IT-Riese geht in die Offensive

Huawei bringt Android-Gegner und neue Produkte

02.06.2021

Mit HarmonyOS will der chinesische IT-Konzern die US-Sanktionen abmildern.

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© APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ
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Huawei  wurde von den noch unter Ex-US-Präsident Donald Trump erhobenen Sanktionen  extrem hart getroffen. Das macht sich vor allem bei den Smartphone-Verkäufen bemerkbar - die Wearable-Sparte  ist hingegen kaum betroffen. Da Huawei seine neuen Handys nicht mehr mit Google-Diensten (Maps, PlayStore, GMail, YouTube, etc.) ausstatten darf, sind die Verkaufszahlen außerhalb Chinas regelrecht ins Bodenlose gefallen . In Österreich kommt die einstige Nummer 2 nicht mal mehr unter die Top 5 . Der Marktanteil liegt bei unter zwei Prozent. Doch nun holt Huawei zum Gegenschlag aus. Am Mittwoch wurde das eigene Betriebssystem HarmonyOS , das bisher nur auf TV- und IoT-Geräten läuft, auch für Smartphones vorgestellt. Darüber hinaus hat der Konzern eine ganze Reihe an neuen Produkten präsentiert.

Ambitionierte Pläne

Ob es Huawei mit HarmonyOS tatsächlich gelingt, neben Android und iOS ein drittes mobiles Betriebssystem zu etablieren, bleibt abzuwarten. Dazu muss der Konzern nicht nur App-Entwickler und andere Smartphone-Hersteller auf seine Seite bringen, sondern auch jene Kunden, die außerhalb Chinas leben. Europäer und Amerikaner haben sich jedoch mittlerweile stark an die Vorzüge von Android-Smartphones und iPhones gewöhnt. Doch Huawei betreibt einen hohen Aufwand und nimmt viel Geld in die Hand. Darüber hinaus baut der Hersteller noch immer hervorragende Smartphones – siehe etwa die Mate-40-Reihe . Wären hier die Google-Dienste verfügbar, würden sich die Geräte wohl verkaufen wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln. Von heute auf morgen wird das Comeback wohl nicht gelingen. Hier wird viel Überzeugungsarbeit notwendig sein. 

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Harmony OS

Doch zurück zu HarmonyOS. Um eine echte Alternative zu Android und iOS zu sein, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Denn nur wenn die Nutzer keine Abstriche in Kauf nehmen müssen, können sie zurückgeholt werden. Darüber hinaus wären einige besondere Funktionen, die die Konkurrenz nicht bietet, nicht schlecht. Grundsätzlich muss man sagen, dass Huawei mit HarmonyOS das mobile Betriebssystem nicht völlig neu erfunden hat. Optisch erinnert es stark an Android, was auch daran legen dürfte, dass es sich am offenen Quellcode des Google-Betirebssystems bedient. Das hat auch den Vorteil, dass App-Entwickler ihre Android-Anwendungen ziemlich einfach an HarmonyOS anpassen können. 

Design und Widgets: Der neue Startbildschirm wirkt schlank und aufgeräumt. Service-Widgets, die Informationen oder Dienste (Wetter, etc.) in Echtzeit anzeigen, können mit einem Hochwischen der App eingeblendet werden, ohne dass dazu die Anwendung geöffnet werden muss. Das ist ziemlich praktisch. Auch die Größe der Widgets kann dadurch angepasst werden.

Multi-Geräte-Steuerung: Eine weitere praktische Funktion heißt Multi-Device-Interaktion. Damit soll die Steuerung mehrerer Geräte genauso einfach wie die Steuerung eines einzigen Gerätes machen. Nutzer können ihre mobilen Geräte basierend auf bestimmten Szenarien frei verbinden. Als Beispiel könnte man einen Filmabend anführen. Der Nutzer muss am Smartphone nur die Systemsteuerung öffnen und kann dort das Smartscreen-Symbol auf das Telefon-Symbol ziehen – so springt der Film direkt vom Smartphone auf den Fernseher.

Verschiebbare Apps: Harmony OS bietet auch ein Multigeräte-Taskcenter. Hier können Apps zwischen verschiedenen Geräten hin- und herwandern, ohne sie auf jedem einzelnen Gerät installieren zu müssen. Auf jedem Gerät (Handy, Tablet, Notebook, Monitor, etc.), das Teil eines solchen Systems ist, können die Aufgaben aller Geräte innerhalb des Systems eingesehen werden.
Smart Home: Huawei hat auch seinen Smart-Home-Dienst "HiLink" aufgewertet und diesen in HarmonyOS Connect umbenannt. Mit der neuen Version sollen auch Nicht-Huawei-Geräte mit smarten Funktionen ausgestattet werden können. Smart-Home-Geräte können so mit einem Tippen mit einem Smartphone verbunden werden. Als Beispiel nennt der Hersteller die Zubereitung einer Mahlzeit. Um damit zu starten, reiche es aus, auf dem Huawei Smartphone einen HarmonyOS-basierten Backofen anzutippen und ein Rezept zu wählen.

