18 Mobilfunk-Anbieter unterstützen das neue Handy-Betriebssystem.
Smartphones sollen billiger werden und so offen wie das Internet sein - mit dieser Ansage hat das Mozilla-Projekt am Sonntagabend in Barcelona sein neues Handy-Betriebssystem
vorgestellt, das Firefox OS. Das Firefox-Handy ist anders als iPhone und Co. und kann in der Leistung kaum mithalten. Aber dafür ist es erschwinglich. Die Chancen für einen Erfolg stehen gar nicht so schlecht. Gleich 18 Mobilfunk-Anbieter unterstützen das Mozilla-System. "Es ist unsere Aufgabe, das Internet zu den Massen zu bringen", sagte der Vorstandschef des norwegischen Telekom-Anbieters Telenor, Jon Fredrick Baksaas, bei der Präsentation auf der Branchenmesse Mobile World Congress
(MWC).
Open-Source auf Linux-Basis
Mozilla hat sich der Open-Source-Idee verschrieben: Wie beim PC-Betriebssystem Linux ist der Quellcode der Software offen, alle können ihn weiterentwickeln und verändern. Hier sehen die Mobilfunkbetreiber eine Chance, wieder eine größere Rolle zu spielen. "Wir wollen Teil des Projekts sein und wir wollen mithelfen", sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, René Obermann. Er kündigte für den Sommer in Polen ein erstes Firefox-Smartphone für Europa an, hergestellt von Alcatel. Weitere osteuropäische Länder sollen noch in diesem Jahr folgen.
"Wir fangen mit Geräten an, die etwas langsamer sind und optimieren das dann", erklärte der Mozilla-Entwickler Christian Heilmann im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Zielgruppe sind nicht die Konsum-Eliten in den reichen Ländern, sondern Menschen in Schwellenländern wie Brasilien oder Indien. In vier oder fünf Jahren könne er sich das Firefox-Smartphone aber auch in den "Best Markets" wie USA oder Deutschland vorstellen, sagte Heilmann. Tablet-Computer mit Firefox OS seien noch nicht geplant, doch gebe es bereits Entwickler, die das ausprobierten.
Konkurrenten
Apple und die Hersteller von Android-Telefonen müssen sich vorerst wohl nicht sorgen um die neue Konkurrenz. Aber für Anbieter, die wie Nokia oder Huawei ebenfalls ihren Blick auf die große Kundschaft in den Schwellenländern richten, könnte sich der Wettbewerb weiter verschärfen. Huawei-Manager Lars-Christian Weisswange äußert sich in Barcelona skeptisch über Firefox OS: "Heutzutage fährt man mit Android am besten." Es sei die Frage, "ob und wann der Markt das will".
Dass günstige Smartphones ein großes Potenzial haben, ist unbestritten. So unterstützen auch Intel und Samsung ein mobiles Betriebssystem auf Linux-Basis - der Smartphone-Marktführer aus Südkorea soll sein erstes Gerät mit diesem System namens Tizen bereits in der Schublade haben.
Ein Betriebssystem stellt alle nötigen Schnittstellen zwischen den Hardware-Bausteinen des Smartphones und der Software bereit. Dafür sorgen bei Firefox OS eine Reihe von Software-Bausteinen rund um HTML5 und JavaScript, die schlanke Linux-Plattform Gonk und die Software Gecko, die Web-Apps zum Laufen bringen. Auch Android hat einen Linux-Kern. "Android ist zwar offen, aber nicht Open-Source", sagte Heilmann auf die Frage, ob nicht schon das Google-System das leisten kann, was jetzt mit dem Firefox OS angestrebt wird.
Unterschied
Und für Google stehen wie für alle großen Anbieter die kommerziellen Interessen im Mittelpunkt. Deswegen haben diese ihre Systeme so gestaltet, dass die Nutzer in ihrem jeweiligen Ökosystem bleiben, wie das in der Branche genannt wird. Und an den Online-Shops für die große Vielfalt der Apps verdienen die Anbieter kräftig mit. Beim Firefox-Handy soll wieder das gesamte Internet zum App-Shop werden, die Anwendungen können über den "Firefox Marketplace" gefunden und heruntergeladen werden. "Firefox OS reißt die Mauern zwischen Apps und dem Web ein, weil Firefox-OS-Apps auf Webtechnologien wie HTML5 basieren", erklärte Mozilla-Manager Jay Sullivan.
Mozilla geht die Sache mit einer gehörigen Portion Sendungsbewusstsein an. "Das Internet sollte nie von irgendwelchen Firmen kontrolliert werden", sagte Mozilla-Chef Gary Kovacs mit Blick auf Google oder Apple. Als erste Geräte stellte er zwei Smartphones der Hersteller Alcatel und ZTE vor. Kovacs gab sich aber sicher: "Es werden noch weit mehr kommen."
Die Trends des Mobile World Congress 2013
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Hochauflösende Display-Riesen
Im Vorjahr zählten Smartphones mit 5-Zoll-Displays noch zur Ausnahme. Mittlerweile scheinen sich jedoch Handys mit 4,7- bis 5-Zoll großen Touchscreens immer mehr durchzusetzen. Alle großen Hersteller außer Apple haben mittlerweile solch große Geräte im Programm. In Barcelona werden weitere folgen. Zudem setzt sich die FullHD-Auflösung - siehe Xperia Z, HTC One, etc. - immer mehr durch.
