Aus Funktionen werden Plattformen; iMessage, Siri & Maps bekommen APIs.
Apple
vollzieht einen für seine Verhältnisse äußerst radikalen Schritt: Der iPhone-Gigant öffnet erstmals wirklich wichtige Dienste und exklusive Funktionen für eine Nutzung durch Partner - aber auch Wettbewerber. Im Rahmen der Keynote zum Auftakt der Entwicklerkonferenz WWDC 2016 ( wir berichteten live
) kündigte Apple-Chef Tim Cook (Bild) an, dass künftig der Kommunikationsdienst iMessage, die Sprachsteuerung Siri und die Karten-Anwendung Maps durch Programmierschnittstellen (API) von außen her umfassend angesprochen werden können. Bisher war dies Apps von Apple vorbehalten.
Damit können beispielsweise App-Entwickler via Siri ihre Anwendungen ansprechen lassen. Beim populären iMessage-Service öffnet Apple sich Drittanbietern für Zusatzdienste wie Stickers und Emoji. Diese Dienste sind insbesondere in Asien ein Millionengeschäft - ähnlich wie früher Klingeltöne für Handys in Europa. Bei der Karten-Anwendung Apple Maps können beispielsweise Reservierungsdienste wie Open Table und Apps der Fahrdienstvermittler wie Lyft oder Uber direkt integriert werden.
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Zum Auftakt wurde der Opfer des Anschlags auf den Nachtclub in Orlando gedacht. Der sichtlich gerührte Konzernchef Tim Cook rief die Anwesenden am Montag auf, mit einer Schweigeminute "die Opfer und all die, die sie liebten", zu ehren.
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Danach ging es mit den eigentlichen Themen weiter. Mittlerweile gibt es im App Store zwei Millionen Apps.
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Apple hat seinem Desktop-Betriebssystem nach 15 Jahren einen neuen Namen verpasset. Aus OS X wird macOS.
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iOS 10 trumpft mit vielen Neuerungen auf.
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Auch Apple Music erscheint im völlig neuem Look.
Ein weiteres Highlight stellen die Verbesserungen der iMessage-App dar. Apple reagiert auf den Emoji-Boom. Mit iMessage kann man künftig dreimal größere Smileys und Symbole verschicken.
iMessage-User können in Zukunft auch handgeschriebene Nachrichten verschicken. Das soll persönlicher wirken.
Apple öffnet auch iMessage für externe Entwickler. Diese können u.a. eigene Stickers für den Messenger-Dienst entwickeln. Zudem wäre es denkbar, dass man künftig auch Geld an einen Kontakt schicken kann.
iOS 10 wirkt nun optisch noch etwas klarer. Am größten scheinen die Neuerungen im Control-Center zu sein. Darüber hinaus wurde auch 3D Touch weiter aufgerüstet (Video-Wiedergabe) und für noch mehr Drittanbieter-Apps verfügbar gemacht.
Apple hat seinen Kartendienst für iOS 10 völlig neu gestaltet und mit neuen Funktionen ausgestattet.
Künftig müssen iPhone-Nutzer ihr Handy am Steuer gar nicht mehr verwenden. Apple integriert Siri in iOS 10 noch stärker in CarPlay.
Wie im Vorfeld erwartet, hat Apple auch seine Musik-App bzw. seinen Streaming-Dienst von Grund auf neu gestaltet. Nun steht wirklich die Musik im Vordergrund.
Das Betriebssystem der Apple-Computer wird mit der neuen...
...Version "Sierra" im Herbst von OS X in macOS umbenannt - so hieß es bereits früher einmal in den Anfangszeiten.
Wichtigste Neuerung ist die Siri-Integration. Künftig ist die intelligente Sprachassistentin also auch auf MacBooks und iMax verfügbar.
Das neue Mac-Betriebssystem unterstützt nun erstmals Copy and Paste mit iOS. Das funktioniert nicht nur mit Dateien, sondern auch mit Fotos und Videos!
"Die Zukunft des Fernsehens sind Apps" lautete die Ansage von Apple bei der Vorstellung der verbesserten TV-Software. Apple TV Nutzer können sich ab Sommer über viele neue Sender und Spiele freuen.
Nutzer müssen sich in Zukunft nur einmal anmelden und bekommen Zugang zu all ihren TV-Apps und -Kanälen. Die neue Funktion heißt "Single sign on".
Bei der Apple Watch dank der neuen Software-Generation watchOS 3.0 sollen die Apps schneller starten, bei Kurzmitteilungen werden direkt die Buttons für Antworten angezeigt...
...und es wurde eine Handschrift-Erkennung eingebaut. Außerdem greift Apple den Rivalen Fitbit an, der mit seinen Fitness-Bändern im Geschäft mit tragbarer Technik führt
Man kann jetzt Fitness-Daten mit anderen teilen und die neue App "Breathe" soll für Entspannung mit Atemübungen sorgen.
Die neue Notruf-Funktion kann unter Umständen sehr praktisch sein. Drückt man die Krone etwas länger, wird ein automatischer Notruf an den Rettungsdienst abgesendet.
Abschließend stellt Apple mit der iPad-App „Swift Playgrounds“ noch eine Anwendung vor, mit der jeder das Programmieren von Apps und Spielen lernen können soll.
Im noch jungen Geschäft mit dem vernetzten Haushalt geht Apple zum Angriff über. Der iPhone-Konzern stellte die App "Home" vor, über die sich verschiedene kompatible Technik von Lampen bis hin zum Garagentor steuern lässt.
