Portrait der angriffslustigen Managerin, die dem schwächelndem Internet-Konzern Yahoo! eine Zukunft geben soll.
Außerhalb der Technologie-Branche war die neue Yahoo!-Chefin Carol Bartz bisher kaum bekannt - nun rückt sie mit 60 Jahren ins Rampenlicht. Sie steht vor der Riesenaufgabe, dem schwächelnden Internet-Konzern eine Zukunft zu geben. An dieser Herausforderung scheiterte ihr Vorgänger und der Yahoo!-Mitgründer Jerry Yang.
Doch mit Druck kam Bartz schon immer bestens zurecht. 14 Jahre führte sie das Software-Unternehmen Autodesk und machte den Anbieter von Programmen zum Beispiel für das Design von Autos, Gebäuden und Hollywood-Spezialeffekten von einer relativ kleinen Firma mit vielen Konkurrenten zum Branchenprimus.
Die angriffslustige Managerin fiel dabei nach Aussagen früherer Kollegen durch Härte und schonungslose Offenheit auf - sowie gelegentlich durch eine für Firmenchefs eher unübliche gepfefferte Ausdrucksweise. Prompt kündigte sie gleich nach ihrer Ernennung an, Yahoo! werde künftig am Markt einigen "in den Hintern treten".
Privat bewies Bartz Stärke
Ihre Mutter starb als sie acht
Jahre alt war. Ihr Vater habe sie und ihren Bruder geschlagen, erzählte sie
einst in einem Interview. Vier Jahre hielt sie es bei ihm aus, dann holte
ihre Großmutter sie zu sich. Nur Tage nachdem Bartz 1992 mit 43 Jahren
Autodesk-Chefin wurde, entdeckten Ärzte bei ihr Brustkrebs. Sie nahm sich
nur vier Wochen frei, stand sieben Monate Chemotherapie durch und besiegte
die Krankheit.
In ihrem ersten Job arbeitete Bartz für 75 Cent pro Stunde als Kassierin in einer Bank. Als sie auf eine Eliteschule kam, musste sie in der Schulkantine aushelfen, um Geld zu verdienen. Ihr Studium finanzierte sie teilweise als Kellnerin und Cocktail-Mixerin in einem Club. Das sei eine unschätzbare Erfahrung für kommende Marketing-Aufgaben gewesen, scherzte sie in einem Interview: Sie musste sich Namen und Lieblingsdrinks der Kunden merken.
Auch später musste sich Bartz durchbeißen
Bei ihrem
ersten großen Arbeitgeber, dem Mischkonzern 3M, war sie die einzige Frau im
Management. Enttäuscht darüber, dass ihr höhere Führungspositionen verwehrt
blieben, verließ sie das Unternehmen Mitte der 70er Jahre. Über den
Server-Spezialisten Sun Microsystems landete sie schließlich auf dem Top-Job
bei Autodesk.
Während Bartz Karriere machte, gab ihr zweiter Ehemann Bill seinen Führungsjob in der Tech-Branche auf, um sich um die Verwaltung des Familienvermögens und die Erziehung der Tochter zu kümmern. Bei ihrem Rückzug von der Autodesk-Spitze hatte Bartz noch angekündigt, sich jetzt mehr um ihren Garten zu kümmern, Yoga zu machen und ihr Golf-Spiel zu verbessern. Das wird jetzt wohl wieder warten müssen.