Dafür ist ein Ankauf der Software-Schmiede Autonomy geplant.
Das Computer-Urgestein Hewlett-Packard steht vor dem radikalsten Wandel seiner Geschichte. Der frühere SAP-Chef Leo Apotheker will den Schwerpunkt vom margenschwachen PC-Geschäft auf Software und Dienstleistungen setzen. Der weltgrößte Computer-Hersteller könnte sich von seinem PC-Geschäft trennen und will stattdessen Milliarden in den Kauf eines britischen Software-Spezialisten stecken. Zugleich gibt sich Hewlett-Packard im Wettbewerb bei Smartphones ( Pre ) und Tablet-Computern ( Touchpad ) geschlagen. Das Geschäft mit Geräten mit dem eigenen mobilen Betriebssystem webOS wird gestoppt, teilte das Unternehmen am Donnerstag (Ortszeit) mit.
Auch PC-Geschäft künnte wegfallen
Der Konzern prüfe alle Optionen für das PC-Geschäft inklusive einer völligen oder teilweisen Abspaltung, hieß es. Es geht dabei um den größten Geschäftsbereich. Im vergangenen Quartal brachte die Sparte mit 9,6 Mrd. Dollar (6,7 Mrd. Euro) fast ein Drittel der Konzernumsätze.
Investitionen in Software
Außerdem bestätigte der US-Konzern Pläne für den Kauf der britischen Software-Firma Autonomy. Sie spezialisiert sich auf Programme, mit denen große Unternehmen ihre Datenbestände besser im Griff behalten können. HP will 25,50 Pfund (29,3 Euro) pro Aktie in bar zahlen, am Donnerstag lag der Kurs bei 14,25 Pfund. Mit dem kräftigen Aufpreis dürfte Autonomy Hewlett-Packard rund 6,2 Mrd. Pfund kosten - oder gut 10 Mrd. Dollar, wie zuvor unter anderem die Finanznachrichtenagentur Bloomberg berichtet hatte.
Neue Strategie
Der Wandel passt in die Strategie, die der frühere SAP-Chef Apotheker in den vergangenen Monaten ausgegeben hatte: Fokus auf das lukrative Geschäft mit Software und Dienstleistungen, effizienteres Wirtschaften, mehr Wert für Aktionäre. Denn die Anleger waren zuletzt unzufrieden mit dem sinkenden Aktienkurs und schwachen Erträgen. Bereits mehrfach musste der Konzern die Prognosen für das Geschäftsjahr zurückschrauben. Mitte Mai hatte Apotheker in einem internen Schreiben vor einem "weiteren schwierigen Quartal" gewarnt und gemahnt, Ausgaben auf ein Minimum zu beschränken. Jetzt wurden die Prognosen erneut gekappt.
Die Anleger konnte Hewlett-Packard mit den Ankündigungen zunächst nicht überzeugen: Als die Pläne noch vor US-Börsenschluss bestätigt wurden, ging die Aktie auf eine scharfe Talfahrt und verlor am Ende rund sechs Prozent. Nachbörslich kam ein weiteres Minus von knapp zehn Prozent dazu.
Apple als (zu) harter Konkurrent
Abgesehen davon, dass die PC-Produktion an sich eine schlechtere Rendite abwirft als Software oder Dienstleistungen, hat HP zudem Probleme im Geschäft mit Privatkunden. Vor allem Apple macht dem weltgrößten PC-Bauer zu schaffen: Das iPad
lockt Kunden von Notebooks
weg. Das HP-Tablet TouchPad konnte sich nicht als Rivale etablieren - und wird jetzt nach weniger als zwei Monaten auf dem Markt auch keine weitere Chance mehr bekommen.
Die webOS-Geräte hätten interne Vorgaben und finanzielle Ziele verfehlt, erklärte HP. Der Konzern hatte große Pläne bei mobilen Geräten und kaufte dafür im vergangenen Jahr den Smartphone-Pionier Palm mitsamt webOS für mehr als eine Milliarde Dollar. Zudem wurde viel Geld in die Entwicklung neuer Geräte gesteckt. Dass HP jetzt die Notbremse zieht, liege daran, dass das Geschäft weitere Milliarden-Investitionen erfordert hätte, ohne Garantie, das Geld jemals wiederzusehen, erklärte Finanzchefin Cathy Lesjak. HP prüft aber noch, ob sich die Software lizenzieren oder verkaufen lässt.
Geschäftszahlen machen die Probleme deutlich
Die gleichzeitig vorgelegten Zahlen für das Ende Juli abgeschlossene dritte Geschäftsquartal untermauerten die Probleme, die Hewlett-Packard zu dem großen Umbau drängten. Der Umsatz legte lediglich um ein Prozent auf 31,2 Mrd. Dollar zu. Der Gewinn verbesserte sich um neun Prozent auf 1,9 Mrd. Dollar. Allerdings war die Schwäche des PC-Bereichs unübersehbar. Der Umsatz sank im Jahresvergleich um drei Prozent - weil die Erlöse im Geschäft mit Privatkunden um 17 Prozent absackten. "Der Tablet-Effekt ist real", betonte Apotheker in der Telefonkonferenz nach den Ankündigungen. In der Software-Sparte stiegen die Erlöse hingegen um ein Fünftel bei drastisch höheren Renditen.
Apotheker hatte im vergangenen November das Ruder vom geschassten Vorgänger Mark Hurd übernommen und steht deshalb unter besonderer Beobachtung: Hurd hatte das Unternehmen nach einer undurchsichtigen Affäre mit einer externen Mitarbeiterin vor einem Jahr verlassen müssen. Bei den Investoren hatte das Bestürzung ausgelöst. Denn Hurd hatte HP mit Kosteneinsparungen zu Milliardengewinnen getrieben und den Konzern durch Zukäufe zur weltweiten Nummer eins der Branche gemacht.