P40 Pro+ im großen Test
Neues Huawei-Flaggschiff hat eine "Wunder-Kamera"
16.06.2020
Das neue Top-Modell P40 Pro+ setzt bei der Smartphone-Fotografie neue Maßstäbe.
Huawei setzt seiner aktuellen Flaggschiff-Smartphone-Reihe die Krone auf. Bisher waren das P40 lite , das P40 und das P40 Pro verfügbar. Nun gesellt sich noch das P40 Pro+ hinzu. Samsung macht es bei seiner Galaxy S20-Reihe (S20, S20+ und S20 Ultra) ähnlich. Die neue Top-Version unterscheidet sich vom normalen Pro-Modell vor allem durch seine Fünffach-Leica-Kamera. Ansonsten gibt es keine gravierenden Unterschiede. Wir konnten das neue P40 Pro+ in den vergangen beiden Wochen bereits testen. Wie es sich dabei geschlagen hat, lesen Sie in den folgenden Absätzen.
Design und Handhabung
Huawei verbaut beim P40 Pro+ ein 6,58 Zoll großes Display. Da dieses über die gesamte Front reicht und zu allen Seiten hin abgerundet ist, fällt das Smartphone verhältnismäßig kompakt aus. Das neue Flaggschiff sieht besonders edel aus. Dafür sorgt vor allem die Rückseite aus Keramik. Beim normalen P40 Pro kommt hier Glas zum Einsatz. Unser weißes Testmodell zog zahlreiche Blicke auf sich. Auch die restlichen Materialien wirken sehr hochwertig und die Verarbeitung lässt keine Wünsche offen. Die duale Selfie-Kamera steckt links oben in einem Display-Loch und verleiht dem P40 Pro+ einen technoiden Touch. Auf der Rückseite steht das vertikal angeordnete Kameramodul ziemlich weit hervor. Da es jedoch breit gestaltet ist, wackelt das Smartphone nicht, wenn es auf einer ebenen Fläche liegt und man am Display herumtippt. Den Fingerabrucksensor verbaut Huawei im Display. Die erstmalige Einrichtung dauert rund drei Minuten (gilt auch für jeden weiteren Finger). Im Test funktionierte die Entsperrung sehr schnell und stets zuverlässig. Als weitere biometrische Entsperrfunktion ist eine 3D-Gesichtserkennung an Bord, die aufgrund der Dual-Selfiecam ebenfalls äußerst gut funktioniert. Selbst bei schlechtem Licht, ist das Smartphone per Blick im Nu entsperrt. Die manuellen Tasten (Lautstärkeregler und Power-Button) sind an der rechten Seite untergebracht. An der Unterseite gibt es nur einen USB-C-Anschluss (USB 3.1) - ein Klinkenstecker wie beim P40 Lite ist beim Pro+-Modell nicht an Bord. Mittlerweile haben sich viele Nutzer an den Entfall jedoch gewöhnt oder nutzen ohnehin kabellose Kopfhörer. Wichtiger dürfte den Käufern sein, dass das P40 Pro+ wasserfest und gegen Staub geschützt (IP68-Zertifikat) ist.