Kulturwandel
Für Apple bedeutet dieser Schritt einen erheblichen Kulturwandel. Seit der Vorstellung des ersten Apple Macintosh im Jahr 1984 setzt das Unternehmen vor allem auf Systeme aus Hardware-Komponenten und Programmen, die im Zweifelsfall von Apple selbst kommen. Zwar hat Apple in der Vergangenheit auch offene Entwicklungen wie das World Wide Web frühzeitig erkannt und unterstützt. Um eine optimale Abstimmung zwischen Hardware und Software zu erreichen, konnten sich allerdings Entwickler von Drittprogrammen auf Apple-Systemen oft nur in eng abgesteckten Grenzen bewegen. Nun werden aus Funktionen, die in der Vergangenheit exklusiv für Apple-Apps zur Verfügung standen, umfassende Software-Plattformen, für die eine Heerschar von Entwicklern Programme schreiben kann.
So entwickelt sich Siri zu einer Plattform. Mit diesem Dienst hat Apple vor fünf Jahren den Trend der Sprachsteuerung gestartet, der dann schnell von Google und später auch von Amazon mit seinem interaktiven Lautsprecher Echo sowie Microsoft mit Cortana aufgegriffen wurde. Die Konkurrenz hat Apple in diesem Bereich inzwischen nicht nur eingeholt, sondern auch in Teilen überholt. So versteht der Amazon Echo oft gesprochene Fragen besser als Siri und kann auch mit unendlich vielen Systemen gekoppelt werden. Dafür ist Siri multilingual und kann in 22 Sprachen inklusive Deutsch, Arabisch und Finnisch sprechen, während der Amazon-Lautsprecher aktuell nur Englisch versteht.
>>>Nachlesen: Apples WWDC-News auf einen Blick
Verbessertes Siri als Reaktion auf Google, Microsoft und Amazon
Wichtigster Konkurrent bei der Spracherkennung ist Google: Da es weltweit viel mehr Smartphones mit dem Google-System Android als iPhones und iPads von Apple gibt, wird die Sprachsteuerung in Google Now inzwischen deutlich häufiger genutzt als Siri auf den iOS-Geräten. Doch da die Besitzer von iPhone und iPad viel eher bereit sind, mit dem Smartphone Geld auszugeben, ist für etliche Entwickler die iOS-Plattform mindestens so interessant wie Android.
Damit Siri im Wettbewerb mit dem Google-Assistenten, der im Sommer auch in einen Lautsprecher ( Google Home
) Einzug hält, Amazons Alexa-Software, die auch beim Erfolgslautsprecher Echo
zum Einsatz kommt, und Microsoft Cortana
bestehen kann, werden die Apple-Entwickler ihren Dienst künftig auch mit Funktionen "künstlicher Intelligenz" ausstatten, so wie es Wettbewerber in ähnlicher Form bereits praktizieren. So soll Siri künftig Anfragen besser verstehen und Rahmenbedingungen wie den Ort, an dem eine Frage gestellt wurde, bei den Antworten berücksichtigen. Wenn jemand nach den aktuellen Filmen im Kino fragt, kennt Siri beispielsweise nicht nur das aktuelle Programm, sondern weiß auch, im welchem Filmtheater die Streifen wann laufen. Und den passenden Trailer kann Siri auch gleich vorspielen.
Außerdem wird Siri nun auf allen fünf Hardware-Plattformen verfügbar sein, die Apple bedient: Smartphone, Tablet, Smartwatch, TV und künftig auch dem Macintosh-Computer.
Messenger-Dienst
Eine ähnliche Tragweite dürfte die Öffnung des Dienstes iMessage haben. Drittanbieter - darunter auch Apple-Konkurrenten wie Facebook
- können künftig kleine Gif-Filmchen, Sticker und Emojis für iMessage erstellen. Analyst Ben Bajarin vom Marktforschungsunternehmen Creative Strategies wies auf Twitter noch während der Auftaktveranstaltung zur WWDC darauf hin, dass alleine der asiatische Mitteilungsdienst Line im vergangenen Jahr Sticker im Wert von 268 Mio. Dollar (238 Mio. Euro) verkaufte und täglich fast 400 Millionen Sticker verschickt.
Besucher der Keynote, die eine Ankündigung neuer Apple-Hardware erwartet hatten, wurden enttäuscht. Dafür konnten Apple-Chef Cook und seine Mitstreiter mit einer Serie von Detailverbesserungen für die Betriebssysteme von iPhone, iPad, Apple Watch, Apple TV und Mac punkten. So sollen Anwendungen für die Apple Watch mit dem neuen System watchOS 3 künftig siebenmal schneller starten sollen als bisher. Außerdem wird die Smartwatch von Apple als Fitnesstracker noch einmal deutlich aufgewertet, so dass Spezial-Anbieter wie Fitbit es künftig wohl schwerer haben könnten, Kundschaft zu finden.
Apple braucht diesen radikalen Schritt
Ob Apple mit der Summe seiner überzeugend wirkenden Updates und Weiterentwicklungen wieder auf den Wachstumspfad zurückkehren kann, muss sich noch zeigen. Mit den neuen Diensten eröffnet sich für den Konzern aber auch die Chance, mit der Masse der bereits verkauften Geräte neue Umsatzströme zum Fließen zu bringen, wenn beispielsweise Besitzer eines iPhone künftig mit Apple Pay bezahlen. Außerdem will Apple mit seinen Vorstellungen zum Datenschutz punkten. So kann die neue Foto-App Gesichter von Personen lokal auf dem iPhone erkennen, ohne dass dafür Daten ins Netz übertragen werden müssen. Und noch ein Seitenhieb auf Google: Apple werde niemals Datenprofile seiner Kunden für Werbezwecke vermarkten.