Gesamtes Potenzial der Technologie ist noch nicht wirklich klar.
Blockchain ist in aller Munde. In diese Technologie setzen Unternehmen aus vielen Branchen große Hoffnungen. Der Durchbruch lässt allerdings auf sich warten. "Die Blockchain befindet sich auf dem Stand des Internets Mitte der 90er Jahre", sagt LBBW-Volkswirt Guido Zimmermann. "Die Technologie ist zwar prinzipiell vorhanden, das Potenzial ist aber noch nicht wirklich klar. Viele Spieler probieren sich aus und suchen nach Anwendungsmöglichkeiten", meint Zimmermann.
Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was ist Blockchain?
"Blockchain funktioniert wie ein digitales Grundbuch, das öffentlich alle getätigten Transaktionen festhält", sagt Jens-Thorsten Rauer, beim IT-Dienstleister DXC zuständig für das Geschäft mit der Finanzbranche. Die Software sammelt Daten von Transaktionen wie Überweisungen, fasst sie zu Blöcken zusammen und hängt sie aneinander. Diese Technologie wurde ursprünglich für die digitale Währung Bitcoin entwickelt. Sie kann aber auch für Warenbestellungen oder als digitaler Ausweis genutzt werden.
Was ist das Besondere an Blockchain?
Der größte Pluspunkt ist die Datensicherheit. Sämtliche Informationen werden verschlüsselt gespeichert. Außerdem verwaltet jeder Nutzer eine Kopie der Datenbank. Es ist also praktisch unmöglich, diese unbemerkt zu manipulieren. Dadurch werden zentrale Kontroll- und Steuerungsinstanzen wie Banken, die sicherstellen, dass das Geld auf dem richtigen Konto landet, im Zahlungsverkehr eigentlich überflüssig.
Gleichzeitig sind alle Transaktionen anonym, weil Nutzer nur ihre Kennung preisgeben müssen. Absolute Sicherheit garantiere das dennoch nicht, warnt DXC-Experte Rauer. Über einen Abgleich mit anderen Online-Aktivitäten ließen sich Personen eben doch identifizieren.
Wie funktioniert Blockchain?
Die Blockchain-Software sammelt die Informationen, verschlüsselt sie und hängt sie an die Datenbank. Dabei erhält jede Transaktion einen Zeitstempel, ebenso jeder Block, der aus mehreren Transaktionen gebildet wird. Dies verhindert Doppelungen und stellt sicher, dass die anschließend an alle Nutzer verteilten neuen Datensätze in der richtigen Reihenfolge an die Blockchain angehängt werden.
Zusätzlich wird in jedem Block der sogenannte Hash-Wert des vorangehenden Blocks gespeichert. Dabei handelt sich um eine Prüfsumme, quasi ein digitaler Fingerabdruck. So wird sichergestellt, dass kein Block manipuliert oder unbemerkt aus der Datenbank entfernt werden kann.
Darüber hinaus wird jeder Block durch die Lösung komplexer mathematischer Formeln auf Echtheit geprüft - validiert. Die notwendige Rechenpower stellen bei Bitcoin sogenannte "Miner" ("Schürfer") zur Verfügung. Sie werden dafür in der digitalen Währung entlohnt. Je länger die Datenkette, desto aufwendiger und langwieriger wird die Validierung neuer Blöcke.
Welche Nachteile hat Blockchain?
Hauptkritikpunkt an der Blockchain ist die mangelnde Geschwindigkeit der Datenverarbeitung im Massenbetrieb - also wenn Millionen Nutzer gleichzeitig Geld überweisen oder mit Bitcoin & Co bezahlen wollten. Verschlüsselung und Organisation der Datenbestände benötigen Zeit und Rechenpower. Die vom weltgrößten Softwarehaus Microsoft entwickelte Blockchain mit Namen "Coco" kann etwa 1600 Transaktionen pro Sekunde verarbeiten. Zum Vergleich: Das Netzwerk des Kreditkarten-Anbieters Visa bewältigt 15-mal so viel.
Da diese Technologie noch relativ neu ist, fehlen auch verbindliche gesetzliche Rahmenbedingungen. Unklar ist beispielsweise, wer bei Fehlern bei der Eingabe oder der Programmierung der Blockchain haftet. Experten rechnen allerdings bald mit Lösungen auch für diese Fragen. "Die Einstellung der Regulierungsbehörden ist dieser neuen Technologie gegenüber erstaunlich offen und freundlich gesinnt", betont LBBW-Volkswirt Zimmermann. "Nicht zuletzt, weil sie Kontrahentenrisiken senkt, Geldwäsche verhindert und der Regulierung bei der Datenerfassung hilft."
Umweltschützern ist Blockchain ein Dorn im Auge, weil die Validierung Rechenleistung und damit Energie frisst. Schätzungen zufolge verbraucht allein die Abwicklung von Bitcoin-Transaktionen jährlich mehr als 4,4 Milliarden Megawatt-Stunden Strom, schreiben Don und Alex Tapscott in einem Weißbuch für das Weltwirtschaftsforum. Das entspricht dem Bedarf einer deutschen Großstadt.
Wo kommt Blockchain zum Einsatz?
Am weitesten verbreitet ist diese Technologie bei virtuellen Währungen wie Bitcoin. Fast täglich kommt neues Cyber-Geld auf den Markt. Auch für Börsenbetreiber ist diese Technologie ein Thema, weil dadurch Wertpapiere ohne Banken oder andere Mittelsmänner den Besitzer wechseln können. Die Deutsche Börse arbeitet an diversen Blockchain-Projekten, unter anderem in Zusammenarbeit mit der Bundesbank. Daneben tüfteln zahlreiche Banken wie die niederländische ING oder die britische Barclays Bank an Pilotprojekten für volldigitalen Rohstoffhandel. Energieversorger denken darüber nach, wie Kunden an Ladestationen für Elektro-Autos mittels Blockchain bezahlen können.
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