Die verschiedenen nationalen Regeln sollen vereinheitlicht werden.
Die EU-Kommission will den Schutz von Musik, Texten oder Filmen im Internet gegen Piraterie verbessern. Der "technologische Wandel und insbesondere die wachsende Bedeutung der Internettätigkeiten" habe das Umfeld der Rechte des geistigen Eigentums in den vergangenen Jahren "einschneidend verändert", erklärte die Kommission am Dienstag in Brüssel. Die nebeneinander bestehenden europäischen und nationalen Vorschriften seien nicht mehr angemessen und müssten modernisiert werden. Während das Internet grenzenlos sei, bestehe in Europa noch immer ein Puzzle aus nationalen Onlinemärkten.
Urheberrechte versus Interessen der Nutzer
EU-Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier legte am Dienstag eine Reihe von Vorschlägen vor, um das Urheberrecht in der Europäischen Union zu stärken. Ziel sei es einerseits, den Schutz der Werke und die Bezahlung der Urheber zu sichern. "Andererseits benötigen Verbraucher und Nutzer Zugang zu kulturellen Inhalten, zum Beispiel Online-Musikangeboten, damit neue Geschäftsmodelle verwirklicht werden und kulturelle Vielfalt gedeihen können", sagte Barnier.
Enorme Schäden durch illegale Musik und Filme
Branchenangaben zufolge entstand der europäischen Musik-, Film-, TV- und Softwarewirtschaft durch Produktpiraterie allein im Jahr 2008 ein Schaden von zehn Milliarden Euro, und mehr als 185.000 Jobs seien vernichtet worden. Der Kommission zufolge sollen Urheberrechte künftig nun nicht mehr allein auf nationaler Ebene lizenziert und vergütet werden. In der zweiten Jahreshälfte will Barnier einen Rechtsrahmen "für die effiziente länderübergreifende gemeinsame Verwaltung von Urheberrechten, insbesondere im Musiksektor" vorlegen. Geplant sind zudem EU-weite Vorschriften für Vergütungsgesellschaften wie die deutsche Musikverwertungsgesellschaft GEMA.
Angleichung der Kopierkosten in der EU
Barnier verfolgt zudem das Ziel, die Kosten und Regeln für private Kopien von Büchern oder CDs in den 27 Mitgliedsländern anzugleichen, die derzeit etwa beim Kopieren oder dem Kauf eines Kopierers erhoben werden. Der Verletzung von Urheberrechten will der Franzose nach eigenen Worten "an der Quelle" begegnen. Beim widerrechtlichen Tausch von Filmen oder Musik im Internet sieht der Kommissar dabei besonders die Anbieter von Tauschbörsen in der Pflicht.
Freigabe "verwaister" Werke
Die Kommission schlägt zudem ein vereinfachtes Lizenzierungssystem für sogenannte "verwaiste Werke" vor, die zwar noch urheberrechtlich geschützt sind, deren Rechteinhaber aber unbekannt sind. Dadurch könnten diese Werke digitalisiert und im Internet abrufbar gemacht werden.
Auch Frankreich fordert globale Reglen fürs Internet - Seite 2 >>
Sarkozy will globale Regeln fürs Internet
(c) Reuters
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hat weltweite Minimalstandards für die geordnete Weiterentwicklung des Internets gefordert. "Lassen Sie nicht die Revolution, die es ausgelöst hat, das Grundrecht des einzelnen auf sein Privatleben einschränken", sagte Sarkozy zur Eröffnung eines hochrangig besetzten Internet-Forums am Dienstag in Paris. Eine Reglementierung auf nationaler Ebene sei sinnlos, fügte er hinzu. Die Verantwortung für das Internet müsse von den Akteuren und den Staaten gleichermaßen getragen werden.
Online-Experten zeigen sich skeptisch
Im den Online-Netzwerken wurden die Äußerungen von Sarkozy kritisch beäugt und häufig als Versuch gewertet, das freie und globale Netz einer strikten staatlichen Reglementierung zu unterwerfen: John-Perry Barlow, Gründer der US-Bürgerrechtsorganisation "Electronic Frontier Foundation" verwies im Kurznachrichtendienst Twitter auf eine Äußerung von Sarkozy, das Internet sei ein neues "Land zum Erobern" und entgegnete scharf: "Ich bin in Paris, um ihn dabei zu stoppen."
Auch Facebook-Chef Zuckerberg in Paris
An dem eG8 genannten Forum nehmen neben anderen Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und der ehemalige Google-Chef Eric Schmidt teil. Die etwa 1000 Teilnehmer sollen Vorschläge für das G-8-Treffen in Deauville am Donnerstag und Freitag entwickeln. Künftig soll es vor jedem G-8-Gipfel ein Treffen mit den Größen des Internets geben.
Internet als bedeutender Wachstumsfaktor
Einer Studie der Beratungsfirma McKinsey zufolge trug das Internet in den vergangenen Jahren zunehmend zum Wachstum der G-8-Staaten und mehrerer Schwellenländer bei. Demnach macht der Internetsektor 3,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 13 wichtigen Industriestaaten aus. Die Beratungsfirma untersuchte dafür die Wirtschaft der G-8-Mitglieder, Schwedens sowie der Schwellenländer Brasilien, China, Indien und Südkorea.
Sarkozy mahnt Schutz des geistigen Eigentums ein
Sarkozy sprach sich auf dem "eG8" erneut für den Schutz des geistigen Eigentums aus. "Das Recht der Autoren, für ihre Ideen gerecht entlohnt zu werden, gilt nach meiner Auffassung für jeden Staat", betonte Sarkozy. Der französische Präsident bezeichnete den Zugang zum Internet als Gradmesser für Demokratien. "Freies Internet, das ist zum Kriterium dafür geworden, ob es sich um eine Diktatur oder eine Demokratie handelt", sagte er. Auch die Arbeit eines Staatschef habe sich durch das Internet grundlegend geändert. "Alles, was man tut, ist unmittelbar bekannt. Jede Entscheidung kann unmittelbare, weltweite Auswirkungen haben", betonte er.
Ex-Google-Boss Schmidt wenig überzeugt von Reglementierung
Der ehemalige Google-Chef Eric Schmidt zeigte sich skeptisch angesichts der geforderten Reglementierung. Es ließe sich immer schneller eine technologische Lösung für Probleme im Internet finden als von staatlicher Seite aus Regeln durchsetzen, sagte er. "Man muss vor allem die Barrieren beseitigen, die Unternehmer behindern", forderte er. Aufgabe der Regierung sei es auch, schnellen Internetzugang für alle zu ermöglichen, sagte Schmidt, der bei Google nun die Position des Executive Chairman einnimmt und den Internetkonzern quasi als Außenminister vertritt.
Internet-Revolution in Indien
Der indische Geschäftsmann Sunil Bharti Mittal berichtete aus seiner Heimat, wie sehr Internet das Leben in ländlichen Gegenden verändert habe. "Die Menschen dort haben noch nie eine Bank zu Gesicht zu bekommen. Und jetzt brauchen sie es auch nicht mehr, wir bieten ihnen denselben Service über das Mobiltelefon", sagte er.