Bisher waren sie eher verpönt, doch nun rücken Online-Spiele immer mehr in den Mittelpunkt.
Auf der Bühne der Computer- und Videospielbranche sind Online-Spiele bisher ein Nebendarsteller. Doch die Aussichten auf eine Hauptrolle werden besser: Die Branche wächst und lockt dabei auch Zielgruppen an, die das digitale Vergnügen bisher gemieden haben. Mit Games Convention Online (GCO), die vom 31.7. bis 2.8. in Leipzig läuft, bekommen die Online-Spiele nun eine eigene Bühne - allerdings eine kleine.
Online-Spiele als Wachstumsmarkt
Für die Messe Leipzig ist es ein
Neustart: Bis zum vergangenen Jahr war die sächsische Metropole mit der "Games
Convention" der Fixpunkt für Computerspieler. Doch der Branchenverband
BIU verlegte die Messe unter dem neuen Namen "Gamescom" nach Köln.
Also suchten sich die Veranstalter eine Sparte, die bisher wenig zur Geltung
kam, aber der "dynamischste Wachstumsmarkt der Branche" ist, wie
Messechef Wolfgang Marzin hoffnungsfroh formuliert. Ob dieser Boom
herbeigewünscht oder real ist, lässt sich schwer bemessen. Belastbare
Marktdaten sind rar. Doch einige Indikatoren weisen nach oben: So
prognostiziert das Marktforschungsunternehmen PWC der Branche in Deutschland
für 2009 rund 170 Mio. Euro Umsatz. Das wäre ein sattes Plus von 18 Prozent,
allerdings von einem niedrigen Niveau ausgehend. Der
Hightech-Branchenverband BITKOM hat in einer repräsentativen Studie
ermittelt, dass rund zehn Millionen Deutsche schon einmal online gespielt
haben - und meistens auch dabeibleiben.
Blizzard ist Marktführer
Einen ordentlichen Teil des Kuchens
dürfte sich der "World of Warcraft"-Hersteller Blizzard
abschneiden: Täglich ziehen Tausende durch die virtuelle Fantasiewelt,
verprügeln Orcs oder Untote und versuchen, möglichst viele Missionen zu
erfüllen. Die Tochter des französischen Vivendi-Konzerns macht mit Verkauf
und Abogebühren pro Jahr weltweit mehr als eine Milliarde Dollar (703 Mio.
Euro) Umsatz. Im Schatten des Marktführers haben sich zwei deutsche
Spiele-Schmieden etabliert: Bigpoint aus Hamburg und Gameforge aus Karlsruhe
setzen auf ein Geschäftsmodell, dem Experten große Chancen einräumen. Nutzer
können kostenlos als Piraten, Elfen oder Raumfahrer die virtuellen Weiten
erkunden. Kleine Geldbeträge werden erst fällig, wenn die Spieler ihrer
Figur Extras wie zusätzliche Waffen spendieren oder komfortablere Funktionen
nutzen wollen.
"Die Erträge fließen dabei kontinuierlicher als beim einmaligen Verkauf des Spiels", sagt Professor Jörg Müller-Lietzkow von der Universität Paderborn. Damit hingen die Hersteller nicht mehr so stark von einzelnen "Blockbuster"-Titeln ab, erklärt der Computerspiel-Experte. Auch Hersteller wie Electronic Arts, die bislang einen Großteil ihres Umsatzes mit dem Verkauf der Software machen, experimentieren mit dem neuen Modell.
Zwei unterschiedliche Zielgruppen
Die Online-Spiele dienen der
Industrie als Appetitmacher für bisher wenig verspielte Menschen. Laut der
BITKOM-Studie sind derzeit Denk- und Strategiespiele am beliebtesten, auch
der kurze Zeitvertreib mit Kreuzworträtseln und Sudokus kommt gut an. Die
Kleinbeträge schrecken zudem weniger ab als der Kauf eines Titels - "das
ist wie die tägliche Tasse Cappuccino beim Italiener", vergleicht
Müller Lietzkow.
Auch die Hardcore-Spieler will die Branche langfristig in den Blick nehmen. Die Programmierer wollen mehr Action auf die Monitore zaubern - schnellere Internet-Verbindungen und bessere Browser machen es möglich. "Die Qualität wird deutlich höher werden - das gilt allerdings auch für die Entwicklungskosten", sagt Spiele-Forscher Müller-Lietzkow. Entwickler Bigpoint etwa investierte mehr als eine Million Euro in sein neues Spiel "Poisonville" - und verspricht eine "3D-Welt in einer Qualität, wie sie bisher nur bei klassischen Konsolentiteln möglich war".
(Quelle: dpa)