Leistung
Bei der Performance schneidet das Plus-Modell mit dem P40 Pro identisch ab. Beim Display lässt Huawei nichts anbrennen. Das 6,58 Zoll große OLED-Panel bietet eine Auflösung von 2.640 x 1.200 Px (FullHD+). Die Darstellungsqualität lässt keine Wünsche offen. Dazu tragen der ordentliche Kontrast, die natürliche Farbwiedergabe und die hohe Helligkeit bei. Fotos, Videos oder Texte werden gestochen scharf angezeigt und sind selbst bei Sonneneinstrahlung gut erkennbar. Bei der Bildwiederholungsrate geht Huawei einen eigenen Weg. Während Samsung den Nutzern beim Galaxy S20 5G die Wahl zwischen den herkömmlichen 60 Hz und den extrem flüssigen 120 Hz lässt, geht das P40 Pro+ den Mittelweg. Die 90 Hz sorgen ebenfalls für eine deutlich flüssigere Anzeige beim Scrollen durch Webseiten, kommen aber nicht ganz an das 120 Hz Niveau heran. Dafür verbraucht das Display aber auch weniger Energie. Bei der Performance wird das Smartphone seinem Flaggschiff-Anspruch gerecht. Im Test haben wir keine Herausforderung gefunden, an der das Gerät gescheitert wäre. Der hauseigene Achtkernprozessor Kirin 990 (bis zu 2,86 GHz) sorgt in Kombination mit der Grafikeinheit und den 8 GB RAM für eine hervorragende Rechenleistung. Grafisch aufwendige Spiele, Multitasking, Downloads von großen Dateien oder das Streamen von Videos sind für das P40 Pro+ leichte Übungen. Gleiches gilt für Befehlseingaben, die ohne jegliche Verzögerung umgesetzt werden. Den internen Speicher von 512 GB kann man mit Huaweis eigenen NM-Speicherkarten erweitern.
Akku, Ausstattung und Sprachqualität
Zu den weiteren Ausstattungs-Highlights zählen WLAN 6 (mit 160 statt 80 Hz; bis zu 2.400Mbps), Bluetooth 5.1, NFC sowie die Ortungsdienste A-GPS, Glonass, Galileo und NaviC. Darüber hinaus ist beim P40 Pro+ stets ein 5G-Modul verbaut. Derzeit gibt es in Österreich zwar nur lokal begrenzte 5G-Netze und nur sehr teure Tarife, doch für die Zukunft ist man damit gerüstet. Sollte 5G in zwei Jahren flächendeckend verfügbar und die Tarife erschwinglich sein, muss man sich nicht extra ein neues Smartphone kaufen. Zudem kann man das Gerät gebraucht zu einem höheren Preis verkaufen. Der Akku bietet eine Kapazität von 4.200 mAh und überzeugt mit einer sehr guten Ausdauer. Im durchaus ambitionierten Testalltag hielt das Smartphone im Normalzustand rund zwei Tage durch. Beim Laden treibt Huawei die Konkurrenz schon länger vor sich her. Das P40 Pro+ bietet eine Schnellladefunktion mit 40-Watt-Unterstützung - auch beim kabellosen Aufladen. Damit ist eine Vollladung in rund eineinhalb Stunden erledigt. Die umgekehrte Aufladefunktion ist mittlerweile zwar bekannt, aber immer noch sehr praktisch. Die P40-Reihe kann andere Geräte (Handys, Kopfhörer, etc.), die den kabellosen Qi-Standard unterstützen, aufladen, in dem man diese auf die Rückseite legt. Selbst einem iPhone-Nutzer (ab X) kann man somit aus der Patsche helfen. An der Gesprächsqualität gibt es nichts auszusetzen - Anrufer und Angerufener sind stets sehr gut und rauschfrei zu hören. In ruhiger Umgebung kann man selbst mit der integrierten Freisprechfunktion (ohne Headset) problemlos telefonieren.
Fotos und Videos
Käufern von teuren Flaggschiff-Smartphones ist eine sehr gute Kamera besonders wichtig. Deshalb werden in diesem Bereich nach wie vor die härtesten Kämpfe zwischen den Herstellern ausgetragen. Denn bei Design und Performance spielen mittlerweile alle ziemlich auf einem Niveau. Aus diesem Grund hat sich Huawei bereits vor einigen Jahren mit Leica einen ausgewiesenen Foto-Profi ins Boot geholt. Beim P40 Pro+ findet diese Kooperation ihren vorläufigen Höhepunkt. In unserem Test hat schon das normale P40 Pro hervorragend abgeschnitten, konnte sich aber vom Galaxy S20 Ultra oder iPhone 11 Pro Max nicht richtig absetzen. Dieses Trio setzte bisher die Maßstäbe bei der Smartphone-Fotografie. Doch die Betonung liegt dabei auf bisher.
