Neue Ziele
So einfach knacken Hacker Autos & Handys
29.08.2012
Mittlerweile können Fahrzeuge auch völlig ohne Gewalt entwendet werden.
Traditionell sind Daten von fremden Computern für Hacker eine feine Sache. Doch mit dem Triumphzug der Smartphones und der zunehmenden Vernetzung von Autos haben sie jetzt noch attraktivere Ziele ausgemacht.
Autos ohne gewallt knacken
Datenfüchse, die auf Schwachstellen moderner Elektronik spezialisiert sind, verlegen sich immer häufiger auf das Knacken von Autos - ganz ohne Gewalt. Im Internet kursiert ein Video, dass eine Gruppe Männer beim Aufbrechen eines BMWs in England zeigt. Angeblich soll der Mitschnitt einer Überwachungskamera belegen, dass die Täter die elektronische Schnittstelle des Wagens nutzen, um ihn starten zu können. Auf dem Band ist zwar zu sehen, wie die Gauner mit einem Schnittstellengerät hantieren, sein erfolgreicher Einsatz ist darauf aber nicht belegt. Ein BMW-Sprecher räumt ein, dass die Diebstahlrate in England gestiegen ist, mit der Software des Wagens habe das allerdings nichts zu tun. Die Autos seien für Diebe schlicht attraktiv.
IT-Experte Genes hält es für durchaus möglich, dass Gangster Autos mit Software zum Laufen gebracht haben. Fahrzeuge würden offenbar gekapert, ohne dass die Alarmanlage angegangen sei. "Und dann haben die Jungs ein kleines elektronisches Gerät, dass eindeutig in die On-Board-Diagnostik reingeht und binnen drei Minuten haben sie den Schlüssel und fahren das Auto weg."
Bei den Smartphones stehen Android-Geräte hoch im Kurs
Millionen Menschen nutzen bereits ein internetfähiges Handy, das fast mehr und vor allem interessantere Daten sammelt als herkömmliche Laptops. Denn die Benutzer kommunizieren mit den Geräten nicht nur schriftlich, sondern telefonieren auch und hinterlassen so via Navigationssystem Spuren auf Stadtplänen und Landkarten. Und die neuesten Apparate funktionieren über Kurzstreckenfunk sogar als elektronische Geldbörsen.
Vor allem auf das inzwischen weit verbreitete Google-Handybetriebssystem Android haben es die Hacker abgesehen. "Aus den Hunderten Android-Bedrohungen von Mitte 2011 sind in diesem Jahr Tausende geworden", heißt es in einem Bericht der Intel-Tochter McAfee. Ende März seien 7.000 Arten von Schad-Software gegen das Betriebssystem gerichtet gewesen. Bis Jahresende dürfte die Zahl auf knapp 130.000 anschwellen, prophezeit die japanische Anti-Virensoftwarefirma Trend Micro.
Lukrative Geschäftsmodelle für die IT-Ganoven bestehen längst. In Japan erpresste ein Hacker-Ring mit einer Porno-App im Durchschnitt 2.000 Dollar von seinen Opfern bevor er aufflog, berichtet Technikchef Raimund Genes von Trend Micro. Die Täter schleusten ein fernsteuerbares Kleinprogramm auf die Smartphones der Betroffenen und drohten damit, die anzüglichen Bilder an alle Telefonbuch-Kontakte der Nutzer zu verschicken.
Insgesamt hat es seit vergangenem Jahr rund 25.000 IT-Angriffe auf die neuen Alleskönner gegeben. Zu den Schäden gibt es bisher aber keine verlässlichen Schätzungen.
Neben gezielten Attacken sind auch gewöhnliche Schad-Programme (Malware) im Umlauf. "Im ersten Quartal entwickelten Malware-Autoren einen der ersten zerstörerischen Android-Trojaner", erklärt McAfee. Die Software "sucht auf der SD-Karte nach gespeicherten Fotos und fügt jeder Datei ein Bild von Ajatollah Chomeini hinzu. Die Malware ist fehlerhaft, daher fügt sie so lange Bilder hinzu, bis kein Platz mehr auf der Karte ist."
Für professionelle Hacker sind gezielte Attacken auf einzelne Smartphones aber oft viel interessanter. Sie täuschen dem Benutzer beispielsweise vor, der Apparat müsse seine Software aktualisieren - und lotsen so eine Spionage-App auf das Gerät. Manche dieser Malwares verwandeln das Smartphone im Sinne der Schnüffler in einen Daten-Zombie, der Gespräche mitschneidet, E-Mails oder Telefonbücher kopiert und die Ortsdaten des Handys übermittelt - ohne dass es der Besitzer merkt.
Gegen maßgeschneiderte Attacken auf einzelne Geräte ist bisher kein Kraut gewachsen, warnt IT-Experte Genes. Die elektronischen Spione werden zudem oft erst sehr spät entdeckt. Die Gefahr wächst mit der Verbreitung von Android und den passenden Apps. Zwei Drittel aller neu verkauften Smartphones arbeiten mittlerweile schon mit der Google-Software, gut 700.000 Apps sind verfügbar.
Der US-Konzern wehrt sich gegen den Eindruck, Android sei ein unsicheres System und der zugehörige App-Webshop eine Art Infektionsherd. "Die Anti-Virusunternehmen spielen mit Ängsten, um ihre Software für Android, RIM und iOS zu verkaufen." Vorwürfe gegen Google seien unehrenhaft. "Keines der bedeutenden Mobiltelefone hat ein Virus-Problem im herkömmlichen Sinn wie bei Windows oder auf manchen Mac-Rechnern", so Google-Manager Chris Di Bona in einem Blog.
Fotos vom Test des LG Optimus 4X HD