Autor profitiert ironischerweise genau von den Mechanismen, die er kritisiert.
Das Video eines britischen Filmemachers, der dazu aufruft, häufiger mal vom Smartphone-Bildschirm hochzublicken, ist im Internet zu einem umstrittenen Überraschungshit geworden. Rund elf Tage nach Veröffentlichung wurde es bis Dienstag über 20 Millionen Mal bei der Videoplattform YouTube angesehen.
Liebesgeschichte
Der Autor Gary Turk, der bisher vor allem Musikvideos drehte, erzählt in "Look Up" in knapp fünf Minuten eine Liebesgeschichte, die es nicht gegeben hätte, wenn zwei Menschen auf ihre Handy-Bildschirme gestarrt hätten. "Ich habe 422 Freunde, aber ich bin einsam", beginnt Turk seinen Begleittext. Er kritisiert in Reimen unter anderem, dass der Blick auf die Displays soziale Kontakte ersetzt habe und die Kinder nicht mehr wie früher draußen spielten. "Wir sind eine Generation von Idioten, mit smarten Telefonen und dummen Leuten", lautet sein Fazit.
Geteilte Meinungen
Das Video traf einen Nerv und polarisierte Internet-Nutzer. Die einen lobten die Botschaft als tiefgründigen Aufruf, ein "echtes" Leben zu leben. Andere kritisierten den Kurzfilm als überdramatisiert und scheinheilig. Ironischerweise verbreitete sich das Video über die gleichen Kanäle, gegen die Turk in ihm wettert. Die Zahl der Klicks schnelle vor allem dann in die Höhe, wenn Prominente wie der Tennisspieler Andy Murray dazu auf ihren Twitter-Profilen verwiesen hatten. Und mit der eingeblendeten Werbung konnte der Filmemacher auch finanziell von dem Erfolg seines sozialkritischen Protestfilms profitieren. Auch wenn es keine feste Berechnungsgrundlage gibt, werden die elf Millionen YouTube-Klicks Turk vermutlich einige zehntausend Dollar an Werbeeinnahmen eingebracht haben.