Neben Swatch bringen auch Luxusuhrenhersteller eigene Computer-Uhren.
Lange Zeit hat die traditionsreiche Schweizer Uhrenindustrie die modernen Computer-Uhren als kurzlebige Spielzeuge abgetan. Nun aber will die Branche angesichts der schwächelnden Nachfrage nach analogen Chronometern und aufgeschreckt vom Erfolg des Technologiekonzerns Apple in den wachsenden Markt für kommunikationsfähige Zeitmesser einsteigen und sich einen Teil des Kuchens sichern. Der iPhone-Hersteller etablierte sich in kürzester Zeit mit der Apple Watch
als Nummer eins der Branche. Zuletzt stürzte der US-Konzern sogar den Smartwatch-Vorreiter Pebble in eine tiefe Krise
.
Smartwatches zogen an klassischen Uhren vorbei
Bisher beeinflussten mit dem Internet verbundene Uhren die vor allem auf teure Zeitmesser setzende Schweizer Industrie wenig. Allerdings gelten Smartwatches als das am stärksten wachsende Uhren-Segment. Erstmals wurden im vierten Quartal 2015 mehr Uhren mit Zusatzfunktionen verkauft als klassische Zeitmesser ( wir berichteten
).
Zudem schwächeln die Schweizer Uhrenexporte: Im vergangenen Jahr gingen sie um 3,3 Prozent auf 21,5 Milliarden Franken (19,6 Milliarden Euro) zurück. Nach Schätzungen der Marktforschungsfirma Smartwatch Group soll der Markt für Computer-Uhren mit Internetverbindung und Zusatzfunktionen bis 2020 auf 117 Milliarden Dollar (103,7 Mrd. Euro) wachsen. 2014 waren es gerade einmal 1,3 Milliarden.
Auch Luxus-Geräte verkaufen sich gut
Der zum französischen Luxusgüterkonzern LVMH gehörende Uhrenhersteller TAG Heuer
will den Markt gemeinsam mit den US-Technologiefirmen Intel und Google erobern. "Wir haben die Nachfrage total unterschätzt", sagte Jean-Claude Biver, der bei LVMH den Bereich Uhren und Schmuck leitet, zu Reuters. Von der TAG Heuer Connected Watch
(Bild oben) seien die ersten 15.000 Exemplare zu einem Preis von knapp 1.400 Franken rasch ausverkauft gewesen. Im laufenden Jahr will Biver bis zu 50.000 Uhren verkaufen, die in der Schweiz montiert werden. Im nächsten Jahr soll eine Kollektion mit sechs bis acht Modellen auf den Markt kommen. Letztlich könnte bis zur Hälfte des Umsatzes von TAG Heuer auf Computer-Uhren entfallen. "Keiner weiß, was mit Smartwatches passiert."
Swatch-Konzern
Der weltgrößte Uhrenhersteller Swatch
setzt auf den Alleingang. "Die Swatch Group ist der einzige Schweizer Uhrenhersteller, der eine Smartwatch alleine herstellen kann", sagte Francois Thiebaud, Chef der zum Swatchkonzern gehörenden Marke Tissot in einem Interview mit Reuters. Die auf der Uhren- und Schmuckmesse Baselworld vorgestellte Tissot Smart Touch sei das erste Model, das sich mit einem Smartphone verbinden könne und habe im Vergleich zu einer Computeruhr den Vorteil eine viel längere Lebensdauer der Batterie. Sie funktioniere noch, wenn die Technologie von Smartwatches überholt sei, sagte Thiebaud. "Andere Smartwatchs sind Mini-Smartphones. Die Hauptfunktion unserer Uhren ist die Zeitangabe."
Im ersten Jahr sollen 20.000 bis 40.000 Smart-Touch-Uhren verkauft werden. Sie sollen im Spätherbst oder Winter auf den Markt kommen - für rund 1.000 Franken das Stück. Swatch hat bereits eine Uhr mit speziellen Funktionen auf den Markt gebracht und verkauft seit kurzem zudem kommunikationsfähige Swatch-Uhren mit Bezahlfunktion, die zu Preisen von etwas über 100 Franken zu haben sind.
Juwelier kooperiert mit Samsung
Der Schweizer Juwelier De Grisogono, der mit dem südkoreanischen Elektronikkonzern Samsung kooperiert, präsentierte auf der Messe in Basel eine mit Diamanten besetzte Samsung Gear S2
Smartwatch, die auch Frauen für das Segment begeistern soll. Bisher sind nach Futuresource-Angaben nur 34 Prozent der Besitzer von Computer-Uhren Frauen. "Das ist etwas ganz Neues in der Kategorie. Es ist eine richtige Luxusuhr", sagte Fawaz Gruosi, der Gründer von De Grisogono. Die Uhr, deren Anzahl limitiert sein soll, kostet 14.900 Franken.