lizenzierung seiner Software umschwenkt. Doch Heins erteilte solchen Gedanken direkt eine Absage. Eine solche Strategie wäre falsch, sagte er. Allerdings werde die Firma selbstverständlich offen für Gespräche in diese Richtung sein.

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