Nach Anschlägen im Fokus
Wie gefährlich ist das Darknet wirklich?
29.07.2016
Behörden sehen große Bedrohung; andere Stimmen warnen vor Verteufelung.
Das sogenannte Darknet rückt aufgrund der jüngsten Terroranschläge verstärkt ins Visier der Behörden. Kein Wunder, schließlich spielt es nach Angaben des deutschen Bundeskriminalamts (BKA) als Plattform für Verbrecher eine immer größere Rolle, um sich etwa Falschgeld, Drogen oder Waffen zu besorgen. Daher zog das BKA fünf Marktplätze aus dem Verkehr, wie Behördenchef Holger Münch im Rahmen einer Pressekonferenz in Wiesbaden mitteilte. Das Darknet sei ein Schwerpunkt für seine Behörde im Kampf gegen Cybercrime.
Auf diesem schwer zugänglichen Gebiet des Internets haben übliche Suchmaschinen und Browser keinen Zugriff. Der Einstieg gelingt über einen legal erhältlichen "Tor "-Browser, der die Spuren seiner Nutzer verwischt. Kriminelle nutzen es als Handelsplattform etwa für Drogen, Waffen, Falschgeld und Kinderpornografie oder gehackte Daten. Das Darknet ist erneut in die politische Diskussion geraten, weil der Amokläufer von München sich nach Angaben der Ermittler seine Waffe in diesem Teil des Internets besorgt haben soll. Er tötete am Freitag neun Menschen und später sich selbst.
Im Darknet ist nicht alles schlecht
Allerdings warnte der Chaos Computer Club (CCC), die anonymen Bereiche des Internets zu verteufeln. "Das Bedrohungsszenario, das von deutschen Behörden gezeichnet wird, ist nicht sehr realistisch", sagte Linus Neumann vom CCC der Deutschen Presse-Agentur.
Tatsächlich habe der Amokläufer für den Kauf der Waffe über das "Darknet" laut Medienberichten Monate gebraucht, sagte Neumann. In der realen Welt wäre dies wahrscheinlich sehr viel schneller gegangen. Der Umfang des Drogen- und Waffenhandels im "Darknet" sei weitaus geringer als derjenige außerhalb des Internets.
Das "dunkle Netz" wächst
Das "Darknet" (Englisch: dunkles Netz) ist ein verborgener Teil im auf offenen Austausch angelegten World Wide Web und nach Einschätzung von Fachleuten stark gewachsen. Es ist eine Art virtueller Hinterraum für Eingeweihte, der anders gebaut ist als das offene Internet und nicht über herkömmliche Suchmaschinen zugänglich ist. Durch Weiterleitung über mehrere Knoten im Netz ist der Ursprung von Daten nicht mehr nachzuvollziehen.
Ursprünglich wurde es zum Schutz von Dissidenten entwickelt, die darauf angewiesen sind, anonym zu veröffentlichen und sich informieren zu können. Das gelte heute insbesondere für Menschen in der Türkei, Iran oder Syrien, sagte Neumann: "Hier ist eine Abwägung von Schaden und Nutzen wichtig."