Bei der größten Übernahme der Konzerngeschichte geht es um Patente.
Google "schluckt", wie berichtet, für 12,5 Milliarden Dollar (8,74 Mrd. Euro) den Handy-Hersteller Motorola Mobility - der teuerste Zukauf in der Geschichte des weltgrößten Suchmaschinenbetreibers. Mit dem Patente-Fundus und den Geräten von Motorola Mobility greift Google den iPhone-Hersteller Apple direkt an. Der Deal solle die Verbreitung des hauseigenen Handy- und Tablet-Betriebssystems Android voranbringen, erklärte Google am Montag. Der Internetgigant hat sich mit Android zwar auch auf dem Smartphone-Markt etabliert, ein Mangel an eigenen Patenten hat einen Durchbruch des sonst fast beispiellos expandierenden Konzerns in diesem Bereich aber bisher behindert. Zuletzt war Google bei der Versteigerung von Patenten des insolventen Nortel-Konzerns leerausgegangen (wir berichteten).
Zweikampf
"Das ist viel mehr als einfach nur ein Patenthandel
", sagte eine Person aus dem Umfeld der jüngsten Vereinbarung. Vielmehr gehe es um die Strategie. BGC-Partners-Analyst Colin Gillis sieht die Motivation von Google im Zweikampf mit Apple. Wie der Rivale wolle Google den Kunden einen Service bieten, der sowohl die Hardware als auch die Betriebssysteme umfasse, sagte Gillis.
Die Übernahme soll bis Ende des Jahres oder Anfang 2012 über die Bühne gehen, wie die beiden Unternehmen weiter mitteilten. Je Aktie würden 40 Dollar in bar gezahlt. Google lässt sich die Übernahme des langjährigen Partners einiges kosten: Der Kaufpreis entspricht einem Aufschlag von 63 Prozent auf den Motorola-Schlusskurs vom Freitag. Google verpflichtete sich Kreisen zufolge zudem zu einer Vertragsstrafe von 2,5 Milliarden Dollar, sollten sie das Geschäft noch platzen lassen. Motorola muss demnach bei einem eigenen Rückzug 375 Millionen Dollar zahlen. Google zeigte sich zuversichtlich, dass die Wettbewerbsbehörden das Geschäft genehmigen werden. Zustimmen müssen unter anderem die Kartellwächter in den USA und in Europa wie auch die Aktionäre von Motorola Mobility.
Motorola
Im Kampf um den zukunftsträchtigen und von Apples iPhone dominierten Markt für Alleskönner-Handys setzt Google mit Motorola auf die Verstärkung durch einen Mobiltelefon-Pionier. Das nun von Google geschluckte Unternehmen Motorola Mobility ging Anfang des Jahres aus der Aufspaltung des Traditionskonzerns Motorola hervor. Dazu hatte Großinvestor Carl Icahn gedrängt, der mit der wachsenden Nachfrage nach mobilen Internetdiensten Profit aus dem Patente-Fundus von Motorola schlagen wollte. Er begrüßte das Google-Geschäft als eine erfreuliche Entwicklung für die Motorola-Mobility-Aktionäre. Motorola Mobility ist auf Smartphones
spezialisiert und bringt darin traditionell Googles Android-Software zum Einsatz.
"Das überzeugende Engagement von Motorola Mobility bei Android hat dazu geführt, dass unsere Unternehmen gut zusammenpassen", erklärte Google-Chef Larry Page. Gemeinsam solle das Android-System ausgebaut werden, wovon sowohl Kunden als auch Partner und Entwickler profitieren könnten. Das Betriebssystem selbst solle offen bleiben, betonte Google. Kreisen zufolge wird Google bei dem Geschäft von Lazard beraten, während Motorola auf Centerview Partners und Qatalyst Partners zurückgriff.
Aktie schoss in die Höhe
Die Vereinbarung ließ den Motorola-Kurs in New York um mehr als 56 Prozent in die Höhe schießen. Google-Papiere gaben dagegen rund drei Prozent auf 546,95 Dollar nach. Die Übernahme lenkte aber auch den Blick auf den finnischen Handy-Hersteller Nokia
, der verstärkt als Übernahmeziel gehandelt wird. Nokia-Papiere verteuerten sich um gut neun Prozent. Nokia-Aktien waren seit Jahresanfang um 45 Prozent gefallen. Der einstige Platzhirsch verliert immer mehr an Marktanteil. Als Interessent wird unter anderem Partner Microsoft
gehandelt, auf dessen Windows-System Nokia bei künftigen Modelle setzt. Nokia äußerte sich nicht zu den Spekulationen. Ein Sprecher sagte aber, der Deal von Google und Motorola könne die eigene Strategie der Windows-basierten Handys stützen. Nokia hatte sich unlängst von der eigenen Software verabschiedet und war auf das Microsoft-Programm umgeschwenkt.