Facebook-Mitbegründer Chris Hughes zählt zu den gefragtesten Internet-Experten und glaubt nich an das Platzen der Web 2.0-Blase. Laut ihm haben soziale Netzwerke die Weitergabe von Informationen revolutioniert.
Chris Hughes ist einer der Gründer des beliebtesten Online-Netzwerk der Welt. Rein optisch wirkt der Multimillionär noch immer wie ein junger Student, in Wirklichkeit hat er es jedoch faustdick hinter den Ohren. Er selbst sagt, dass er nur über Dinge spricht, über die er auch bescheid weiß. Das sind laut ihm zwar nicht sehr viele, eines davon ist jedoch die Informations-Technologie (IT). Und wenn er über dieses Thema spricht hören ihm Wirtschaftsbosse, Staatsmänner und sogar der aktuelle amerikanische Präsident Obama genau zu. Mit nur 25 Jahren leitete Hughes dessen Internetkampagne im Präsidentschaftswahlkampf. Nun sprach er in Wien über Zukunftsvisionen, geplante Investitionen und das Internet.
Web 2.0 ist Krisenresistent
Hughes glaubt nicht daran, dass sich
das sogenannte Mitmach-Internet, das sich der Hype um das Web 2.0 - auch
Mitmach-Internet genannt - zu einer ähnlichen Blase entwickelt wie die
Dotcom-Bubble Anfang des Jahrtausends. Auch die Krise werde den meisten
Web-2.0-Firmen wohl wenig anhaben können. "Die Kosten für eine
Website haben sich sehr verringert", sagte Hughes in Wien. Europäische
Start-Ups hätten es schwerer, so populär wie Facebook zu werden.
Aus der Sicht Hughes, der seit kurzem bei einer Venture-Capital-Firma in Cambridge (Massachusetts) arbeitet, konzentrieren sich junge Web-2.0-Firmen in Europa eher auf eine lokale, spezifische Zielgruppe als US-amerikanische. Das sei zwar für viele User nützlicher, allerdings können Unternehmen dadurch schwer eine angemessene Größe erreichen, um wirklich bekanntzuwerden.
Refinanzierung ist schwierig
Viele Web-2.0-Unternehmen haben
zwar eine riesige User-Basis, können diese aber (noch) nicht zu Geld machen.
Beispielsweise hat das soziale Netzwerk Facebook laut Eigenangaben über 300
Millionen User, verdient aber erst seit September 2009 genug, um seine
Kosten zu decken. Dennoch hatte Microsoft im Herbst 2007 rund 240 Mio.
Dollar für 1,6 Prozent Facebook-Vorzugsaktien auf den Tisch geblättert. Das
hätte einem Gesamtwert von 15 Mrd. Dollar entsprochen. Diesen Sommer wurde
Facebook durch den Einstieg des russischen Internetkonzerns Digital Sky
Technologies (DST) mit nur mehr 6,5 Mrd. Dollar bewertet. DST hatte im Mai
und Juli für einen insgesamt 3,5-prozentigen Anteil 300 Mio. Dollar in
Facebook gesteckt. Anfang Oktober wurde dann bekannt, dass DST um weitere
100 Mio. Euro aufstocken will.
Wie Web-2.0-Unternehmen langfristig profitabel sein können, kann laut Huhges nicht eindeutig beantwortet werden. Einige würden es mit Abonnements versuchen, andere mit Werbung oder mit Service-Gebühren.
Facebook mache sein Geld durch Werbung. "Das Ziel ist, Beziehungen zwischen den Vermarktern, Menschen und Marken zu schaffen", so der 25-jährige Harvard-Absolvent. Dass personalisierte Werbung User vertreiben könnte, glaubt er nicht. Wenn ein Nutzer über einen neuen Kinofilm informiert wird und diese Information mit seinen Online-Freunden teilen kann, hätten beide Seiten, User und Werber, etwas davon.
