Konkurrenten und Experten reagieren mit Skepsis auf Microsofts Tablet-PCs.
Die Erwartungen an Microsoft-Chef Steve Ballmer waren groß - und wurden enttäuscht. Vor Ballmers Rede zum Auftakt der Elektronikmesse CES in Las Vegas sah es so aus, als wollte der Software-Gigant zusammen mit dem weltgrößten PC-Hersteller Hewlett-Packard den Rivalen Apple übertrumpfen und als Erster einen neuartigen Tablet-Computer vorstellen. Doch nach Einschätzung der meisten Branchenexperten griff der von Ballmer gezeigte Kompaktcomputer "Slate" zu kurz.
Analysten unbeeindruckt
"Eigentlich hat Ballmer nur einen
kleinen PC gezeigt, der mit Windows 7 läuft", sagte Analyst
Michael Gartenberg. "So etwas hatten wir schon einmal - und niemand hat
die Dinger gekauft." Gartenberg spielte damit auf den kommerziellen
Misserfolg der Ultra Mobile PC (UMPC) an, die vor vier Jahren auf der CES
präsentiert worden waren. Wenig beeindruckt zeigten sich viele Beobachter
auch von den demonstrierten Anwendungen. Der Microsoft-Chef hatte lediglich
vorgeführt, wie man auf dem Gerät ein E-Book lesen und ein Video abspielen
kann.
Hohe Erwartungen an Apple-Tablet
Darum soll es auch bei dem für
Ende Jänner erwarteten Apple-Gerät
gehen, doch im Gegensatz zu Ballmers "Slate" wird der
Apfel-Rechner als Heilsbringer unter anderem für die Medienbranche
gehandelt. Diverse US-Magazine demonstrierten bereits, wie sie sich schicke
digitale Ausgaben für mobile Geräte vorstellen, mit denen sie die
schwindenden Print-Umsätze aufbessern wollen.
Tablet-Computer - mobile Geräte, bei denen alle Eingaben hauptsächlich oder ausschließlich über einen berührungsempfindlichen Bildschirm erledigt werden - sind an sich nicht neu. Microsoft und seine Partner versuchen schon seit Jahren, sie auf dem Markt zu etablieren. Das blieb bisher erfolglos: Zu hoch war der Aufpreis, zu langsam die Internetverbindungen, zu kurz die Akku-Laufzeit und zu gering der zusätzliche Nutzen.
Microsoft Chef Steve Ballmer bei der Vorstellung der neuen Tablet PCs. Bild: APA
Technik und Inhalte wären vorhanden
Doch jetzt ist die
Technik reif. Und es gibt immer mehr digitale Inhalte für mobile Geräte - ob
Filme, Bücher oder Zeitungsartikel. Die Zeit für eine neue Geräteklasse ist
gekommen. Und Apple wird in der Pole-Position gesehen, allein schon weil der
US-Konzern bereits mit dem iPod-Player den Musikmarkt und mit dem iPhone die
Mobilfunk-Industrie umgekrempelt hat. Zudem verfügt Apple mit dem iTunes
Store über ein auf Hochtouren laufendes Verkaufs- und Abrechnungssystem.
Doch Apple ist nicht allein. Die Branche liefert sich derzeit ein Wettrennen um den mobilen Medien-Computer der Zukunft. Mit dabei sind Lesegeräte für digitale Bücher wie das "Kindle" des Online-Händlers Amazon. Auf der CES hat zudem die neue Minicomputer-Klasse der "Smartbooks" Premiere, die zwischen Mobiltelefonen und den bisherigen Mini-Notebooks angesiedelt ist.
Kein glücklicher Auftakt
Auch Microsoft und Hewlett-Packard
wollen den "Slate" ("Schiefertafel") noch in diesem Jahr
auf den Markt bringen. Zur Vorstellung des Geräts gab es einen Patzer: Die
Rede von Ballmer, mit der die Consumer Electronics Show 2010 offiziell
eröffnet wurde, begann mit einer Panne. Nach einem Stromausfall im Ballroom
des Hilton Hotels mussten sämtliche Demo-Rechner neu gestartet und der
Beginn der Veranstaltung um eine halbe Stunde verschoben werden. Ein
Groß-Fernseher mit Microsoft-Programmen, den Ballmer bei seinem Auftritt
eigentlich vorführen wollte, wurde bei dem Zwischenfall zerstört.