Neuheiten-Feuerwerk auf der I/O
Google trumpft mit Assistant, Andriod 10 & Pixel 3a auf
07.05.2019
IT-Riese läutete seine Entwicklerkonferenz mehr als gebührend ein
Google hat zum Auftakt seiner jährlichen Entwickler-Konferenz das erwartete Neuheiten-Feuerwerk gezündet (siehe auch unseren Live-Ticker auf Seite 2). Firmen-Chef Sundar Pichai und weitere Google-Manager stellten im Rahmen der Keynote zur I/O 2019 (7. bis 9. Mai) eine ganze Reihe an Neuerungen vor. Neben neuer bzw. verbesserter Software gab es dieses Mal auch Hardware-Produkte: ein neues Einstiegs-Smartphone und eine Steuerzentrale für Smart Homes.
Assistant als Star
Los ging es aber mit den Software-Neuheiten. Und dabei stahl der Google Assistant dem neuen Android 10 „Q“ etwas die Show. Google ist nämlich ein bahnbrechender Durchbruch bei der Entwicklung seines Sprachassistenten gelungen: Der Assistent kann jetzt lokal auf dem Smartphone laufen, statt zur Spracherkennung Aufnahmen ins Netz zu schicken. Das werde die Software bis zu zehn Mal schneller machen, sagte Pichai im Rahmen der Keynote. Um die neue lokale Funktionsweise umzusetzen, sei die nötige Softwarebasis von 100 Gigabyte auf 500 Megabyte geschrumpft worden, erklärte Google-Chef weiter. In einer Demonstration auf der Bühne reagierte die Assistenzsoftware extrem schnell auf alle Sprachbefehle: "Mach ein Selfie, Schalte das Licht ein, zeig mir den Wetterbericht, etc.". Alle Befehle wurden ohne erkennbare Wartezeit ausgeführt. Die neue Funktion werde im Herbst 2019 zunächst auf den hauseigenen "Pixel"-Smartphones eingeführt, fügte der zuständige Manager Scott Huffman hinzu.
Der neue Google Assistant kann auch komplexe Zusammenhänge erkennen. Beim Diktieren einer E-Mail kann man mit der Software wie mit einem Freund sprechen. Die jeweiligen Passagen werden dann automatisch so angepasst, dass die Mail so geschrieben wird, dass der Empfänger gar nicht erkennt, dass sie von einem Programm vollendet wurde. Der Sprachassistent wird sich auch stärker an den jeweiligen Nutzer anpassen. Wenn man einfach fragt: "Wie lange brauche ich nachhause?", wird angezeigt, wie lange die Heimfahrt dauert, ohne dass man dafür eine Adresse ansagen müsste. Sagt man dem Assistenten: "Erinnere mich eine Woche vor dem Geburtstag meiner Mutter, ihr Blumen zu schicken", dann wird das gemacht, ohne dass man weitere Angaben machen muss.Insgesamt arbeite die Software zum maschinellen Lernen bei Google verstärkt direkt auf den Geräten der Nutzer, statt Rohdaten dafür auf Server des Konzerns zu schicken.
Android 10 „Q“
Als es mit Android weiter ging, wurde zunächst einmal eine beeindruckende Zahl genannt: Derzeit sind 2,5 Milliarden (!) Android-Geräte in Umlauf. Viele von ihnen sollen bald mit Android 10 Q laufen. Eine der großen Neuerungen des Smartphone-Betriebssystems wird zunächst nur wenigen Nutzern etwas bringen: die Unterstützung faltbarer Smartphones. Für die neuen Geräte, deren Displays sich auf Tablet-Größe auffalten lassen, bekommen die App-Entwickler mit Android Q zusätzliche Software-Werkzeuge in die Hand. Dabei geht es vor allem darum, eine Anwendung beim Wechsel der Bildschirmgröße oder von Display zu Display weiterlaufen zu lassen. Die Smartphone-Hersteller mache es Google dabei nicht gerade leicht. Sie setzen nämlich auf zwei unterschiedliche Konzepte. So hat das Samsung Galaxy Fold, dessen Markteinführung kürzlich verschoben werden musste, zwei Bildschirme: Der eine lässt sich wie ein Buch zu Tablet-Größe auffalten und ist in zusammengeklappten Zustand nicht sichtbar, während dann ein weiteres kleines Display auf der Außenseite die Smartphone-Funktionen übernimmt. Beim Huawei Mate X bleibt der Bildschirm beim Zusammenfalten auf der Außenseite und kann abwechselnd von beiden Seiten auf halber Größe genutzt werden. Android 10 kommt mit beiden Varianten klar.
