Junge Frau sorgt mit skurriler Geschäftsidee für Furore.
Zuletzt gab es zwar erstmals große Erfolge gegen Hasspostings im Internet, dennoch gibt es nach wie vor tagtäglich neue Fälle von Cybermobbing und anderen Verunglimpfungen. In den USA ist das Ganze noch schlimmer als in Europa. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten sind laut einer aktuellen Analyse fast die Hälfte aller Internetnutzer schon einmal Opfer von Mobbing geworden. Eine Frau in New York geht das Thema jetzt mit einer skurrilen Geschäftsidee an: Sie backt Kuchen - beschriftet mit Beleidigungen aus dem Netz. Einer ihrer Empfänger: US-Präsident Trump.
Fiese Kommentare wie "Sorry, dass du so eine hasserfüllte Person bist, Beth" oder "Du Eselshexe" leuchten in bunten Buchstaben auf Schokoladenkuchen. Sie sind geschmückt mit Streuseln, Schmetterlingen und Blümchen. Was bizarr aussieht, ist die ausgefallene Geschäftsidee einer New Yorkerin: Kat Thek backt Kuchen in Brooklyn. Ihr Firmenname: "Troll Cakes Bäckerei und Detektivagentur" - eine süße Antwort für Opfer auf Trolls - also Online-Mobber.
Zorn soll in Freude umgewandelt werden
Wer im Internet gemobbt wurde, kann bei Thek ein Foto der Beleidigung und die Adresse des sogenannten Trolls einreichen. Thek backt dann einen Schokoladenkuchen mit Zuckerguss und dem verletzend gemeinten Zitat in essbaren Buchstaben. "Kuchen sind oft Teil von Feierlichkeiten wie Geburtstage und Hochzeiten. Sie mit fiesen Kommentaren zu dekorieren, wandelt Zorn in Freude um", erklärt die aus Kalifornien stammende 30-Jährige.
Ein Kuchen kostet 35 Dollar (rund 32 Euro) und landet nach etwas Adressen-Recherche vor der Tür des Fieslings - oft an dessen Arbeitsplatz. Seit dem Start von "Troll Cakes" Mitte April hat Thek fast 50 Kuchen verschickt. Für 60 Dollar (rund 55 Euro) geht sie sogar selbst auf Detektivjagd und recherchiert die Adresse des Trolls online. Thek arbeitet tagsüber als Werbetexterin und backt die Kuchen bisher nur nach Feierabend und an Wochenenden. Zu anderen ihrer ungewöhnlichen Projekte zählen Pillen aus Katzenhaaren, Blumensträuße aus Rasierklingen und Wahrsagerei mit Hilfe gebrauchter Wachsstreifen.
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Trump als Empfänger
Eine Lieferadresse für die Troll Cakes ist die vermutlich bekannteste in den USA: das Weiße Haus an der 1600 Pennsylvania Avenue in Washington. "Jeder, der das Internet nutzt, ist mittlerweile vertraut mit Mobbing. Vor allem dank Donald Trump , denn unser Präsident trollt Leute wie Rosie O'Donnell", sagt Thek. Trump hatte die Schauspielerin und Moderatorin mehrfach via Twitter angegriffen und beleidigt.
Online feuert der US-Präsident immer wieder ganze Tiraden ab. Demokraten, Kaufhausketten oder TV-Shows - kaum jemand ist vor seinem verbalen Rundumschlag sicher. Trotz zunehmender Kritik am Stil von Trumps Äußerungen meint eine Sprecherin des Weißen Hauses: "Die Tweets von Präsident Trump sprechen für sich selbst." Thek hat mit dem "Tiny Hands Special" reagiert, bei dem sie Tweets des US-Präsidenten in Zuckerguss verwandelt. Vier solcher Kuchen hat sie bisher an Trump geschickt, erhalten hat er laut Sprecherin bisher aber keinen davon.
First Lady Melania Trump versprach während des Wahlkampfes sogar, gegen Mobbing in sozialen Medien anzukämpfen. Doch seit ihrer Wahlkampfrede im November hat sie sich nicht mehr dazu geäußert. Dabei gehört Mobbing im Internet zum Alltag: Mit 47 Prozent sind fast die Hälfte aller Internetnutzer in den USA schon einmal persönlich belästigt oder beleidigt worden, wie das Forschungszentrum "Data & Society" mit Sitz in New York herausgefunden hat.
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Die Torten stoßen nicht nur auf Gegenliebe
Sameer Hinduja hat Bedenken, was die Aktionen bringen sollen: "Es ist mir unverständlich, warum jemand so etwas machen würde", sagt der Kriminologie-Professor der Florida Atlantic University und Co-Direktor des Cyberbullying Research Center. "Warum würde ein Opfer von Mobbing auch noch Geld dafür ausgeben? Kuchen ist köstlich, somit scheint man damit Mobbing regelrecht zu feiern."
Viele Angreifer würden heute glauben, sich hinter der Anonymität oder Pseudonymität verstecken zu können, erklärt Hinduja. "Aber man sieht auch viel Hass in sozialen Netzwerken wie Facebook, wo Angreifer ihre echten Namen und Identität verwenden. Es ist eine Schande, dass manche Menschen Freude daran haben, grausam zu anderen zu sein."
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