Kryptowährung als Energiefresser - jede Transaktion entspricht knapp einer Million Kreditkarten-Buchungen.
Dass der Bitcoin einen enormen Energiebedarf hat, ist schon länger kein Geheimnis mehr . Elon Musk, hat das Thema mit seiner Entscheidung, dass man Tesla-Autos nicht mehr mit der Kryptowährung bezahlen darf , Ende letzter Woche erneut ins Rampenlicht gestellt. Anfang dieser Woche legte er dann noch einmal nach und die Kryptowährung verlor massiv an Wert. Als Grund für seine Entscheidung nannte Musk Umweltbedenken. Das dezentrale Bitcoin-Netzwerk verbraucht nämlich riesige Mengen an Strom, der zu einem bedeutsamen Teil nicht aus nachhaltigen Quellen stammt. Das passt natürlich nicht zu Teslas Firmencredo, das wie folgt lautet: "Unsere Mission ist es, den Übergang der Welt zu nachhaltiger Energie zu beschleunigen". Für viele stellt sich nun die Frage, wieviel Strom verbraucht die Kryptowährung nun tatsächlich?
Vergleiche als Veranschaulichung
Wie hoch der Strombedarf des Bitcoin insgesamt ausfällt, kann man nirgendwo exakt ablesen. Die Plattform Digiconomist des niederländischen Ökonomen Alex de Vries schätzt, dass jährlich knapp 100 Terawattstunden dafür anfallen. Forscher am Center for Alternative Finance der Universität Cambridge kommen auf einen noch etwas höheren Wert: Sie haben einen Jahresverbrauch von rund 141 Terawattstunden pro Jahr errechnet. So viel Energie verbrauchen auch ungefähr die Niederlande, ein Land mit 17 Millionen Einwohnern.
Der hohe Energieverbrauch kann auch auf die konkrete Verwendung des Bitcoin heruntergebrochen werden: Die Cambridge-Forscher haben ausgerechnet, dass jede Transaktion einen Fußabdruck von 428 Kilogramm des Klimagases CO2 hinterlässt. Das entspricht knapp einer Million Buchungen beim Kreditkartenanbieter Visa oder dem Konsum von rund 71.000 Stunden YouTube-Videos.
Darum verbraucht der Bitcoin so viel Strom
Der Energiebedarf ist auf die Vorgaben des Erfinders des Bitcoin zurückzuführen, der nur unter dem Pseudonym "Satoshi Nakomoto" bekannt ist. Er musste einen Weg finden, um Doppelausgaben des Digitalgeldes zu verhindern. Beim Papiergeld besteht das Problem nicht, weil jeder Geldschein aus dem Portemonnaie verschwindet, sobald er ausgegeben wurde. Aber bei digitalem Geld könnte jemand die Datei kopieren und den virtuellen Geldschein immer wieder ausgeben.
Als Lösung hat Satoshi für die Kontrolle der Bitcoin-Verwendung und das Schürfen neuer Bitcoins ein Verfahren festgelegt, das auf der Lösung von mathematischen Problemen durch die "Miner" (Bergleute) beruht. Damit wird in dem Netzwerk auch sichergestellt, dass Transaktionen nicht rückgängig gemacht werden können. Man bräuchte mehr als die Hälfte der gesamten Rechenleistung im Bitcoin-Netzwerk, um es zu manipulieren und etwa einen Bitcoin doppelt auszugeben.
Die Schürfer
Die Betreiber der Rechner im Netzwerk werden für ihre Arbeit belohnt. Allerdings kommt immer nur derjenige zum Zug, der das Ergebnis zuerst liefert. Alle anderen "Miner" gehen leer aus. Dieses ineffiziente "Proof of Work"-Verfahren ist der eigentliche Grund für den hohen Energie-Konsum. Kleinere Kryptowährungen wie Peercoin, Blackcoin und Nxt verwenden ein anderes Verfahren ("Proof of Stake"), bei denen die Rechenleistung der "Miner" keine Rolle spielt. Hier werden die Arbeitsaufgaben zur Blockbildung wie bei einer Lotterie vergeben. Dabei werden diejenigen Pools bevorzugt, die bereits über viele virtuelle Münzen verfügen.
Weil der Besitz von Hochleistungsrechnern bei diesem neuen Verfahren nicht mehr entscheidend ist, lehnen die meisten "Miner" in der Bitcoin-Community einen Umstieg auf das umweltfreundlichere Konsensverfahren ab. Schließlich haben sie große Summen in ihre Technik investiert und wollen diese nicht wertlos machen.
Energiehunger dürfte noch steigen
Experten wie der niederländische Ökonom de Vries sehen vor diesem Hintergrund keine Perspektive, dass der Bitcoin irgendwann weniger Energie verschlingen wird - ganz im Gegenteil. Der steigende Kurs animiere immer mehr kommerzielle Bitcoin-Schürfer, ins Geschäft einzusteigen - auch mit älteren Rechenzentren, deren Betrieb sich bei einem niedrigeren Kurs nicht mehr gelohnt hat.
Der Wirtschaftswissenschaftler Philipp Sandner sieht hier allerdings keinen großen Unterschied zu klassischen Anlageformen wie Gold und Silber. Da werde auch die Umwelt belastet. Und wenn der Goldkurs steige, lohne es sich auch, noch mehr Diesel, Strom und Chemikalien einzusetzen, um aus bisher unrentablen Minen Gold zu schürfen, sagt der Professor an der Frankfurt School of Finance & Management.
Woher kommt der Strom
Für Sandner ist nicht die Summe der Energie entscheidend, sondern die Energiequelle. "Das Bitcoin-Netzwerk wird schon heute zu 60 bis 65 Prozent - je nach Schätzung - mit grüner Energie betrieben." So seien bei der Bitcoin-Erzeugung neben China und Ländern wie Tadschikistan auch Regionen wie Nord-Norwegen sowie Schweden, Finnland und Island hoch im Kurs. Forscher in Cambridge haben allerdings nur einen Anteil von rund 40 Prozent erneuerbarer Energie im Bitcoin-Netzwerk ausgerechnet und verweisen auf problematische Umstände in Ländern wie dem Iran.
Diese Probleme halten aber Bitcoin-Fans nicht davon ab, weiterhin auf die Kryptowährung zu setzen. Und selbst für Tesla hat sich das Bitcoin-Engagement bisher mehr als gelohnt. Musk hatte Anfang Februar in seinem Unternehmen durchgesetzt, dass 1,5 Milliarden Dollar des Barvermögens von Tesla in die Digitalwährung investiert werden. Und einen Teil der Gewinne hat Musk schon mitgenommen. Im jüngsten Geschäftsquartal hatte das Unternehmen Bitcoins im Wert von fast 300 Millionen Dollar wieder verkauft und nach eigenen Angaben rund 100 Millionen verdient.