Erst vor einem Monat musste Facebook sein umstrittenes Werbeprogramm "Beacon" im Zuge einer außergerichtlichen Einigung abschalten. "Beacon", das Online-Freunde automatisch über Einkäufe bei Facebook-Werbepartnern informierte, löste massive User-Proteste aus.
Facebook kommt an die Börse
Ob Facebook einen Börsengang
plant? "Eines Tages wahrscheinlich ja", so Hughes. Jetzt werde die
Plattform aber das Kapital von DST nutzen, um die Infrastruktur zu
verbessern und Personal aufzustocken. "Viele Leute vergessen, dass
Facebook nach wie vor eine relativ kleine Firma ist", so Hughes. Das
Unternehmen beschäftige etwa 1.000 Mitarbeiter. "Da gibt es viel
zu investieren."
Hughes hat 2004 gemeinsam mit seinen Studien- und Zimmerkollegen Mark Zuckerberg und Dustin Moskovitz Facebook gegründet. 2007 verließ er das Unternehmen, um die Online-Wahlkampagne für US-Präsident Barack Obama zu leiten. Anfang diesen Jahres ging er zu General Catalyst Partners, einem Unternehmen, das in junge IT- und Ökoenergie-Unternehmen investiert. Sein Kommilitone Zuckerberg gilt als jüngster Milliardär aller Zeiten.
Update: Facebook & Co. leuteten Info-Revolution ein
Chris
Hughes ist davon überzeugt, dass soziale Online-Netzwerke die Art, wie
Information geschaffen und verteilt wird, revolutioniert haben. Facebook und
Co. machten die Welt transparenter und begreiflicher, wodurch wiederum
bessere Entscheidungen getroffen werden könnten.
"Facebook ist ein Ort, wo man mit seinen Freunden in Kontakt bleibt", erklärte der 25-jährige Harvard-Absolvent Hughes die Faszination Facebook. Das 2004 gegründete Netzwerk hat mittlerweile mehr als 300 Millionen User weltweit, in Österreich sind es laut Hughes knapp eine Million. Ein Teilnehmer hat im Schnitt 130 Freunde, die Hälfte der Facebook-Fans ist jeden Tag online.
In Online-Netzwerken hat jeder ein Megafon
Während das Kreieren
von Informationen vor wenigen Jahren noch einer kleinen Gruppe an Personen,
etwa Autoren und Medienmachern, vorbehalten gewesen sei, könne dies in
sozialen Netzwerken jeder tun. "Jeder hat ein Megafon", so Hughes. Über
Facebook können Kunden auf Firmen Druck ausüben. Als Beispiel nannte Hughes
eine von ihm ungeliebte US-Airline, über die er sich im Netz oft beschwert
habe. Die "Weisheit der Massen" könnten aber auch Unternehmen nutzen. Würde
die betreffende Airline einen Blicks ins Web werfen und sich die
Kundenbeschwerden durchlesen, könne sie erkennen, dass sie ein Problem habe.
"Firmen und Organisationen haben jetzt die Chance, den Leuten zuzuhören", so
Hughes.
Das Zuhören sei auch ein zentraler Aspekt der Online-Wahlkampagne für US-Präsident Barack Obama gewesen, die Hughes geleitet hat. Die Netzwerk-Technologie habe es ermöglicht, Millionen von Personen eine Stimme zu verleihen. "Wir haben die Infrastruktur gemacht, gehandelt haben die Menschen selbst", so Hughes. Insgesamt hätten die Online-Obama-Fans 200.000 Events ins Leben gerufen - im echten Leben. Auf My.BarackObama.com registrierten sich mehr als zwei Millionen Menschen, hinzu kamen tausende YouTube-Videos, die Anhänger ins Netz stellten. "Die Leute sollen ihre Geschichten ungefiltert erzählen dürfen", sagte Hughes. Insgesamt konnten er und sein Team über das Internet eine halbe Milliarde Dollar an Wahlspenden sammeln. Der durchschnittliche Betrag lag bei nur 80 Euro. Jene Leute, die gespendet haben, hätten sich in der Folge noch stärker politisch engagiert.
(Quelle: oe24.at/digital/APA)