Offenes Internet, Roaming:
EU will einheitlichen Telekom-Markt
12.09.2013Ab 2016 sollen Handytelefonate im EU-Ausland nicht mehr kosten als im Inland.
Europa hat nach Ansicht der EU-Kommission in der Telekommunikationsbranche den Anschluss verloren. Koreaner und Japaner verfügen über Datenautobahnen, von denen Deutsche oder Franzosen nur träumen können. Die schicksten Mobiltelefone kommen mittlerweile aus Fernost oder aus dem Silicon Valley, während Handy-Pionier Nokia sich selbst verkauft. Für die Brüsseler Kommission ist das alles Anlass genug, um Alarm zu schlagen. Die Wende soll nun ein neues Bündel von Vorschlägen für einen Telekom-Markt aus einen Guss bringen. Federführend ist dabei Telekom-Kommissarin Neelie Kroes. Bevor der Entwurf Gesetz wird, müssen noch die 28 Mitgliedsländer und das EU-Parlament zustimmen. Anbei die wichtigsten Vorschläge:
Roaming
Die bisher üblichen Extrakosten für Handytelefonate ins EU-Ausland sollen ab Mitte 2014 schrittweise abgebaut werden. Bis 2016 sollen die Auslandsaufschläge defacto verschwinden. Bei der Umsetzung stellt die Kommission die Mobilfunkanbieter vor die Wahl: Entweder sie bieten EU-weit geltende Telefontarife zu den gleichen Preisen an, die auch im Inland verlangt werden. Oder sie erlauben ihren Kunden, sich im Ausland für einen anderen Roaming-Anbieter zu entscheiden, der günstigere Tarife anbietet. Vorteil: Sim-Karte und Telefonnummer bleiben gleich. Weitere Neuerung: Reisende, die Anrufe auf ihrem Handy im EU-Ausland erhalten, sollen dafür ab dem Juli 2014 nicht mehr extra zahlen müssen.
Netzneutralität
Hier konnte sich die Kommission zu keiner eindeutigen Position durchringen. Das Blockieren und Drosseln von Internetinhalten soll verboten werden, so dass jeder Nutzer uneingeschränkten Zugang zum Internet hat. Große Ausnahme: Unternehmen können "Spezialdienste" mit zugesicherter Dienstqualität wie zum Beispiel HD-Fernsehen, hochauflösende Bilder in der Medizin oder datenintensive Cloud-Anwendungen anbieten, solange dadurch andere Internet-Kunden nicht eingeschränkt werden. Das heißt: Die Telekom-Konzerne dürfen für solche Dienste eine Überholspur im Internet einrichten und dafür eine Extra-Maut verlangen.
Verbraucherrechte
Fallen sollen auch die bisher üblichen 24-Monatsverträge für DSL-Anschlüsse und im Mobilfunk. Verbraucher sollen Anspruch auf einen 12-Monatsvertrag haben, sofern keine längere Laufzeit gewünscht wird. Zweiter wichtiger Punkt: Abonnenten sollen zudem das Recht bekommen, die Geschwindigkeit ihres Internetanschlusses zu überprüfen und gegebenenfalls den Vertrag sofort zu kündigten, falls die Daten nur im Schneckentempo eintrudeln.
Funkfrequenzen
Die Frequenzen, auf denen die Mobilfunker Daten und Sprache übertragen, sind in Europa ein knappes Gut und heiß begehrt. Die Ausschreibung und Zuteilung von Frequenzen soll nun besser zwischen den Staaten koordiniert werden, damit Firmen effizientere und grenzübergreifende Investitionspläne aufstellen können. Die Mitgliedstaaten sollen für die Vergabe aber nach wie vor die Verantwortung tragen - ihnen stehen auch die Gebührenzahlungen der Mobilfunkbetreiber zu. Damit soll sichergestellt werden, dass Europäer verstärkt Zugang zu superschnellen Mobilfunk-Datennetzen auf Basis der LTE-Technik erhalten.