Großer Forschungserfolg
Sperma-Check per Smartphone
23.03.2017
Kann schnell und einfach auf Probleme mit Fruchtbarkeit hinweisen.
Millionen von Paaren weltweit wollen ein Kind, doch es klappt nicht. Die Ursachen liegen in etwa der Hälfte der Fälle beim Mann. Ein unkomplizierter und günstiger Test mit Hilfe eines Smartphones könnte Männern künftig die Untersuchung ihres Spermas erleichtern. US-Forscher stellten ein solches System für die Heimanwendung nun im Fachblatt "Science Translational Medicine" vor.
Der Test könne ähnlich unkompliziert und in privater Umgebung eingesetzt werden wie ein Schwangerschaftstest und zum Beispiel ungewollt kinderlose Paare auf mögliche Probleme mit der Fruchtbarkeit der Männer hinweisen, schrieben die Wissenschafter. Bisher existiere er allerdings nur als Prototyp, ein Zulassungsantrag bei den zuständigen US-Behörden sei geplant.
Weltweit hätten bis zu zwölf Prozent der Männer im Laufe ihres Lebens Probleme mit der Fruchtbarkeit, schrieben die Forscher in ihrem Beitrag. Für viele Männer sei die Hürde hoch, ihre Spermaqualität testen zu lassen. "Männer müssen eine Spermaprobe in diesen Zimmern in Krankenhäusern abgeben, eine Situation, in der sie oft Stress, Peinlichkeit, Pessimismus und Enttäuschung empfinden", erläuterte Studienleiter Hadi Shafiee von der Harvard Medical School in Boston. "Wir wollten einen Fruchtbarkeits-Test für Männer anbieten, der ähnlich einfach und preisgünstig ist wie ein Schwangerschafts-Heimtest."
Das von ihnen entwickelte Testsystem besteht aus einem optischen Zubehörteil, auf dem das Smartphone befestigt wird. Die nicht weiter aufbereitete Spermaprobe wird auf eine Art Einmal-Chip geladen, der dann in das Zubehörteil geschoben wird. In weniger als fünf Sekunden analysiert die Kamera des Smartphones dann Spermienkonzentration und -beweglichkeit in der Probe. Eine App führt den Nutzer durch die Anwendung. Die Materialkosten beliefen sich auf umgerechnet rund vier Euro, so die Forscher.
Das Team um Shafiee testete das System an 350 Spermaproben und verglich die Genauigkeit mit herkömmlichen Methoden zur Spermabeurteilung. Das Ergebnis: Das System erlaubt eine verlässliche Beurteilung der Spermienqualität basierend auf den Qualitätskriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Mit einer Genauigkeit von etwa 98 Prozent entdeckte es Proben mit einer Konzentration von unter 15 Millionen Spermien pro Millimeter und/oder einem Anteil beweglicher Spermien von weniger als 40 Prozent, berichteten die Wissenschafter.
Auffällige Spermaproben identifizierte es genauso gut wie die herkömmlichen Methoden, also die manuelle oder computergestützte Beurteilung der Spermienqualität unter dem Mikroskop. Ihr System eigne sich damit prinzipiell auch dazu, die herkömmlichen, personalintensiven und teuren Verfahren zu ersetzen, schrieben die Wissenschafter. Computergestützte Methoden fehlten in vielen Fruchtbarkeitszentren oder kleineren Krankenhäusern, dort würden manuelle Verfahren eingesetzt, die aufwendig und zudem subjektiv seien. Die Wissenschafter belegten in ihrer Studie weiter, dass auch ungeübte Anwender mit dem Test zurechtkommen.
Weitere Einsatzmöglichkeiten
Eine weiteres Einsatzgebiet sehen die Forscher in der Kontrolle von Vasektomie-Patienten, also von Männern, die sich ihre Samenleiter zur Sterilisation durchtrennen lassen. Um den Erfolg dieser Operation zu prüfen, müssen die Patienten für mehrere Wochen regelmäßig prüfen, ob ihre Samenflüssigkeit weitgehend frei von Spermien ist. Es wäre ein großer Vorteil, wenn die Patienten dazu nicht zum Arzt gehen müssten, sondern einfach zu Hause einen Test durchführen könnten.
Lediglich Orientierung
Es sei faszinierend und in einigen Fällen sicher hilfreich, abseits von großen Infrastrukturen entsprechende Untersuchungen durchführen zu können, sagt Hans-Christian Schuppe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin (DGRM). "Solche Heimtests sollten allerdings lediglich der Orientierung dienen und nicht als Ersatz für eine fachliche Labordiagnostik."
Zum einen sei der Mensch nach wie vor computergestützten Systemen überlegen, wenn es um die Gesamtbeurteilung der Samenqualität gehe, erklärte Schuppe. "Ein geübter Untersucher hat immer auch andere Parameter im Blick als nur Spermienzahl und -beweglichkeit. Er beurteilt etwa auch die Form der Spermien und sieht, ob sich andere Zellen in der Probe befinden, die zum Beispiel weitere Hinweise auf Störungen der Hodenfunktion oder andere Erkrankungen geben könnten."
Zum anderen bleibe die Frage, wie die Männer nach einem Heimtest mit dem Ergebnis umgehen. "Ich habe aus meiner Erfahrung das Gefühl, dass viele Männer und Paare zum Beispiel mit Informationen aus dem Internet völlig überfordert sind. In diesem sensiblen Bereich muss eine ärztliche Beratung weiter stattfinden."