"Recht auf Vergessenwerden" kommt - Mindestalter für Soziale Netzwerke steigt.
Europas Internet-Nutzer bekommen künftig mehr Kontrolle über ihre persönlichen Daten. Nach fast vier Jahren Debatten hat die EU eine Datenschutzreform beschlossen, die die Regeln von 1995 ersetzen soll. Vertreter von EU-Kommission, Europaparlament und EU-Staaten einigten sich am Dienstagabend auf einen Kompromiss. Die neue Verordnung soll voraussichtlich Anfang 2018 in Kraft treten.
Unter anderem erhalten Nutzer das Recht, Informationen leichter wieder löschen zu lassen ("Recht auf Vergessenwerden") und Daten von einem Anbieter zum nächsten mitzunehmen ("Portabilität").
Altersbeschränkung für Facebook & Co.
Zugleich wird das Alter, ab dem man sich bei Online-Netzwerken wie Facebook oder WhatsApp anmelden darf, in einigen europäischen Ländern von 13 auf 16 Jahre steigen. Bei dem vereinbarten Kompromiss sei grundsätzlich ein Alter von 16 Jahren für die Einwilligung zur Datenverarbeitung vorgesehen, außer wenn nationales Recht die Marke tiefer setze, erklärte die EU-Kommission. Auf jeden Fall müssten die Kinder allerdings mindestens 13 Jahren alt sein.
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Internet-Konzerne wie Google, Facebook & Co müssen sich die Zustimmung zur Datennutzung ausdrücklich einholen und ihre Produkte datenschutzfreundlich voreinstellen. An die neuen Regeln müssen sich nicht nur europäische Unternehmen, sondern auch etwa US-Firmen halten. Wenn Anbieter gegen die Regeln verstoßen, drohen ihnen hohe Strafen von bis zu vier Prozent ihres Jahresumsatzes.
Sprachliche Barriere fällt
Hat ein Verbraucher ein Problem mit einem Anbieter in einem anderen EU-Land, soll er sich künftig in seiner Sprache an die heimische Beschwerdestelle wenden können. Bisher war dies nicht möglich, so musste etwa der Österreicher Max Schrems in Irland gegen Facebook klagen.
Neu ist, dass in allen 28 EU-Ländern künftig gleich hohe Standards gelten - bisher war dies sehr unterschiedlich geregelt. Datenschutz-Oasen soll es somit in Europa nicht mehr geben. Anbieter werden auch verpflichtet, so schnell wie möglich über Datenlecks zu informieren, damit Nutzer handeln können.
Die Vereinbarung sei ein "riesiger Schritt in Richtung eines digitalen Binnenmarktes", betonte Andrus Ansip, der zuständige Vize-Präsident der EU-Kommission. Dank "solider gemeinsamer Standards" könnten die Bürger künftig die Verwendung ihrer personenbezogenen Daten kontrollieren.
Änderungen waren überfällig
Die Reform löst seit 20 Jahren geltendes Recht ab, das vor allem wegen der rasanten Entwicklung des Internets als nicht mehr zeitgemäß gilt. Damals waren soziale Netzwerke wie Facebook ebenso wenig ein Massenphänomen wie das groß angelegte Sammeln von Verbraucherdaten durch weltweit agierende Internetkonzerne wie Google. Parallel wurde von Unterhändlern des Parlaments, des EU-Rats und der Kommission auch ein Kompromiss über eine Datenschutzrichtlinie erzielt, die Vorgaben für Polizei und Justizbehörden beim Umgang mit Daten macht.
Die Einigung wurde im sogenannten Trilog-Verfahren erzielt und muss noch formal vom EU-Ministerrat und dem EU-Parlament angenommen werden. Die Vorlage geht daher zunächst an den Innenausschuss des Europaparlaments, der am Donnerstagvormittag über die Reform abstimmen soll. Das Votum im Plenum des Parlaments könnte dann im Jänner oder Februar erfolgen. Gibt es grünes Licht, soll die Reform nach einer zweijährigen Übergangsphase Anfang 2018 geltendes Recht werden.
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