Android 10 ist auch bereits für den neuen Mobilfunkstandard 5G gerüstet. Dank ihm ist es erst möglich, dass künftig Live-Chats in Echtzeit übersetzt werden. Darüber hinaus verfügt das Betriebssystem künftig in allen Apps über die praktische Funktion "Smart Reply", die automatisch Kurzantworten in Chats vorschlägt bzw. ausführt. Und auch der bereits angekündigte systemweite Dark Mode wurde noch einmal bestätigt. Dieser Dunkle Modus, der Augen und Akku gleichermaßen schont, ist ganz einfach über das Schnellwahlmenü aktivierbar, das man öffnet, in dem man am Display vom oberen Rand nach unten wischt. Dort findet man etwa auch Schnelleinstellungen für den Flugmodus, das Stummschalten, WLAN, Bluetooth, etc.
Auch beim Datenschutz gibt es Verbesserungen. So können die Android-Q-Nutzer festlegen, dass eine App nur auf ihren Aufenthaltsort zugreifen kann, wenn sie genutzt wird. Bisher galt die erteilte Genehmigung beim Google Betriebssystem ohne Einschränkungen, so dass Apps grundsätzlich auch auf die GPS-Daten zugreifen konnten, wenn sie im Hintergrund aktiv waren. In diesem Punkt zieht Google endlich mit iOS gleich - bei den iPhones von Apple ist diese Beschränkung schon lange gang und gäbe. Zu den weiteren Neuerungen von Android Q gehört auch ein direkter Zugang für Apps zu Tiefenschärfe-Einstellungen der Kamera. Das soll unter anderem für noch bessere Ergebnisse beim Bokeh-Effekt führen. Immer mehr Smartphones verfügen mittlerweile über drei oder mehr Objektive. Mit der neuen Funktion reagiert Google nun auf diesen Trend und gibt den Nutzern weitere Möglichkeiten für kreative Aufnahmen in die Hand.
Immer mehr Smartphone-Nutzer klagen darüber, dass sie zuviel Zeit mit dem Gerät verbringen. Deshalb bekommt Android 10 einen "Focus Mode". Ist dieser aktiviert, ist der Funktionsumfang stark eingeschränkt. Man kann etwa einstellen, dass man im Focus-Modus nur über eingehende Anrufe und E-Mails benachrichtigt wird. Alles andere bleibt außen vor.
Weitere Software-Neuheiten
Die weiteren Software-Neuerungen stehen alle in Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen. Bei der Suchfunktion gibt es ebenfalls eine praktische Neuerung. So wird die Smartphone-Kamera in die Google-Suche integriert. Damit kann man dann direkt aus den Suchergebnisse 3D-Animationen erstellen und diese per Augmented Reality aus der Suche herauslösen und direkt vor sich platzieren. Bei der Demo wurde ein Beispiel mit einem animierten Hai gezeigt.
Auch die KI-Kamera Google Lens wurde verbessert. Wenn man die Smartphone-Kamera beispielsweise über ein Rezept in einem Kochbuch hält, erwacht dieses quasi zum Leben. Es wird automatisch angezeigt, wie man das Gericht zubereitet. Google Lens kann künftig auch Texte per Sprachausgabe übersetzen. Man muss das Smartphone nur vor den gewünschten Abschnitt halten und die eigene Sprache einstellen. Dann wird der Text nicht nur am Display in der eigenen Sprache angezeigt sondern auf Wunsch auch vorgelesen. Bei der Demo funktionierte das schon fast gespenstisch gut. Auch für Restaurantbesucher bietet Lens eine praktische Neuheit. Hält man das Smartphone über die Speisekarte, wird automatisch das beliebteste Gericht hervorgehoben. Ist man damit einverstanden, werden auch gleich noch Fotos von dem Essen angezeigt. Und abschließend zeigt Google Lens auch noch die Rechnung (inklusive passendem Trinkgeld) an.
Die Google-Tastatur wurde ebenfalls verbessert. Sie soll noch bessere Textvorschläge erstellen, weniger Autokorrekturfehler machen und sich besser auf den jeweiligen Nutzer einstellen. Auch wenn es um Emojis, Gifs & Co. geht. Hier spielt KI natürlich ebenfalls eine wichtige Rolle.
