Umstellung auf neues Internetprotokoll ist zwingend. Alte Router können Probleme verursachen.
Zum zwanzigjährigen Jubiläum des Internets tickt die Uhr derzeit etwas gegen diese technische Errungenschaft. Denn in einer gar nicht mehr so fernen Zukunft werden die Adressen für die im World Wide Web verbundenen Geräte aufgebraucht sein. Und immer mehr drängen ins Netz - nicht nur Computer, sondern auch die populären Smartphones und demnächst wohl noch Fernseher, Haushaltsgeräte und Autos. Damit sie dann alle miteinander kommunizieren können, wird ein neues Adress-System gebraucht. Dessen Einführung kommt aber nur schleppend voran.
Neues Internetprotokoll IPv6 muss starten
Derzeit wird zur
Identifizierung der Geräte im Internet ein System benutzt, das sogenannte
Internetprotokoll in der Version 4, kurz IPv4. Es wurde vor fast 30 Jahren
entwickelt, als es noch utopisch erschien, dass einmal mehr als vier
Milliarden Adressen gebraucht würden. Jetzt ist die Zukunft schon da und
gerade einmal sechs Prozent (Stand 7. Juni) des IPv4-Adressraums stehen noch
zur Verfügung. Bis die letzten Adressen verteilt sind, dauert es vermutlich
nur noch etwas mehr als ein Jahr.
Abhilfe soll das Internetprotokoll in der Version 6 schaffen, kurz IPv6 genannt. Es bietet fast unendlich viel Platz, bei der Einführung sind vor allem die Provider gefordert, auf die einiger Aufwand zukommt. Das sei aber eine einmalige Aktion, betont Frank Orlowski, Manager bei DE-CIX, dem weltweit zweitgrößten Internetknoten in Frankfurt am Main. Wenn das erledigt sei, "dann brauchen wir das nicht noch einmal machen".
Der neue Adressraum sei absolut zwingend, sagt Orlowski im Gespräch mit der deutschen Nachrichtenagentur DAPD mit Blick auf das sogenannte "Internet der Dinge", wenn Kühlschränke, Autos, der Stromzähler und vieles mehr über Datenströme miteinander verbunden sein werden. Schon jetzt explodiere durch die zunehmende Verwendung von Smartphones der Bedarf an Internetadressen. "Deutschland ist bei der Umsetzung von IPv6 noch zu zurückhaltend", sagte Orlowski nach dem "IPv6-Kongress", der Ende Mai in Frankfurt am Main stattfand. Es werde aber immer wichtiger, jetzt die Planung für den Umstieg aufzunehmen.
Für die Umstellung auf IPv6 werben und Hilfestellungen bieten soll auch Ende Juni der "3rd German IPv6 Summit" (3. Deutsche IPv6-Gipfel), zu dem das Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik an der Universität Potsdam lädt.
Für Nutzer bleibt der Umstieg nahezu unbemerkt
Von dem
Umstieg auf IPv6, der auf technischer Seite eine kleine Revolution ist, wird
der Nutzer aber wohl nicht allzu viel mitbekommen. Das werde ähnlich wie
beim Wechsel eines Stromanbieters sein, von dem der Kunde auch nichts merke,
erklärt Professor Christoph Meinel, Direktor des Hasso-Plattner-Instituts
und Vorsitzender des Deutschen IPv6-Rats. Auch würden IPv4 und IPv6 wohl
noch einige Zeit nebeneinander existieren. Die "Übergangszeit"
könne zehn bis 20 Jahre dauern, erklärt Meinel.
Alte Router könnten Probleme verursachen
Wer die
Möglichkeiten von IPv6 nutzen will, braucht dazu die richtige Hard- und
Software. Von den Betriebssystemen her sind keine Probleme zu erwarten, die
meisten könnten IPv6 schon heute nutzen. Anders sieht es da zum Beispiel mit
DSL-Routern aus, wie sie in vielen Haushalten stehen. Es könne gut sein,
dass nicht alle älteren Geräte IPv6-fähig seien, erklärte AVM, der
Hersteller der Fritz!Box-Geräte. Neuere Geräte unterstützten IPv6, für
andere Geräte werde es möglicherweise Firmware-Updates geben. Wie ein
Umstieg konkret aussieht, erklärt AVM auf seiner Website. Da der Wechsel zum
neuen System aber ohnehin nicht über Nacht kommt und IPv6 und IPv4 noch eine
ganze Weile nebeneinander arbeiten werden, ist Panik fehl am Platze.
Wer genau wissen will, wie lange es noch dauert, bis voraussichtlich alle IPv4-Adressen vergeben sind, kann auf der Website des IPv6-Forums nachsehen - da läuft der Countdown.