Leistung: Huawei verspricht für sein neues Betriebssystem auch eine ordentliche Performance. So könne ein HarmonyOS Smartphone nach 36 Monaten Nutzung ähnliche Speicher-Lese-/Schreibgeschwindigkeiten haben wie ein neues Smartphone, selbst wenn nur noch sehr wenig Speicher auf dem Gerät vorhanden ist. Sollte das in der Praxis tatsächlich funktionieren, wäre das eine echte Ansage an die Konkurrenz.

Sicherheit: Nachdem Apple mit iOS 14.5/14.6 und Google mit Android 12 bei der Privatsphäre und der Sicherheit ihrer Nutzer ordentlich nachgelegt haben, darf sich Huawei diesbezüglich keine Blöße geben. Bei HarmonyOS werde garantiert, dass nur die autorisierte Person mit dem richtigen Gerät auf die richtigen Daten zugreifen könne. Wenn die kollaborative Identitätsauthentifizierung mit mehreren Geräten aktiviert ist, können Nutzer ihre Smartphones nur mit einer Kombination aus Gesichtserkennung auf ihrem Smartphone und einer speziellen Prüfung entsperren. So soll beispielsweise sichergestellt werden, dass die Smartwatch, die der Nutzer trägt, mit dem Smartphone verbunden ist. Weiters verspricht der Hersteller, dass alle HarmonyOS-Apps während der Entwicklung, Veröffentlichung, Installation und Nutzung strenge Tests durchlaufen.

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Fazit

Mit HarmonyOS will Huawei eine drittes mobiles Betriebssystem etablieren. An solchen Vorhaben sind in der Vergangenheit bereits mehrere Großkaliber (siehe Mozilla mit FireFoxOS oder Microsoft mit Windows Mobile) gescheitert. Huawei hat jedoch einen Trumpf in der Hand - die eigenen Smartphones. Hier kommen also - ähnlich wie bei Apple und teils bei Google (Pixel-Smartphones) - die Hard- und Software aus einer Hand. Darüber hinaus werden in China nach wie vor Millionen Huawei-Smartphones verkauft. Und all dies Käufer sind natürlich auch potenzielle Kunden für App-Entwickler. So ist es durchaus möglich, dass Huawei ein Comeback bei den globalen Smartphone-Verkäufen gelingt. Das Unternehmen wird dabei aber einen langen Atem brauchen.

Neue Produkte

Neben HarmonyOS hat Huawei am Mittwoch auch noch eine Reihe an neuer Produkte (Smartwatches, Tablet und kabellose Kopfhörer) vorgestellt. Mit diesen werden wir uns in den kommenden Tagen näher beschäftigen. Einen Überblick gibt es aber bereits heute.

1. Smartwatch

Die neue Smartwatch-Serie Watch 3 umfasst vier unterschiedliche Varianten und ist mit einem gewölbten 1,43 Zoll großen OLED-Touchscreen und einem Gehäuse aus Edelstahl ausgestattet. Die smarte Uhr verfügt über eine neue Krone, die verschiedene Druckstufen erkennt und haptisches Feedback gibt. Das Pro-Modell setzt zudem auf ein kratzfestes Saphirglas. Mittels präzisem Temperatursensor kann Smartwatch die Körpertemperatur der Träger erkennen. Zudem unterstützt sie auch Blutzuckermanagement, Sturzerkennung und SOS-Funktionen. Als erste smarte Huawei-Uhr läuft die Watch 3 mit HarmonyOS. Verkaufsstart ist Anfang Juli, die Preise sehen wie folgt aus:

• Watch 3 Active Edition: 369 Euro
• Watch 3 Classic Edition: 399 Euro
• Watch 3 Pro Classic Edition: 449 Euro
• Watch 3 Pro Elite Edition: 599 Euro

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2. Tablet

Das neue MatePad 11 verfügt über ein 10.95-Zoll 120Hz-FullView-Display. Hier ist HarmonyOS bereits an Bord. Dadurch kann das Tablet nahtlos mit Smartphones und PCs zusammenarbeiten. Das MatePad 11 ist in Österreich ab August erhältlich. Der Preis wird rechtzeitig zum Verkaufsstart bekanntgegeben.

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3. Kopfhörer

Kaum zu glauben, aber Huawei bringt schon wieder neue kabellose In-Ear-Kopfhörer auf den Markt. Dieses Mal handelt es sich um die FreeBuds 4. Die True Wireless-Kopfhörer mit aktiver Geräuschunterdrückung verfügen über einen 14,3 Millimeter LCP-Treiber mit einem Hochfrequenzbereich von bis zu 40 Kilohertz. Davon soll vor allem der Klang bei niedrigen Lautstärken profitieren. Darüber hinaus soll die neue Bass Engine für einen ausgewogenen und tiefen Bass sorgen. Los geht es im August zum Preis von 149 Euro.

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