Durchbruch?
Neues Material macht Objekte unsichtbar
10.08.2015Wiener Physiker zeigen die bahnbrechende Innovation in der Theorie.
Theoretisch ist es möglich, strukturierte Materialien herzustellen, die Licht völlig ablenkungsfrei passieren lassen. Das konnten Wiener Physiker erstmals in Berechnungen zeigen. Bis zur technischen Umsetzung sei zwar noch viel zu tun, solche Materialien wären dann aber von einer Seite "unsichtbar", wie Stefan Rotter von der Technischen Universität (TU) Wien der APA erklärte.
Eine Welle dringt in ein Material ein: Normalerweise kommt es zu komplizierten Wellenüberlagerungen, zu hellen und dunklen Bereichen. Bild: © TU Wien
Kann die Streuung unterdürckt werden?
"Wenn eine Lichtwelle auf ein Hindernis trifft, wird sie gewöhnlich gestreut, also zurückreflektiert und abgelenkt. Es entsteht Interferenz (eine Überlagerung der Lichtwellen, Anm.), und dieses entsprechende Interferenzmuster führt dazu, dass die Welle eine relativ komplizierte Form annimmt. An manchen Stellen ist es dann heller und an anderen dunkler", so der Forscher vom Institut für Theoretische Physik der TU. Das Wiener Forschungsteam und Kollegen aus den USA dachten nun darüber nach, ob eine solche Streuung unterdrückt werden kann, "wenn man in das Material auf geschickte Weise Verstärkung und Verlust einbaut - und zwar genau so, dass die Welle in das Objekt eindringt und darin überall die gleiche Intensität hat".
Eine Welle dringt in ein Material ein: Bei speziell designten nicht-hermitischen Materialien bleibt die Welle unbeeinflusst. Bild: © TU Wien
Konzept entwickelt
Die Physiker haben nun ein mathematisches Konzept dafür entwickelt, wie ein Material beschaffen sein muss, um die Interferenz völlig auszuschalten und berichteten darüber im Fachjournal "Nature Communications". "Für die Welle ist das Material in gewissem Sinn unsichtbar, obwohl sie es durchdringt und mit ihm stark wechselwirkt", so Konstantinos Makris in einer Aussendung der Uni. "Interessant ist, dass man solche 'Wellen mit konstanter Intensität' überhaupt erzeugen kann", erklärte Rotter. Durch diese ungewöhnlichen Eigenschaften könnten sich diese neuartigen Lösungen der Wellengleichung des Lichts technisch nutzen lassen.
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Es gebe bereits Ansätze, wie so ein Material hergestellt werden könnte. Versuche in dieser Richtung beschränken sich aber bisher auf das Labor, der Aufwand sei noch sehr hoch. In dem Forschungsgebiet tue sich momentan aber einiges, wie Rotter erklärte.
Forscher optimistisch
Auch die Entwicklung sogenannter "Metamaterialien" habe viele Jahre gedauert. Diese speziell strukturierten Materialien lenken Licht auf ungewöhnliche Weise ab und können es in bestimmten Fällen um ein Objekt herum führen. Wie bei einem Tarnumhang können Dinge so unsichtbar gemacht werden.
Angesichts dieser Fortschritte zeigte sich Rotter optimistisch, dass auch die neue Idee nun vermehrt aufgegriffen wird. Könnten doch so Strukturen, die bisher das Licht stark beeinflusst haben, dieses nun sogar unverändert durchlassen. So lasse sich "ein Tarnmantel erzeugen, der die Lichtwelle durch das Objekt durchschleust", mit dem Effekt, dass eine solche Struktur von der Seite, an der das Licht wieder austritt, nicht zu sehen wäre.
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