Prozessoren
Bei den Prozessoren zählen Quadcore-Chips bei den Highend-Geräten bereits zum Standard. Hier geht es nun darum, die Antriebe effizienter zu machen. Zudem werden von den großen Chip-Herstellern weitere Neuheiten erwartet. U.a. könnten weitere "Achtkern-" bzw. "4+4"-Kern-Prozessoren gezeigt werden. Samsung hat hier mit dem Exynos 5 bereits Anfang des Jahres ordentlich vorgelegt. Bei Modellen aus der Mittelklasse dürften schnellere Dual-Core-Chips zum Einsatz kommen.
Bessere Kameras
Smartphones mit 13-Megapixel-Kameras sind heutzutage keine Seltenheit mehr. Nun gehen die Hersteller einen Schritt weiter. Neue Techniken sollen dafür sorgen, dass man seine echte Digicam immer öfter zuhause lassen kann. HTC hat beim neuen One (Ultrapixel-Kamera) bereits gezeigt, wohin die Reise geht. Nokia dürfte am MWC 2013 sein erstes Windows-Phone-Handy mit der 41 MP Pure-View-Kamera vorstellen.
Neue Betriebssysteme und Anbieter
Während seit Jahren aktuelle Spitzenreiter wie das Google-Betriebssystem Android und Samsung als größter Smartphone- und Handy-Hersteller im Mittelpunkt stehen, macht sich hinter den Kulissen neue Konkurrenz bereit. Der Boom in Asien hat den chinesischen Anbieter Huawei auf den dritten Platz im Smartphone-Markt gebracht. Die Macher des Internet-Browsers Firefox wollen mit einem gleichnamigen Betriebssystem in den Markt, das aus dem Netz heraus läuft. Und ein Exot ist das russische YotaPhone, das auf der Rückseite ein zusätzliches E-Paper-Display hat.
Biegsame Displays
Vor einigen Wochen tauchte das Gerücht auf, dass Samsung am MWC 2013 mit dem Galaxy Q, das erste Serien-Smartphone mit biegsamem Display vorstellen könnte.
Günstige Tablets
Neben den Smartphones dürften einmal mehr die populären Tablet-Computer im Mittelpunkt stehen. Hier werden ebenfalls zahlreiche neue bzw. verbesserte Geräte erwartet. Vor allem in der 200 Euro-Klasse dürfte sich einiges abspielen. Weiters werden Tablets mit aufsteckbaren Tastaturen und einem umfangreichen Software-Angebot im Mittelpunkt stehen. Diese Geräte sollen nach und nach die klassischen PCs aus den Haushalten verdrängen. Obwohl sich bei den Tablets Geräte mit 7 und rund 10 Zoll am besten verkaufen, wird Samsung ein Galaxy Tablet mit 8-Zoll-Display präsentieren. Dieses tritt in direkte Konkurrenz zum iPad mini (7,9 Zoll).
Kommunikation zwischen Geräten
Die Idee ist nicht neu, doch erst mit der Verbreitung schneller Mobilfunk-Leitungen und von Sensoren in Alltagstechnik kommt die sogenannte Machine-to-Machine-Communication (M2M) richtig in Schwung. Als Paradebeispiel gelten Verbindungen zwischen vernetzten Autos, die sich automatisch zum Beispiel über Glatteis, Unfälle oder Staus austauschen sollen.
Smart-Watchs
Uhren, die sich via Bluetooth mit dem Smartphone verbinden, erleben derzeit einen riesigen Boom. Deshalb ist auch in Barcelona mit neuen Smart-Watchs zu rechnen. Da Apple wie in den vergangenen Jahren dem MWC fernbleibt, müssen wir auf die iWatch zwar noch länger warten, Samsung könnte seine (noch geheime) Computer-Armbanduhr "Galaxy Altius" in Barcelona jedoch zeigen.
LTE
Der Nachfolger des UMTS-Datenfunks verspricht noch höheres Tempo und mehr Kapazität. Allerdings sind die Netze für die vierte Mobilfunk-Generation vor allem hierzulande erst im schrittweisen Aufbau. Dennoch kommen immer mehr Smartphones in den Handel, die LTE (Long Term Evolution) unterstützen. Die Branche sieht angesichts des immer weiter steigenden Datenverkehrs keine Alternative zum LTE-Ausbau. Der heimische Mobilfunker A1 bietet Kunden seit kurzem seine ersten LTE-Tarife an. In den nächsten Monaten dürfte das Angebot weiter wachsen.
NFC
Schon im Februar 2011 stand die Funktechnik NFC (Near Field Communication) im Rampenlicht in Barcelona, das Portemonnaie im Handy schien damit greifbar nahe. Zwei Jahre später ist die Begeisterung aber deutlich abgekühlt. Und das, obwohl immer mehr NFC-taugliche Smartphones auf dem Markt kommen. Nun liegt es an den Verantwortlichen mobile Bezahldienste, die äußerst praktisch sein können, auf den Weg zu bringen.