Soziales Netzwerk muss wegen Datenalysefirma ordentlich einstecken.
Facebook gerät durch eine neue Datenaffäre in Europa und den USA immer stärker unter Druck. Ein Sprecher der britischen Premierministerin Theresa May sagte am Montag, die Regierungschefin sei sehr beunruhigt, weil die britische Firma Cambridge Analytica mutmaßlich Daten von Millionen Facebook-Nutzern unerlaubt für Wahlwerbung nutzte. Die Daten von Bürgern müssten geschützt werden.
In den USA forderten zwei Senatoren, dass Facebook-Chef Mark Zuckerberg wegen der Enthüllungen vor einem Gremium der Kongresskammer aussagt. Auch die EU-Abgeordneten wollen das Internet-Netzwerk unter die Lupe nehmen.
50 Millionen Facebook-Mitglieder
Die "New York Times" und der britische "Observer" hatten am Wochenende berichtet, dass Cambridge Analytica die privaten Daten von mehr als 50 Millionen Facebook-Mitgliedern anzapfte, um 2016 den US-Wahlkampf von Donald Trump zu unterstützen. Facebook selbst hatte bereits am Freitag erklärt, man habe 2015 erfahren, dass ein Professor der Universität Cambridge den Konzern belogen habe. Demnach nutzte er eine Psychologietest-Software, um Daten an Cambridge Analytica weiterzuleiten. Die Accounts der beteiligten Forscher und Firmen sind nach Angaben von Facebook inzwischen gesperrt.
In Großbritannien gerät auch der Chef von Cambridge Analytica, Alexander Nix, ins Visier. Der Vorsitzende des Digitalausschusses, Damian Collins, warf Nix vor, das Gremium bewusst getäuscht zu haben. Der Manager hatte im Februar gesagt, seine Firma nutze Facebook lediglich als Werbeplattform. "Wir nutzen Facebook-Daten nicht, und wir besitzen keine Facebook-Daten", hieß es damals.
Zuckerberg soll vor Senat aussagen
EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani kündigte eine Untersuchung an. Es werde geprüft, ob Daten missbraucht worden seien. Zugleich rief er Facebook zu mehr Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit Daten auf. Die EU-Kommission bezeichnete den Missbrauch persönlicher Daten für politische Zwecke als "nicht akzeptabel". EU-Justizkommissarin Vera Jourova will in dieser Woche bei ihrem US-Besuch mit dem Konzern und der Regierung in Washington über die Affäre sprechen.
In den USA forderten der republikanische Senator John Kennedy und seine demokratische Kollegin Amy Klobuchar Facebook-Chef Zuckerberg auf, sich zu erklären. In einem gemeinsamen Brief an den Vorsitzenden des Justizausschusses, Chuck Grassley, sprachen sie sich zudem dafür aus, auch die Chefs der Google-Mutter Alphabet und des Kurznachrichtendienstes Twitter vorzuladen. Die drei Unternehmen sammelten so viele Nutzerdaten wie nie zuvor. Die Abgeordneten beklagten zudem eine mangelnde Kontrolle darüber, wie Daten gespeichert werden und politische Werbung verkauft wird. Dies gebe im Hinblick auf Wahlen und Datenschutz Anlass zur Sorge.
30 Milliarden Dollar verbrannt
Auch Facebook-Investoren zeigten sich alarmiert: Die Aktie fiel im New Yorker Handel um 7,5 Prozent. Damit wurden an nur einem Tag rund 30 Milliarden Dollar verbrannt. Der Analyst Brian Wieser vom Brokerhaus Pivotal Research zeigte sich überzeugt, dass Facebook mehr Druck von der Politik bekommen wird. "Das ist nach unserer Ansicht ein weiterer Hinweis auf systembedingte Probleme bei Facebook."
Sicherheitschef verlässt Facebook
Facebooks Umgang mit Userdaten hat auch personelle Konsequenzen. Der Sicherheitschef von Facebook verlässt der "New York Times" zufolge den Konzern nach einem Streit über den Umgang mit einer mutmaßlichen russischen Desinformationskampagne. Alex Stamos habe sich innerhalb des weltgrößten Sozialen Netzwerks dafür starkgemacht, diese Vorgänge zu untersuchen und öffentlich zu machen, berichtete die Zeitung.
Damit sei er jedoch oft bei der Konzernspitze angeeckt, etwa bei Sheryl Sandberg, zuständig für das operative Geschäft. Nachdem im Dezember seine Aufgaben anderen zugeteilt worden seien, habe Stamos beschlossen, Facebook zu verlassen. Das Management habe jedoch befürchtet, dass dies einen schlechten Eindruck machen könnte und ihn dazu bewegt, bis August zu bleiben. Facebook habe zunächst zu den Angaben nicht Stellung gekommen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf frühere und gegenwärtige Mitarbeiter weiter.
Facebook war nach der Präsidentschaftswahl 2016 vorgeworfen worden, nicht genug gegen mutmaßliche russische Wahlbeeinflussung unternommen zu haben. Kongressabgeordnete hatten eine stärkere Regulierung des Konzerns ins Gespräch gebracht. Diese Forderung wurde im Rahmen der aktuellen Datenaffäre wieder laut.