Denn das P40 Pro+ hebt sich noch einmal deutlich vom P40 Pro ab. Dafür ist vor allem das Setup der Hauptkamera ausschlaggebend. Dieses sieht wie folgt aus:
Hauptkamera |
50 Megapixel mit f/1.9, 1/1,28 Zoll-Sensor |
Ultra-Weitwinkelkamera |
40 Megapixel mit f/1.8, 1/1,54 Zoll-Sensor |
SuperZoom-Kamera |
8 Megapixel mit f/4.4, OIS, Zoom: 10x optisch |
Telekamera |
8 Megapixel mit f/2.4, OIS, Zoom: 3x optisch |
Tiefenkamera |
ToF-3D-Sensor (Time of Flight) |
In Kombination mit der schlauen Software ermöglicht das P40 Pro+ eine Fotoqualität, die man vor nicht allzu langer Zeit nicht einmal hochwertigen Digitalkameras zugetraut hätte. Die automatische Scharfstellung erfolgt derart schnell, dass man davon gar nichts mitbekommt. Neben der Schärfe und dem hohen Kontrast hat uns vor allem der extreme Detailgrad beeindruckt. Selbst bei schlechten Lichtverhältnissen fängt die Kamera Details wie einzelne Haare, Wassertropfen oder Grashalme superscharf ein. Ein weiteres Highlight markiert der Nachtmodus. Mit diesem kann man selbst in finstere Räume reinfotografieren und erhält Ergebnisse, die schlichtweg verblüffen. Manchmal wirken die Farben dabei zwar etwas überzeichnet, dennoch ist das ganz großes Kino. Dieser Aussage wird auch die Ultra-Weitwinkel-Kamera gerecht. Bei dieser können die Pixel auf dem Sensor individuell angepasst werden und ermöglichen so Aufnahmen mit langer, kurzer oder normaler Belichtungszeit. Wer sich mit der Thematik näher beschäftigt, kann noch weitere (fast unzählige) Einstellungen für die verschiedenen Objektive treffen. Für Normalanwender reicht es aber aus, auf die Standardeinstellungen der Ultra-Weitwinkel-, Weitwinkel- und Teleobjektive zurückzugreifen. Sie werden von den Ergebnissen nicht enttäuscht sein. Bei der Videofunktion setzt das P40 Pro+ ebenfalls neue Maßstäbe. Hier kann die Lichtempfindlichkeit beispielsweise auf bis zu ISO51200 erhöht werden und ermöglicht dem Nutzer die Aufnahme von Ultra Slow-Motion-Videos, die es in sich haben. Und auch normale 4K-Clips können sich mehr als sehen lassen. Wir sind bereits auf die Ergebnisse des renommierten DxO-Mark-Ranking gespannt. Hier liegt bereits das normale P40 Pro mit 128 Punkten deutlich an der Spitze. Auf das Galaxy S20 Ultra hat es sogar sechs Punkte Vorsprung. Die Plus-Version dürfte noch besser abschneiden.
Beim P40 Pro und Galaxy S20 Ultra haben wir bereits kritisiert, dass die großen Zoom-Versprechen nicht gehalten werden können. Das P40 Pro+ liefert zwar auch hier beeindruckende Ergebnisse – aber eben nur für ein Smartphone. Huawei verbaut als einziger Smartphone-Hersteller eine Telekamera mit verlustfreiem, zehnfachem Zoom. Durch die Kombination mit der zweiten Telekamera ist sogar ein 20-facher Hybrid-Zoom möglich. Bis zu 30-fache Vergrößerungen sehen am Handy-Display tatsächlich noch sehr gut aus. Auf größeren Bildschirmen ist das Ergebnis mit dem 10-fach Zoom noch sehr ordentlich. Alles was darüber liegt, wirkt sehr pixelig und ist eigentlich unbrauchbar. Das gilt für allem für die höchste Zoom-Stufe (100-fach). Positiv ist, dass das P40 Pro+ beim Zoomen über ein kleines Vorschaufenster verfügt. So kann man das gewünschte Motiv selbst bei großen Entfernungen über das Display gut anvisieren.
