IT-Riese hat nur 90 Tage Zeit, sein Android-Geschäftsmodell zu ändern.
Die EU-Kommission hat den US-Internetkonzern Google wegen seines mobilen Betriebssystems Android am Mittwoch zu einer Rekord-Wettbewerbsstrafe von 4,3 Milliarden Euro
verurteilt. Google hat unmittelbar danach angekündigt, die Mega-Strafe anfechten zu wollen
. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager begründete am Mittwoch in Brüssel die Entscheidung damit, dass Google seine marktbeherrschende Stellung missbraucht habe. Dies sei "sehr schwerwiegendes illegales Verhalten".
Google müsse dieses Verhalten innerhalb von 90 Tagen endgültig abstellen, sonst drohe ein Zwangsgeld von bis zu fünf Prozent des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes des Google-Mutterkonzerns Alphabet. Die weiteren Zahlungen könnten rund 15 Millionen Euro pro Tag erreichen - auch rückwirkend, sagte Vestager.
>>>Nachlesen: Google will neue Rekordstrafe anfechten
Google-Chef gab erstes Statement ab
Der US-Internetkonzern will die Entscheidung indes anfechten. Google-Chef Sundar Pichai betonte in einem ersten Statement, dass die Entscheidung der EU-Kommission nicht berücksichtige, dass Android-Telefone mit dem Apple-Betriebssystem iOS in Konkurrenz stünden. Auch lasse das Urteil außer Acht, dass es Tausende Telefonhersteller und Netzwerkoperatoren gebe, die mit Android arbeiteten, und es Millionen von Programmieren gebe, die Android Apps produzieren würden, so Pichai.
"Wenn wir uns die Höhe der Strafe anschauen, dann liegt sie im Rahmen der bisherigen Strafen", betonte Vestager. Die Summe von 4,34 Mrd. Euro sei entsprechend den EU-Richtlinien festgelegt worden, so Vestager. Diese würden sich an der Dauer der Vertragsverletzung, deren Schwere und dem damit erzielten Profit orientieren. Google beherrsche den Android-Markt seit 2011, und die Gewinne seien seitdem immer gestiegen, sagte sie.
"Wir wollen, dass Google sein Verhalten ändert, das illegal ist." Google müsse sich an die Marktregeln halten, so die Wettbewerbskommissarin. "Man kann eine Strafe verhängen, wenn jemand etwas falsch gemacht hat, nicht wenn man das Geld braucht", betonte sie. Wenn der Fall vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gewonnen werde, wovon sie ausgehe, fließe das Geld an die EU-Mitgliedsstaaten und komme so den europäischen Bürgern zu.
>>>Nachlesen: EU brummt Google 4,3-Mrd.-€-Strafe auf
2017 gab es bereits eine Rekordstrafe
Im vergangenen Jahr erhielt das US-Unternehmen schon eine Geldstrafe von gut 2,4 Mrd. Euro
aus dem Verfahren um die Shopping-Suche. Das war die bisher höchste Kartellstrafe aus Brüssel für ein einzelnes Unternehmen. Der Android-Fall ist das zweite Brüsseler Kartellverfahren gegen Google nach der Shopping-Suche, in einem dritten geht es um den Dienst "AdSense for Search", bei dem andere Internetseiten Google-Suchmasken einbinden können.
Android wird als Betriebssystem auf Handys und mobilen Geräten wie Tablets eingesetzt. Google stellt das Betriebssystem Geräteherstellern kostenlos zur Verfügung. Vestager kritisierte, dass Google darauf gedrängt habe, ganze Gruppen von Google-Programmen und Apps vorzuinstallieren. Zudem soll Google die Hersteller daran hindern, Smartphones mit anderen Betriebssystemen zu vertreiben. Immer wenn es eine kleine Änderung gegeben habe, hätten die anderen Hersteller vollkommen das Recht verloren, Android zu verwenden. Das zeige, dass das Betriebssystem nicht offen für alle wäre, betonte Vestager.
Die Vorinstallation von Google als Standard-Suchmaschine sorge dafür, dass die Verbraucher sie auch benutzten, statt sich ein Konkurrenzprodukt herunterzuladen, so Vestager weiter. So seien mehr als 95 Prozent der Suchanfragen auf Android-Geräten 2016 über Google gestellt worden. "Die große Mehrheit der Nutzer nimmt, was mit dem Gerät kommt." Google argumentierte, die Bündelung mehrerer Apps sei nötig, weil Nutzer Google-Dienste sonst nicht vernünftig einsetzen könnten.
>>>Nachlesen: So erklärt die EU Googles Rekordstrafe
Heimische EU-Abgeordnete sind erfreut
Unterdessen begrüßten österreichische EU-Abgeordnete die Entscheidung der Kommission. ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas sieht aber weiteren Handlungsbedarf bei anderen Internetkonzernen. "Wir brauchen eine faire Besteuerung der Digitalwirtschaft, eine Offenlegung der Algorithmen von Facebook und Co und eine wettbewerbsrechtliche Prüfung der Marktmacht, nicht nur von Google", so Karas.
SPÖ-Delegationsleiterin Evelyn Regner, sieht in der heute verkündeten Wettbewerbsstrafe gegen Google ein wichtiges Signal, "empfindliche Geldstrafen allein werden das Problem nicht lösen", betonte sie. "Es ist die Aufgabe der Politik, Google, Facebook, Amazon und Co durch strenge Regulierung ihre Grenzen aufzuzeigen."
Michel Reimon, Co-Delegationsleiter der Grünen, kritisierte, dass die Kommission für die Urteile gegen Google je sieben und drei Jahre gebraucht haben. Die Rekord-Strafen seien gut und richtig, die Verfahren dauerten zu lange. "Mehr denn je brauchen wir ein zeitgemäßes digitales Wettbewerbsrecht."
>>>Nachlesen: Werden Android-Smartphones bald viel teurer?