Irische Datenschutzbehörde behandelt Klagen gegen den Social-Media-Riesen.
Die Gruppe "europe-v-facebook" von Wiener Studenten hat vor der irischen Datenschutzkommission sechs neue Beschwerden gegen Facebook eingebracht. Vor einigen Tagen sorgte die Gruppe mit 16 Anzeigen für eine Razzia im europäischen Facebook-Hauptquartier ( wir berichteten ). Das bestätigte eine Sprecherin der Kommission, Kira O'Sullivan, am Dienstag auf Anfrage der APA. Einer der Beschwerden richtet sich gegen die "Like"-Funktion der populären Webseite. Diese soll nach Ansicht der Studenten das Ausspionieren von Nutzerdaten ermöglichen.
"Like"-Button
Das soziale Netzwerk könne über den auf vielen Webseiten eingebundenen "Like"-Button (auf Deutsch "Gefällt mir") die Spuren der Nutzer im Internet nachzuverfolgen
(wir berichteten). Die dabei gesammelten Daten könnten auch Hinweise auf politische Engagement oder den Besuch von Pornoseiten enthalten, heißt es in der Beschwerdeschrift der Wiener. Was Facebook mit diesem Wissen mache, sei unklar. Wahrscheinlich gehe es für Facebook um die kommerzielle Nutzung - sprich: Der Verkauf an zahlungskräftige Kunden - der Daten, sagte der Sprecher der Gruppe, Max Schrems.
Privatspähre
Die Beschwerden von "europe-v-facebook" betreffen auch die Privatsphäre-Einstellungen bei Bildern, die Nutzer auf Facebook ins Netz stellen. Wenn man den Link zu einem Bild kenne, sei es für jedermann einsehbar, auch dann wenn man den Zugriff eingeschränkt habe, klagen die Wiener. Die Software von Facebook erlaube keine wirkliche Steuerung der Zugriffsrechte.
Gelöschte Bilder seien zudem weiter abrufbar und würden nur mit großer Verzögerung gelöscht. Es sei daher auch für technische Laien möglich, angeblich gelöschte Bilder im Nachhinein aus dem digitalen Müllkorb zu angeln, sagte Schrems. Weitere Beschwerden betreffen die Mitgliedschaft in Facebook-Gruppen, die Änderung der Datenschutz-Regeln durch Facebook, ohne die Nutzer zu informieren, sowie die Pflichten der Firma gegenüber seinen Kunden.
Europa-Zentrale in Dublin
Facebook hat seine Europa-Zentrale in Dublin und steht darum unter irischer Jurisdiktion. Die irische Datenschutzbehörde hat auf die Beschwerden aus Wien hin eine Untersuchung eingeleitet und von dem US-Konzern Antwort auf eine umfassende Anfrage erbeten. Diese wird für Ende September erwartet. Im Oktober soll in einer offiziellen Prüfung über die Vorwürfe entschieden werden, sagte O'Sullivan. Die Behörde könnte Facebook unter anderem zur Änderung seiner Datenpolitik anweisen. Weigert sich Facebook, geht der Fall vor die irischen Gerichte.
Ziel der Initiative ist es nach Angaben von Schrems, Facebook zur Einhaltung der europäischen Datenschutz-Normen zu bringen. Er selbst nutze Facebook sehr gerne, sagte der 23-Jährige, der an der Universität Wien Rechtswissenschaften studiert. "Es geht darum, soziale Medien ohne Sorge nutzen zu können." Bei der Kontrolle der Internet-Konzernen wünscht sich der Student eine stärkere Rolle des Staates. "Es ist doch lächerlich, dass ein 23-Jähriger hier aktiv werden muss."
Die Idee für die Beschwerden gegen Facebook kam Schrems bei einem Auslandssemester an der US-Universität Santa Clara im kalifornischen Silicon Valley, dem Sitz viele High-Tech-Firmen. An seiner Universität seien mehrmals Datenschutz-Beauftragten der großen Internet-Konzerne aufgetreten. "Die haben erklärt, europäisches Recht gut und schön, aber wir tun in Europa eh, was wir wollen." Er habe daraufhin eine Seminararbeit zu dem Thema verfasst, die als Basis für die erste Beschwerde diente.
Die Wiener Gruppe um Schrems brachten brachte erstmals im Juni eine Klageschrift in Irland ein. Bereits zuvor war in Deutschland das Datensammeln von Facebook von den Behörden eingeschränkt worden. Auch die zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding hatte im September im APA-Gespräch mehr Transparenz von sozialen Medien wie Facebook eingefordert.