Die neue Funktion "Live Captions" ermöglicht eine Live-Übersetzung von Video-Chats. Wenn sich etwa ein Spanier und ein Österreicher in einem Video-Chat in ihrer Mutterprache unterhalten, kann jeder ganz normal sprechen. Der Spanier hört das Deutsche in Spanisch, der Österreicher das Spanische in Deutsch - und das in Echtzeit!
Datenschutz
Pichai betonte auch, dass Google den Nutzern bessere Möglichkeiten zur Kontrolle über ihre Privatsphäre geben wolle. So solle die automatische Löschung älterer von Google gesammelter Nutzer-Informationen mit der Zeit auf mehr Datenkategorien ausgeweitet werden. Zunächst lässt Google Daten zur Web- und App-Nutzung mit einem Verfallsdatum von drei oder 18 Monaten versehen. In Zukunft bekommt auch Google Maps einen Inkognito Modus. Beim Chrome-Browser und bei YouTube gibt es diesen bereits. Künftig kann man also auch unentdeckt nach Orten suchen oder die Navigation nutzen. Außerdem können Android-Smartphones (ab Version 7) künftig als Schlüsselgenerator für die Zwei-Faktor-Authentifizierung genutzt werden.
Pixel 3a (XL)
Wie im Vorfeld erwartet, bringt Google auch ein neues Einstiegs-Smartphone in zwei Größen an den Start. Das Pixel 3a (XL) kostet 399 bzw. 479 Dollar (399 bzw. 479 Euro) und soll Flaggschiff-Ausstattung bieten. Zu den Highlights zählt die Top-Kamera des normalen Pixel 3 (XL) . Dieses zählt nach wie vor zu den besten Kamera-Handys. Es verfügt zwar nur über eine 12,2 MP Linse, dafür aber über eine ausgeklügelte Kamera-Software und über die wohl derzeit fortschrittlichste Künstliche Intelligenz. Vorne ist eine 8 MP Kamera an Bord.
Der OLED-Touchscreen ist 5,6 bzw. 6,0 Zoll groß und bietet eine Auflösung von 2.220 x 1.080 Pixel. Als Antrieb kommen ein Snapdragon 670 und 4 GB RAM zum Einsatz. Der interne Speicher von 64 GB lässt sich leider nicht erweitern. Darüber hinaus ist Google noch auf Bluetooth 5.0, den separaten 3,5-mm-Kopfhöreranschluss, die Akkulaufzeit von 30 Stunden (3.000 bzw. 3.700 mAh) und die Schnellladefunktion über USB-C stolz. WLAN ac, LTE (Cat. 11), NFC und der vom normalen Pixel 3 bekannte Sicherheitschip Titan M sind ebenfalls mit an Bord. Leider hat die Sache einen Haken. In Österreich sind die neuen Einstiegs-Smartphones der leider nicht erhältlich.
Smart Home / Nest Hub Max
Google will das Smart Home so gestalten, dass es für die Nutzer hilfreich ist. Hier ist Google u,a. mit seinen Home-Lautsprechern und den Nest-Geräten (Kameras und Thermostate) stark vertreten. In den USA konnte der Konzern bei den smarten Lautsprechern bereits Amazon Echo vom Spitzenplatz verdrängen. In Zukunft arbeiten alle Google-Smart-Home-Produkte nahtlos zusammen. Zudem soll die Bedienung über den Google Assistant einfacher funktionieren. Auch hier verspricht Google einen sehr guten Datenschutz. Schließlich wolle sich jeder in seinen eigenen vier Wänden sicher fühlen.
Bei der Keynote hat das Unternehmen auch eine neue Steuerzentrale für Smart Homes auf den Markt - den Next Hub Max. Dieser verfügt über ein Display und eine (Weitwinkel-)Kamera. Er kann Fotos anzeigen, (YouTube-)Videos abspielen, zum Videochat verwendet werden und die im Zuhause registrierten Personen per Gesichtserkennung und deren Stimme erkennen. Der Hub Max kann also von mehreren Familienmitgliedern genutzt werden, ohne dass sich diese immer extra anmelden müssen. Die eigene Stimme genügt, damit das Gerät weiß, mit welcher Person es gerade zu tun hat. In den USA kommt der Next Hub Max um 229 Dollar in den Handel. Zudem startet er in zwölf weiteren Ländern. U.a. auch in Deutschland und in Italien. Österreich ist vorerst nicht dabei.
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