Frontkamera
Wie bereits erwähnt, ist vorne eine Dual-Kamera untergebracht. Diese verfügt wie beim P40 Pro über ein 32 MP Hauptobjektiv und einen Tiefensensor. Letzterer sorgt dafür, dass auch bei Selfies der Bokeh-Effekt richtig gut zur Geltung kommt. Darüber hinaus gibt es einen separaten, KI-unterstützten Porträtmodus, der es in sich hat. In Kombination mit der guten Auflösung sind selbst einzelne Haarsträhnen erkennbar. Zudem wirken die Aufnahmen nicht gekünstelt. Video-Fans kommen mit der Frontkamera ebenfalls auf ihre Kosten. Denn auch sie ermöglicht die Aufnahme von 4K-Videos.
Software als einziges Handicap
Bei der Hardware war also klotzen statt kleckern angesagt. Hier spielt das P40 Pro+ in der absoluten Android-Oberliga. Bei der Software sieht es etwas anders aus. Doch daran hat nicht unbedingt Huawei schuld. Nach den bereits erhältlichen P40-Modellen, der aktuellen Y-Serie , dem Mate 30 Pro, dem Mate Xs und dem MatePad Pro (Tablet) ist das P40 Pro+ das nächste Smartphone des Herstellers, das von den harten US-Sanktionen betroffen ist. Es läuft zwar mit - der offenen Version von - Android 10 und verfügt über die eigene, sehr übersichtliche Oberfläche EMUI 10.1, muss aber ohne Google-Dienste und -Apps (Play Store, GMail, Maps, etc.) auskommen. Huawei setzt jedoch derzeit alles daran, den eigenen Appstore, die App Gallery, so schnell wie möglich zu einer echten Alternative zu Google Play und Apples App Store zu entwickeln. Derzeit ist das Angebot im direkten Vergleich aber noch überschaubar. Einige schwergewichtige Apps (Amazon, Telegram, TikTok, Kartendienst von TomTom, etc.) sind aber bereits vorhanden. Darüber hinaus ist es sehr einfach, an beliebte Apps zu kommen – wie man etwa WhatsApp oder Facebook auf neuen Huawei-Smartphones installiert, können Sie hier nachlesen . Wer also im Google-Universum nicht fix verankert ist, kommt mit den neuen Huawei-Smartphones auch ohne offizieller Lizenz relativ problemlos durch den Alltag. Wer hingegen ständig Programme wie GMail, Photos, Maps oder den Assistant nutzt, wird wohl kaum umsteigen. Zwar kann man auch Apps wie Google Maps via Sideload auf die neuen Huawei-Handys laden, davor warnt der Suchmaschinenriese aus Sicherheitsgründen (fragwürdige Quellen) jedoch.
Fazit
Mit dem P40 Pro+ hat Huawei einmal mehr unter Beweis gestellt, dass das Unternehmen mit seinen Top-Smartphones in der absoluten Oberliga mitspielt. An der Ausstattung, der Performance, der Laufleistung und der Verarbeitungsqualität gibt es kaum etwas auszusetzen. Die Hauptkamera setzt mit ihren fünf Leica-Linsen sogar neue Maßstäbe. Lediglich der fehlende Klinkenanschluss, der sich mittlerweile bei fast allen Top-Smartphones durchgesetzt hat, kann als kleiner Störfaktor angeführt werden. Größtes Manko des P40 Pro+ ist die fehlende Google-Lizenz. Wie viele Kunden sich fehlende Apps selbst suchen und installieren oder auf sie verzichten, werden die Verkaufszahlen zeigen. Der Preis von 1.399 Euro für die Version mit 8 GB RAM und 512 GB ROM ist angesichts der Performance angemessen. Um dieses Geld bekommt man beispielsweise aber auch ein Galaxy S20 Ultra, bei dem man nicht auf den Play Store, Google Maps & Co. verzichten muss. Wir vergönnen Huawei jedenfalls einen Verkaufserfolg. Das P40 Pro+ ist ab Ende Juni in den Farben Ceramic White und Caramic Black in Österreich verfügbar.